Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
Vom Netzwerk:
gezuckerte Pillen zu verteilen und sich die Klagen der reichen Damen über ihre eingebildeten Krankheiten anzuhören, wofür er dann fürstliche Honorare einstrich.
    »Ich muß Ihrer Diagnose leider widersprechen, Doktor«, sagte Samantha. »Bei einer Blinddarmentzündung würden keine Blutungen auftreten.«
    »Das Mädchen hat offensichtlich seine Menses.«
    »Aber die Masse ist deutlich fühlbar, Sir, und die Schmerzen sind auf der
linken
Seite.«
    »Das ist noch lange kein Hinweis auf eine Schwangerschaft, Madam.«
    »Das ist wahr. Aber es spricht weit mehr für eine Schwangerschaft, und so lautet meine Diagnose.«
    »Selbst wenn sie stimmt, Madam, wäre eine Operation sinnlos.«
    »Nicht sinnloser als Aderlaß, Sir.«
    In den alten Augen blitzte Furcht auf. Dr. Grimes wußte, daß seine Weisheit und seine Methoden hoffnungslos veraltet waren.
    Samantha wandte sich wieder an Janelle. »Miss PacPherson«, sagte sie ruhig, »ich weiß, wie schwer das für Sie sein muß, aber Tatsache ist, daß {267} Letitia in Lebensgefahr schwebt. Wenn wir nicht sofort versuchen zu operieren, wird Sie die Nacht nicht überleben.«
    »Dr. Hargrave«, versetzte Janelle erregt, »es ist völlig ausgeschlossen, daß meine Schwester schwanger ist. Was Sie unterstellen, ist eine bodenlose Unverschämtheit. Den guten Ruf eines unschuldigen Mädchens zu besudeln, nur um die eigene Karriere zu fördern …« Janelle, die laut geworden war, hielt inne, um sich zu beruhigen. »Ich lasse nicht zu, daß Sie sich meiner Schwester bedienen. Wenn Sie für die Zeitungen die große Heldin spielen wollen, dann suchen Sie sich ein anderes Opfer.«
    Samantha blickte zu der traurigen kleinen Frau hinüber, die etwas entfernt von ihnen saß. Mrs. MacPherson hatte nicht wie Clair Rawlins die Kraft aufgebracht, sich gegen ihren Mann durchzusetzen und um ihre eigene Identität zu kämpfen. Sie sah vorzeitig alt und verbraucht aus. Für ihren Mann war sie vermutlich nie etwas anderes gewesen als eine Frau, die ihm seine Kinder gebar. Doch in den unglücklichen Augen blitzte jetzt, als sie Samanthas Blick begegneten, ein Funke früherer Stärke auf. Mrs. MacPherson wußte die Wahrheit, ahnte, welch gefährliches Spiel ihre Tochter getrieben hatte, und schaffte es beinahe, Samantha dies zu sagen. Aber nur beinahe. Dann fehlte es ihr doch an innerer Stärke, am Mut zur eigenen Meinung, schon gar im Angesicht ihrer dominanten Tochter. Mrs. MacPherson senkte die Lider und schwieg.
    »Unterstehen Sie sich ja nicht, meine Schwester anzurühren, Dr. Hargrave!«
     
    Als Samantha wieder in die Unfallstation kam, stand Dr. Weston bei Letitia und zählte ihren Puls.
    »Ist Landon schon hier?« fragte sie.
    Dr. Weston schüttelte den Kopf. Dann steckte er seine Uhr ein und sah auf. »Sie ist im Schock, Dr. Hargrave. Was hat die Familie gesagt?«
    »Man hat mir die Operationserlaubnis verweigert.«
    »Hm. Da ist sowieso nichts zu operieren.«
    Samantha warf ihm einen harten Blick zu. »Da bin ich anderer Meinung, Doktor.«
    »Aber Dr. Hargrave! So was ist noch nie gemacht worden. In so einem Fall zu operieren, bedeutet den Tod des Patienten.«
    Samantha wollte gerade erwidern, als Letitia zu stöhnen begann. Mit flatternden Lidern wälzte sie den Kopf hin und her. Schließlich öffnete sie die Augen, schien aber nicht zu wissen, wo sie sich befand.
    Samantha beugte sich über sie. »Hallo, Letitia.« Sie drückte ihre Hand.
    {268} »Dr. Hargrave! Wo – wo bin ich?« Letitia leckte sich die spröden Lippen und drehte den Kopf zur Seite, um Dr. Weston anzusehen. »Ich muß sterben«, sagte sie.
    »Nein!« entgegnete er erstickt.
    »Letitia«, sagte Samantha. »Wissen Sie, was Ihnen fehlt?«
    »Nein …« Ihre Augen wanderten unstet umher.
    »Sie müssen operiert werden, Letitia. Und ich möchte die Operation vornehmen. Ich glaube, daß ich Ihnen helfen kann.« Samantha neigte sich noch näher. »Aber Janelle erlaubt es mir nicht. Letitia!«
    »Retten Sie mich«, hauchte Letitia. »O Gott … retten Sie mich …«
    »Hören Sie, Letitia. Sie haben eine Chance, wenn ich Sie operiere. Können Sie mich verstehen? Letitia?«
    »Ja«, flüsterte Letitia. »Tun Sie – was nötig ist, Dr. Hargrave. Operieren Sie. Bitte – retten Sie mich …«
    Samantha richtete sich auf und sah Dr. Weston an. Der nickte nur stumm.
     
    Im Operationssaal gab Samantha Mrs. Knight gerade Anweisung, für große Mengen Eis zu sorgen, als Landon Fremont endlich kam.
    »Was hat das zu

Weitere Kostenlose Bücher