Sturmkönige 01 - Dschinnland
Wirbelstürmen reiten.«
Der Byzantiner nickte langsam. »Die Sturmkönige.« Von einem Augenblick zum nächsten schien er tief in Gedanken versunken.
Der Hauptmann atmete tief durch und schüttelte kaum merklich den Kopf. Seine Lippen bewegten sich, als spräche er. Doch kein Ton drang hervor.
»Wir konnten fliehen«, sagte Sabatea. »Der Ifrit hat uns beobachtet. Wir sind auf demselben Weg entkommen wie er, und seitdem ist er uns gefolgt.«
So also fühlte es sich an, wenn sie die Wahrheit sagte. Wenn sie einem keine Lügen auftischte und nichts verheimlichte.
»Wer ist noch bei dem Ifrit?«, fragte der Hauptmann. »Almarik sagt, da ist noch etwas anderes.«
Sabatea zögerte. »Ein Elfenbeinpferd.«
Tarik starrte sie an.
»Ein Ifrit und ein Elfenbeinross?« Der Gardist lachte. »Das hast du geträumt, Mädchen.«
Der Mann aus Byzanz lenkte seinen Teppich von ihnen fort und richtete ihn erneut nach Osten aus. Er saß jetzt ganz starr im Schneidersitz an der Vorderkante, unweit des Abgrunds. Seine Hände lagen auf seinen Knien. Die feinen Kettenglieder klingelten wie Glöckchen.
»Es ist möglich«, sagte er gedankenverloren.
»Das Pferd war bei ihm.« Sabatea schien jetzt nur noch zu Tarik zu sprechen. »Nicht im Tunnel, glaube ich, aber später in der Nacht. Es lag auf einem Felsen und hat mich beobachtet.«
Der Byzantiner sah kurz über die Schulter zum Hauptmann. »Ich werde sie suchen«, sagte er, wartete nicht auf eine Erlaubnis und setzte seinen Teppich in Bewegung.
»Nein!«, stieß Sabatea aus.
»Keine Sorge, Vorkosterin«, rief der Fremde. »Das Wunder, von dem du berichtest, ist eines, das ich mit eigenen Augen sehen will.«
Vorkosterin.
Tarik schloss für einen Moment die Augen.
Er suchte in sich nach Überraschung und fand keine. Er hatte die Vorkosterin gesehen, beim Aufbruch ihrer Karawane aus Samarkand. Das Mädchen in dem Wagen war nicht Sabatea gewesen – natürlich nicht. Es hatte nicht einmal Ähnlichkeit mit ihr gehabt. Und trotzdem begriff er in diesem Augenblick, sah die Teile des Ganzen ineinandergreifen.
Der Hauptmann blickte von ihr zurück zum Byzantiner. »Lass dir nicht zu viel Zeit, Almarik!«, rief er ihm nach. »Wenn die Stadt erst abgeriegelt ist, kommt niemand mehr hinein. Auch du nicht!« Es klang ein wenig hilflos, als wüssten sie beide es besser.
Der geheimnisvolle Krieger jagte davon und wurde rasend schnell zu einem dunklen Punkt vor dem braungelben Panorama des Gebirges.
»Du bist also die Vorkosterin des Emirs?«, wandte sich der Hauptmann an Sabatea.
Tarik sagte nichts. Sah sie nur an.
Sie atmete tief durch, die Züge noch immer gezeichnet von der Sorge um den Ifrit. Dann aber hob sie das Kinn eine Spur nach oben, straffte den Oberkörper und nickte. »Ich bin Sabatea, die Vorkosterin des Emirs Kahraman ibn Ahmad, Herrscher über Samarkand und Groß-Khorasan westlich des Amu Darja. Ich bin die, deren Kommen euch angekündigt wurde.«
Unsicherheit flackerte in den Blicken der Soldaten. »Die Frau, in deren Adern Schlangengift fließt«, flüsterte ein Bogenschütze. Ehrfurcht ließ seine Stimme schwanken. Oder Angst?
Auf eine Geste des Hauptmanns hin wurden die Pfeile gesenkt. Er selbst versteifte sich. »Die Falken des Emirs haben die Nachricht von deiner Ankunft nach Bagdad getragen«, erklärte er so förmlich, als handelte es sich um eine einstudierte Begrüßung. »Wir wurden angewiesen, nach dir Ausschau zu halten. Aber wir haben eine Eskorte erwartet. Eine Armee, vielleicht.«
Keinen abgerissenen Narren, dachte Tarik. Er schaute dem Byzantiner nach. »Wie konnte er das wissen?«
»Almarik erkennt vieles, das anderen verborgen bleibt«, sagte der Hauptmann kühl. Der Blick, mit dem er Tarik bedachte, war durch Sabateas Eröffnung keine Spur respektvoller geworden. »Tarik al-Jamal… Jetzt erinnere ich mich an deinen Namen.«
Tarik achtete nicht mehr auf ihn, sondern sah Sabatea an. Ihr Blick war nach Osten gerichtet.
»Was wird Almarik tun, wenn er die beiden findet?«, fragte sie besorgt. Niemand gab ihr eine Antwort. Sie musste Tariks Blicke spüren, denn sie wandte sich wieder an ihn. »Du wolltest ja unbedingt die Wahrheit erfahren.«
Er war unentschlossen, was er denken und wie er sich verhalten sollte. Die legendäre Vorkosterin des Emirs. Der wertvollste Schatz, den Samarkands Mauern je beherbergt hatten.
Aber es änderte nichts. Das erkannte er jetzt. Es änderte nicht das Geringste.
Ihre Hand tastete nach seiner. Zögernd
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