Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
zu verfinstern, der Mund wurde schmal und die Schatten seines Gesichts tiefer. Aber Hel wusste, dass es nur ein Trugbild war. Er betrog sich selbst mehr als sie.
Klamm stand sie auf und ging auf ihn zu. Er wich einen Schritt zurück; hielt inne; dann ließ er die Schultern sinken, und als Hel ihn erreichte und behutsam die Arme auf seine Schultern legte, trat er näher und umarmte sie kraftlos.
Die Stille hüllte sie ein, ein letzter, gnädiger Augenblick des Vergessens und Verstummens, bevor alles passieren musste – alles, was auch immer es war.
»Du kannst es nicht aufhalten«, flüsterte Mercurin irgendwo in der Nähe ihres Kopfes, sein Atem streifte ihre Schläfe wolkenhaft. »Weder du noch ich. Alles kommt und vergeht und muss untergehen, wir auch. Es wird besser sein. Das Tiefe Licht … ist auch gütig. Es holt die Abtrünnigen heim, zu sich. Und lässt die Gläubigen am Leben.«
»Aber all die anderen Druiden sind tot!«, erwiderte Hel erstickt. »Wer zwingt dich, diesen Wahnsinn weiterzumachen?«
»Mein Gewissen«, sagte er kaum hörbar. »Das Tiefe Licht, spürst du es denn nicht auch? Gib es zu! Du weißt, dass das Land blutet. Die Menschen zerstören den Quell ihres eigenen Lebens! Sie sind das giftige Geschwür der Erde, ich werde es abschneiden, und wenn ich dabei sterben muss. Das ist meine Aufgabe, ich habe mich damit abgefunden. Nicht alles wird untergehen. Ich bin sicher, das Tiefe Licht lässt das Schöne und Gute am Leben …«
Hel schlug die Augen nieder und wusste nicht mehr, was sie entgegnen sollte. Sie wusste, dass er falsch lag, aber wie sollte sie ihm das verständlich machen? Er war so viel entschlossener als sie.
Mercurins Hände verkrampften sich auf ihrem Rücken; irgendetwas ging in ihm vor. Doch dann sah er sie an und lockerte seine Umarmung. Er wich kaum merklich vor ihr zurück. »Du weißt, wo das vierte Totenlicht ist, nicht wahr?«, murmelte er fahrig.
»Ich werde es dir nicht sagen.«
Schmerz zuckte durch sein Gesicht. Hel sah, wie sein Licht heller und dunkler wurde. »Du … musst es mir … nicht geben! Nimm es selbst. Na los!« Er atmete aus und drückte sie von sich weg. Er selbst stolperte zurück und griff sich an die Brust. Noch immer pochte sein Licht gefährlich. Zwei Totenlichter schlugen in ihm. Hel konnte nur ahnen, welche Kraft es kostete, ihnen nicht zu erliegen, seinen Verstand und sich selbst nicht an diese Macht zu verlieren.
»Hol es dir«, keuchte er. »Verdammt, Hel, nimm es oder ich …« Er presste die Lippen aufeinander, blinzelte. Für eine Sekunde blitzte unbändige Gier in seinen Augen auf, so wie vorhin, als er über Saraide gestanden hatte. Die Totenlichter wollten sich einen. Die zwei in ihm waren mächtige Magnete, die ihres anzogen. Hel begriff, dass er dem Drang, sie zu töten, heftiger widerstand denn je. Ein Totenlicht allein, durch Mord an sich gebracht, reichte schon aus, um jemanden zum Dämon zu machen. Mercurin war stark, aber das Tiefe Licht in ihm war viel stärker.
Krampfhaft streckte er die Hand nach Hel aus, als gehorche ihm sein Körper nicht mehr. Er machte einen Schritt, ging in die Knie, zog den Arm zur Seite. Ein Liriumblitz schoss haarscharf an Hel vorbei, traf den Hang hinter ihr und entzog ihm innerhalb eines Wimpernschlages alles Leben.
Hel rannte los, ohne nachzudenken. Ihre Füße wirbelten Schnee auf, sie bückte sich und packte das Isenschwert, ehe sie begriff, was sie tat. Ein Gefühl von Macht durchlief sie schlagartig.
Mercurin kam mit steifen Schritten auf sie zu, als koste es ihn unheimliche Kraft, nicht loszustürmen. »Im Schwert?«, flüsterte er rau. »Wie kann das … der Ise muss sich selbst damit …« Er verstummte, streckte die Hände aus.
Hel zitterte unkontrolliert. Sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wegrennen – sich mit dem Schwert zur Wehr setzen – was hatte das alles überhaupt noch für einen Sinn?
Sie riss sich zusammen. »Ich, ich werde es mitnehmen und … ich gehe jetzt. Schwöre mir, dass du mir nicht folgst –«
Er packte ihre Hände und den Schwertgriff. Ein Ächzen entfuhr ihr, aber sie ließ nicht los. Sie würde es ihm nicht geben, niemals.
Er zog das Schwert langsam, gegen ihren Widerstand, zu sich heran.
»Lass los.« Hels Befehl klang mehr wie ein Schluchzen.
Er öffnete den Mund, brachte aber kein Wort hervor. Seine Augen waren eisige Spiegel, hinter denen nur die Unerbittlichkeit des Tiefen Lichts schwelte. Kaum wahrnehmbar füllten sie sich mit
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