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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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erwachte, wurde ihm klar, was für ein Idiot er war. Der Lärm war weithin zu hören. Aber kein wütender Seehundmensch tauchte auf. Der Strand, der sich schnell entfernte, blieb leer. Robin fühlte, wie sein Herz stolperte, wie es ihm bis zu den Ohren schlug und ein paar Mal den Rhythmus verlor. Erst als die Insel in der Ferne verschwunden war, wagte er es, mit einem erlösten Keuchen auf den Rücken zu fallen und ein Stoßgebet loszuwerden.
    ~ Mari ~
    MacMuffins Seagull war für einen Kutter winzig. Dass der Fischer noch lebte, obwohl er mit diesem Ding bei Wind und Wetter hinausfuhr, konnte nur eines bedeuteten: Trotz seiner Pechsträhne lag die schützende Hand eines Meeresgottes über ihm.
    Dick eingepackt in eine grüne Steppjacke und eine braune Regenhose stand ich an der Reling, ließ mir den kalten Wind um die Nase pfeifen und versuchte mich in der schwierigen Aufgabe, an nichts zu denken. Die dunklen Wolken wurden zunehmend größer und bauschiger, die Wellen höher. Beim Start im Hafen hatte die Sonne von einem perlmuttfarbenen Himmel herabgeschienen und das Meer in quecksilberartigen Glanz gehüllt.
    Es war gespenstisch ruhig gewesen, als unser Boot gemeinsam mit einer Patrouille aus Papageientauchern und Fulmars in die spiegelglatte Weite hinausgeschwebt war. Jetzt begann ein steifer Wind das Meer aufzupeitschen und trieb riesige Wolkenberge vor sich her. Ich genoss die Gewalt der Elemente, die den Kutter hin und her warfen, als wollten sie herausfinden, ob wir ihrer Gnade würdig waren. Und die auffrischenden Böen hatten noch etwas Gutes: Sie wehten den Gestank nach Dieselöl und altem Fischblut vom Deck des Kutters, ehe er mir in die Nase stieg.
    Neben mir hockte mein Vater auf einem umgedrehten Eimer, eingekeilt zwischen einer Werkzeugkiste, einem kaputten Netz, zwei alten Rettungsreifen und übereinander gestapelten, gelben Plastikbehältern, die sich bald mit toten Fischen füllen würden. Sein Gesicht war farblos, seine Augen rot und verquollen. Der schwarze Rollkragenpullover und die dunkelblaue Hose ließen ihn umso hagerer und blasser aussehen. Gedankenverloren nahm er das Messer, das auf der Werkzeugkiste lag, drehte es zwischen den Fingern und ließ es angewidert wieder fallen, als er die Blutflecken auf der Klinge sah.
    „Alles klar?“, fragte ich ihn.
    „Hm“, brummte er nur.
    „Du willst nicht darüber reden?“
    Dad schüttelte den Kopf und nahm einen Zipfel des zerrissenen Netzes auf, das vor seinen Füßen lag. „Mach dir keine Gedanken.“ Er starrte angestrengt auf die Maschen, als sei darin irgendeine Erkenntnis versteckt. „Alles ist okay.“
    „Du siehst aus, als hättest du eine Woche lang nicht geschlafen.“
    „Das liegt wohl daran, dass ich seit mindestens einer Woche nicht geschlafen habe.“
    „Dad …“ Ich legte all meine Hilflosigkeit in dieses Wort. „Wenn du mir nichts sagst, geht es mir bald genauso.“
    „Mari, es ist alles in Ordnung. Jeder hat mal so Phasen.“
    „Deine Phase hört gar nicht mehr auf.“
    Er warf mir einen mürrischen Blick zu, stand auf und ging zum Heck des Bootes, wo er die Arme auf der Reling verschränkte und ins Wasser starrte. Die Botschaft war klar. Heute wollte er nicht darüber reden – und morgen höchstwahrscheinlich auch nicht. Er wollte nichts anderes als seine Ruhe.
    Also tat ich es meinem Vater gleich. Was hatte ich schon für eine Wahl. Der Kutter schipperte über eine Untiefe hinweg, gewellter Sand schimmerte unter den Wellen. Ich stellte mir vor, einfach in das Wasser zu springen, mich wie ein Selkie zu verwandeln und durch das ruhige Blau zu gleiten. Schwerelos, gedankenlos. Ich könnte alles hinter mir lassen. Alles vergessen, frei sein, leben.
    So vertieft war ich meine Träumereien, dass ich nicht einmal bemerkte, wie mein Vater sich neben mich stellte. Erst seine Stimme ließ mich hochschrecken.
    „Glaub mir. Ich wünsche mir gerade dasselbe. Aber solche Träume helfen uns nicht weiter.“
    Er kannte meine verschiedenen Gesichtsausdrücke. Mit nervtötender Treffgenauigkeit zog er genau die richtigen Schlüsse aus ihnen.
    „Sie sind sogar das Einzige, was uns hilft“, gab ich zurück.
    „Ach ja? Es ist also hilfreich, sich nach etwas zu sehnen, das unmöglich ist?“
    „Vielleicht ist die Sehnsucht alles, was uns vorantreibt.“
    Dad zuckte nur die Schultern. Worte lagen mir auf der Zunge, die ich nur mühsam herunterschluckte. Ich wollte ihm sagen, dass ich hier zu Hause war. Dass mir der Gedanke, die

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