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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Hängenden Städten gewesen waren und den Dschinnfürsten Amaryllis getötet hatten. Aber er besann sich eines Besseren. Die Neststädte der Roch galten hier wie anderswo als Mythos, und der Sieg über einen Dschinnfürsten gehörte erst recht ins Reich der Legenden. Es gab Geschichten über Kriegshelden, denen dergleichen gelungen sein sollte, aber kaum jemand glaubte daran. Dass ein abgerissener Einäugiger etwas Derartiges von sich behauptete, hätte Tarik womöglich einen raschen Tod oder einen Platz im Kerker eingebracht. Er hoffte nur, dass Sabatea nicht -
    »Wir sind einem Dschinnfürsten begegnet«, sagte sie im selben Moment. »Wir haben ihn umgebracht.« Als er ihr einen verzweifelten Seitenblick zuwarf, sah er ein Funkeln in ihren weißgrauen Augen. Er hätte es wissen müssen. Sie machte das absichtlich. Nicht aufgrund einer Fehleinschätzung ihrer Lage, erst recht nicht aus Naivität. Vielmehr hatte sie einen Weg gefunden, diese Männer dazu zu bewegen, sie nach Bagdad zu bringen, ohne ihnen die Wahrheit über sich verraten zu müssen. Genauso wenig wie ihm selbst.
    Schweigen. Dann ein erstes amüsiertes Murmeln, schließlich unverhohlener Spott.
    »Gut gemacht«, raunte er ihr zu. »Wirklich ganz hervorragend.«
    Sie verzog keine Miene. Aber ihre Augen sagten: Du hast es so gewollt.
    Der Hauptmann brachte seine Untergebenen mit einem ungeduldigen Wink zur Ruhe. Nur der Byzantiner hatte keine Miene verzogen. Der Kettenschleier vor seinem Gesicht klirrte leise, als er sein Gewicht verlagerte und den Blick von den beiden abwandte.
    »Im besten Fall«, sagte der Hauptmann zu Tarik, ohne Sabatea Beachtung zu schenken, »seid ihr zerlumpte Flüchtlinge. Davon haben wir mehr als genug in Bagdad, und wir brauchen keine weiteren.« Also hatten sich die Verhältnisse in der Stadt geändert, bemerkte Tarik alarmiert. »Nun seid ihr offenkundig aber auch Lügner, und darum könntet ihr alles Mögliche sein. Verräter. Wegelagerer. Zwei Verrückte, vielleicht. Schmuggler, würde ich annehmen, aber ihr habt keine Ware dabei – es sei denn, ihr hättet euch dumm genug angestellt, sie zu verlieren.«
    Tarik seufzte leise.
    »Der Dschinnfürst Amaryllis ist tot«, rief Sabatea über den Abgrund hinweg. »Tarik hat ihn getötet. Sein Auge wurde – «
    Die Lanzenspitze des Hauptmanns zuckte vor und lag von einem Herzschlag zum nächsten an Sabateas Kehle. »Schweig, Weib!« Mit einer Handbewegung riss er sich eine seidene Schärpe von der Hüfte und warf sie zu ihr hinüber. »Und verhülle dein Gesicht, wie es Sitte ist in diesem Land!«
    Tarik war nicht mehr sicher, wem er lieber den Hals umdrehen wollte – Sabatea oder dem Soldaten. Er zweifelte nicht, dass sie den Ernst ihrer Lage einschätzen konnte und dass sie zudem sehr genau wusste, was sie tat. Wollte sie ihn damit bestrafen? Ihm eins auswischen? Vielleicht hätte er das verdient für seine Dummheit anzunehmen, dass er sie durch das Auftauchen der Falkengarde aus der Reserve locken konnte. Er bereute bereits, dass er es darauf hatte ankommen lassen. Womöglich war es ja genau das, was sie wollte.
    Sie legte sich das Seidentuch mit einer eleganten Bewegung um den Hals und zog es bis unter die Augen. Dann schüttelte sie ihr schwarzes Haar darüber. Die Männer beobachteten sie, beeindruckt von ihrer Grazie und Schönheit.
    Nur einer blieb unbeeindruckt.
    »Sie werden verfolgt«, sagte der Byzantiner.
    Tarik fuhr herum. Sie schwebten gut fünfzig Schritt über dem Boden, oberhalb eines Passes, der zwischen den westlichen Bergen hinab in die Ebene von Euphrat und Tigris führte. Hinter ihnen lag das Zagrosgebirge unter einem Schleier aus Staub, den der Wind von den kahlen Hängen peitschte. Ein Irrgarten aus sandfarbenen Felszähnen und scharfen Kämmen. Die beiden Tage in dieser schroffen, lebensfeindlichen Öde erschienen ihm bereits jetzt wie endlose Wochen.
    »Dschinne?«, fragte der Hauptmann und blickte nach Osten. Der Himmel war dort so leer wie die ausgetrockneten Berghänge.
    »Jedenfalls kein ganzer Trupp«, sagte der Byzantiner und sah weiterhin aus dem Schatten seines Kettenschleiers in die Weite des Gebirges. »Und falls es Dschinne sind, dann sind sie ungewöhnlich vorsichtig.«
    »Ihr seid also nicht allein?«, wandte sich der Hauptmann drohend an Tarik.
    Der erwiderte kalt seinen Blick. »Natürlich sind wir allein.«
    »Nein«, sagte Sabatea. »Sind wir nicht.«
    Tarik wirbelte so heftig herum, dass seine Hand aus dem Muster glitt. Sein Tonfall

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