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Sturmbringer

Sturmbringer

Titel: Sturmbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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mit zarten beringten Händen. Dann sprach er mit einem deutlichen Flüstern, dessen er sich, wie Elric noch deutlich wußte, stets bedient hatte.
    »Mein Sohn, bist du ebenfalls tot? Ich habe das Gefühl, erst einen Augenblick hier zu weilen, trotzdem sehe ich dich von den Jahren verändert und mit einer Last auf dir, die nur Zeit und Schicksal dort abgeladen haben können. Wie bist du gestorben? Im freien Kampf oder auf der fremden Klinge irgendeines Emporkömmlings? Oder hier in diesem Turm in deinem Elfenbeinbett? Und wie steht es heute in Imrryr? Geht es der Stadt gut oder schlecht, träumt sie in ihrem Abstieg von früherer Pracht? Die Ahnenreihe wird sich fortsetzen, das geht nicht anders - ich frage dich also nicht, ob dieser Teil des in dich gesetzten Vertrauens erfüllt worden ist. Ein Sohn, dir von Cymoril geboren, die du liebtest, wofür dein Cousin Yyrkoon dich haßte.«
    »Vater...«
    Der alte Mann hob die Hand, die vor Alter beinahe durchsichtig war. »Eine andere Frage muß ich dir stellen. Eine Frage, die alle bewegt hat, die ihre Unsterblichkeit in diesem Schatten von Stadt ausleben. Einige von uns haben bemerkt, daß die Stadt zuweilen verblaßt und ihre Farben schwächer werden und beben, als wollten sie gleich verschwinden. Gefährten von uns sind sogar über den Tod hinausgeschritten, vielleicht sogar in die Nicht-Existenz, ich wage es mir nicht vorzustellen. Selbst hier, in der zeitlosen Region des Todes, manifestieren sich völlig neue Veränderungen, und wer von denen, die sich hier diese Frage stellen, auch eine Antwort zu geben wagt, befürchtet, daß in der Welt der Lebenden ein durchgreifendes Ereignis eingetreten ist. Ein Ereignis, das so gewaltig ist, daß selbst wir hier davon betroffen sind und die Existenz unserer Seelen bedroht ist. Es geht die Sage, daß wir Gespenster die frühere Pracht der Träumenden Stadt bewohnen dürfen, bis sie selbst stirbt. Ist das die Nachricht, die du uns bringst? Beim genaueren Hinschauen fällt mir nämlich auf, daß dein eigentlicher Körper noch lebt und dies nur dein Astralleib ist, der für eine Zeitlang freigesetzt wurde, um durch das Reich der Toten zu wandern.«
    »Vater.« Doch schon verblaßte die Vision wieder, schon zuckte er durch die widerhallenden Korridore des Kosmos zurück, durch Existenzebenen, die normalen Menschen nicht zugänglich waren, immer weiter fort. fort.
    »Vater!« rief er, und seine Stimme bildete ein Echo, doch es gab niemanden mehr, der ihm hätte antworten können. Und auf eine Weise war er sogar froh darüber, denn was sollte er dem armen Geist sagen, wie sollte er ihm eröffnen, daß seine Mutmaßungen zutrafen, wie wollte er die Verbrechen gestehen, deren er sich gegen die Stadt seiner Vorfahren schuldig gemacht hatte, gegen das Blut seiner Vorväter? Alles war Nebel und ächzender Kummer, während die Echos ihm in den Ohren dröhnten und Selbständigkeit zu gewinnen schienen und die Worte zu unheimlichen Rufen verzerrten: »V-a-a-a-at-e-er-r-r... A-a-a-a-av-a-a-a...A-a-a-a-ah-a-a-a-a...R-a-a-a. D-a-ra-va-ar-a-a.!«
    Doch so sehr er sich bemühte, er vermochte sich nicht vom Schlaf zu befreien, sondern spürte, wie sein Geist durch andere Zonen dunstiger Unbestimmtheit gezogen wurde, durch Farbmuster, die sein irdisches Spektrum und das Fassungsvermögen seines Verstandes weit übertrafen.
    In dem Nebel begann sich ein riesiges Gesicht zu formen.
    »Sepiriz!« Elric erkannte das Gesicht seines Mentors. Doch der körperlose schwarze Nihrainer schien ihn nicht zu hören. »Sepiriz - bist du
    tot?«
    Das Gesicht verblaßte und erschien beinahe sofort wieder mit dem Rest des großgewachsenen Körpers.
    »Elric, endlich habe ich dich entdeckt, in deinen Astralleib gehüllt, wie ich sehe. Dem Schicksal sei Dank, denn ich dachte schon, es wäre mir nicht gelungen, dich zu rufen. Jetzt müssen wir uns beeilen. In die Wehrmauern des Chaos ist eine Bresche gerissen worden, und wir wollen uns mit den Lords der Ordnung besprechen!«
    »Wo sind wir?«
    »Noch nirgendwo. Wir reisen in die Höheren Welten. Komm, laß dich von mir führen!«
    Immer tiefer hinab ging die Wanderung, durch Abgründe extrem weicher Beschaffenheit wie Watte, die ihn einhüllte und tröstete, durch Schluchten, die von flammenden Lichtbergen gesäumt wurden, neben denen sie sich wie Zwerge vorkamen, durch Höhlen unendlicher Dunkelheit, in denen ihre Körper leuchteten und Elric genau wußte, daß das dunkle Nichts sich in alle Richtungen endlos weit

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