Sturmbringerin
Orenas Blick sprühte Funken.
Dieses Argument wirkte und Hector und der andere Soldat, der sich bisher nicht zu Wort gemeldet hatte, drehten sich missmutig um.
Ich versicherte mich, dass mich niemand mehr begaffte und zog mir, so schnell ich mit meinen schmerzenden Händen konnte, mein Hemd über den Kopf.
Hastig griff ich nach dem, das Orena mir hinhielt und streifte es über. Es war deutlich länger als meines und reichte mir bis zu den Knien.
Nun, wo ich sicher war, mich vor niemandem entblößen zu müssen, knöpfte ich meine Hose auf und schälte mich aus dem engen Leder.
»Jetzt kannst du sie wieder fesseln«, sagte Orena, kaum dass ich aus meiner Hose gestiegen war.
Ich wusste, dass Gegenwehr mir im Augenblick nur Probleme machte, daher ließ ich es über mich ergehen und hielt still.
Ich wollte nur noch schlafen und diese Männer auf Abstand wissen, damit ich endlich weinen konnte. Sobald ich an Van dachte, quoll mir das Herz vor Trauer über. Wieder und wieder stellte ich mir dieselben quälenden Fragen.
Ob die Turonter ihn wirklich getötet hatten? Oder ob sie Van hier ebenfalls irgendwo gefangen hielten und folterten?
Ich spürte, wie eine Träne meine Wange hinab rann und wandte mich ab.
Endlich war Hector mit seinen Knoten fertig und ließ meine Hände los. Ich wollte niemanden mehr sehen und legte mich eilig auf das Bett. Es war mühsam mit gefesselten Händen unter die Decke zu kommen. Wenigstens ließ mir das nun längere Seil einen größeren Spielraum und ich konnte meine Schultern etwas schonen.
Meine Wächter gingen und ließen mich allein. Leise wechselte Orena mit Mairis einige Worte, bevor sie das Zimmer verließ. Mairis blieb auf ihrem Posten und sorgte weiterhin dafür, dass ich hilflos war. Ich spürte es in meinem Inneren. Trotzdem konnte ich nicht aufgeben. Zwar war es nur ein schwacher Versuch, aber vielleicht war sie doch nicht so achtsam wie es schien.
Abermals brachte ich nichts zustande.
Erschöpft seufzte ich und gab mich meinem Kummer und meiner Angst hin.
Verzweifelt
Als ich das nächste Mal erwachte, war es zu meiner Erleichterung noch immer dunkel. Dieser Umstand würde mir hoffentlich noch ein wenig Ruhe zuteilwerden lassen.
Während der Nacht hatte Mairis mit einem Mann den Platz getauscht. Meine Gabe war auch weiterhin kaum zu spüren, geschweige denn für mich benutzbar. Daher war klar, dass der Mann dieselbe Gabe wie Mairis besaß und ihre Ablösung darstellte. Er war dabei gewesen, als Hias mich und meine Freunde gefangen genommen hatte. Er hatte sich immer im Hintergrund gehalten, sodass ich zuvor nicht wissen konnte, zu was er fähig war.
Ob sie noch viele dieser Begabten hatten? Nicht auszudenken, wie mächtig diese Form der Magie Turont machte.
Ich war mir nicht sicher, wie lange der Sonnenaufgang noch auf sich warten ließe. Um mich nicht noch mehr vor meinen Wärtern entblößen und blamieren zu müssen, hatte ich den Nachttopf vor seinem ersten Gebrauch auf die andere Seite des Bettes geschoben. So hatte ich wenigstens einen geringen Sichtschutz.
Gern wäre ich noch liegen geblieben, doch da ich nicht wissen konnte, wann meine Tortur weiterging, wollte ich mich zur Sicherheit noch einmal erleichtern.
Danach krabbelte ich wieder ins Bett. Mairis‘ Ablösung beobachtete jede meiner Bewegungen und ließ mich nicht einen Moment aus den Augen. Ich kannte seinen Namen nicht, aber ich war mir sicher, ihn aufschnappen zu können. Ich nahm mir vor, keinen von ihnen zu vergessen und sie für ihre Taten bluten zu lassen, sobald ich dazu in der Lage war.
Die Blicke des neuen Wächters waren mir unangenehm und ich drehte mich auf die andere Seite.
Ich wollte die Tränen zurückhalten, was mir abermals nicht gelang. Die ganze Nacht über war ich nur selten in einen unruhigen Schlaf gefallen. Die meiste Zeit hatte ich geweint und war dabei gewesen zu verzweifeln.
Die Angeln der Tür quietschten gedämpft und jemand betrat leisen Schrittes meine Zelle.
Ich drehte mich nicht um, hatte die Hoffnung einen Moment länger im Bett bleiben zu können, wenn man nicht wusste, dass ich wach war.
Die Schritte kamen näher und ich verkrampfte mich unweigerlich. Hoffentlich bemerkte es die Person nicht. Nun verstummten sie direkt neben dem Bett und ich ahnte Schlimmes.
Vorsichtig wurde etwas auf das Tischchen neben dem Bett gestellt und die Schritte entfernten sich wieder. Ich wartete noch einen Augenblick, bevor ich mich neugierig umdrehte.
Ein
Weitere Kostenlose Bücher