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Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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offen, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
    Als er sich zu Louisa hinunterbeugte, um ihr einen Kuß zu geben, hielt diese ihm die Wange hin. Als er fragte, wie sie sich fühle, klagte sie über Rückenschmerzen. Sie bestrafte ihn, dachte Samantha.
    »Ich habe schon gehört, daß du jetzt in der Apotheke sehr viel zu tun hast, Luther«, sagte Samantha.
    Während er sprach, wanderte sein Blick immer wieder zu seiner Frau. »Ja, es gibt viel Arbeit, und ich habe natürlich auch eine Menge Verantwortung übernommen. Aber es macht mir Spaß. Mr. DeWinter hat mir gesagt, daß er mir eines Tages die Apotheke ganz überlassen will. Er ist ziemlich altmodisch. Ich versuche, ein bißchen frischen Wind ins Geschäft zu bringen, aber er sträubt sich.«
    Louisa gähnte laut und ungeniert, ohne die Hand vor den Mund zu halten.
    Luther beugte sich vor. »Ich möchte die Apotheke modernisieren«, erklärte er ernsthaft. »Mit der Zeit gehen, verstehst du, Samantha. Aber Mr. DeWinter will nichts davon wissen.«
    Samantha warf einen verstohlenen Blick auf Louisa, von der eine spürbare Spannung ausging.
    Luther rieb sich etwas verlegen die Hände. »Louisa, wie sieht’s denn mit dem Abendessen aus?«
    »Du wolltest doch was mitbringen.«
    Er errötete. »Ach ja, natürlich. Das hab’ ich völlig vergessen. Vielleicht könnten wir Samantha einladen …«
    »Ich würde sehr gern bleiben, wenn es dir nicht zuviel wird, Louisa.«
    {220} »Aber nein …«
    »Wunderbar.« Luther stand auf und ging zur Kredenz, um jedem ein Gläschen Likör einzuschenken.
    Samantha sagte leise zu Louisa: »Vielleicht können wir später noch sprechen. Wäre dir das recht?«
    Louisa lächelte. »Ach ja, Samantha. Sehr.«
    Später, nach dem Essen und einer langen Plauderstunde brachte Luther Samantha zur Tür. So leise, daß Louisa, die im Wohnzimmer geblieben war, es nicht hören konnte, sagte er: »Es ist eine schwere Zeit für sie, Samantha. Ich mache mir Sorgen um sie. Sie hat solche Angst.«
    »Wovor denn?«
    »Vor der Geburt. Sie ist überzeugt, daß sie sterben wird. Sie wird völlig hysterisch, wenn sie nur daran denkt.«
    »Ach, Luther, das tut mir so leid. Wenn ich irgendwie helfen kann, dann laß mich holen, sobald es bei ihr so weit ist.«

3
    Es war ein schwüler Septembernachmittag, nicht der leiseste Windhauch bewegte die Luft, die faul und stinkend in den Korridoren und Sälen des Krankenhauses hing. Den acht Assistenzärzten, die versuchten, sich auf den Vortrag des Stationsarztes am Bett einer Patientin zu konzentrieren, stand der Schweiß auf der Stirn.
    »Die Diagnose in diesem Fall lautet also Asthma, meine Herren«, sagte der Stationsarzt. »Welche Behandlung würden Sie verschreiben, Dr. Weston?«
    Einer der Assistenzärzte antwortete: »Marihuana, dreimal täglich.«
    »Richtig. Als nächste haben wir eine Frau, die –« Von lauten Stimmen an einem der Nachbarbetten gestört, brach er ab.
    »Rühren Sie mich nicht an!« rief eine Frau, die, die Decke bis zum Kinn hochgezogen, aufrecht in ihrem Bett saß und mit entsetztem Blick den Arzt anstarrte, der sich über sie beugte.
    »Also wirklich, Madam«, entgegnete der Arzt mit mühsam beherrschter Ungeduld. »Wie soll ich Ihnen denn helfen, wenn Sie sich nicht untersuchen lassen?«
    »Sie fassen mich nicht an!«
    Dr. Miles richtete sich zornig auf und verdrehte die Augen zur Decke.
    Dann trat er einen Schritt näher ans Bett. Die Frau schrie gellend.
    »Verdammt noch mal, Sie albernes Geschöpf!« donnerte er. »Entweder {221} tun Sie, was ich sage, oder ich sorge dafür, daß Sie auf der Stelle aus dieser Anstalt entlassen werden.«
    Die Frau brach in Tränen aus und vergrub ihr Gesicht in der Bettdecke.
    Die jungen Ärzte lachten verstohlen. Samantha löste sich aus der Gruppe und eilte zu der weinenden Frau. Sie setzte sich auf den Bettrand und legte ihr einen Arm um die zuckenden Schultern. »So, so …«
    »Er soll mich nicht anrühren«, sagte die Frau schluchzend. »ich würde sterben vor Scham.«
    Samantha sah Dr. Miles fragend an. »Was fehlt ihr denn?«
    »Woher soll ich das wissen? Das dumme Geschöpf läßt sich ja nicht untersuchen.«
    »Niemals!« Die Frau hob ruckartig den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Sie glauben, nur weil ich fürs Krankenhaus nicht bezahle, können Sie alles mit mir machen. Aber da täuschen Sie sich. Sie rühren mich nicht an.«
    Samantha tätschelte der Frau die Schultern und redete beruhigend auf sie ein. Solche Szenen kamen in der Frauenabteilung

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