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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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fehlte, machte er durch Erfahrung wett.
    Junis schaute über die Schulter zurück zu ihr. Im letzten Moment schob sie sich ein Stück nach rechts, damit er ihre Hand im Muster nicht sehen konnte.
    »Die Lampe«, flüsterte er.
    Widerwillig zog sie die Finger aus dem Teppich, glitt auf die Füße und hob dabei die Öllampe auf. Mit zwei Schritten war sie bei ihm und überlegte kurz, ob sie ihm das Ding einfach in die Hand drücken und auf den Teppich zurückkehren sollte. Dann aber fluchte sie unterdrückt und blieb bei ihm.
    »Ich leuchte – du kämpfst«, presste sie hervor und bemühte sich um ein aufmunterndes Lächeln. Falls sie angegriffen wurden, würde er das Schwert beidhändig führen müssen. Die Lampe war ihm dann nur im Weg.
    Er schenkte ihr ein Grinsen, das so unstet war wie das flackernde Licht auf den hohen Felswänden. Vielleicht nur eine Täuschung der huschenden Schatten.
    Gemeinsam traten sie in den Felsspalt. Der Lampenschein reichte nur ein paar Schritt weit. Der enge Weg zwischen den Gesteinsbrocken machte vor ihnen eine Biegung, ehe er hinaus ins Dünenmeer der Karakum führte. Wie die verstreuten Felsen hierher gelangt waren, blieb ein Rätsel. Aus der Luft hatte es ausgesehen, als hätte jemand anderswo einen Berggipfel abgetragen und aus großer Höhe in die Wüste hinabgestürzt, wo er in hunderte Stücke zerbrochen war. Solche Macht aber besaßen nicht einmal die Dschinne. Oder doch? Plötzlich fragte sie sich, was unter dem Gestein begraben lag. Eine Armee womöglich.
    »Wir sollten verschwinden«, sagte sie.
    »Noch nicht.«
    »Du musst mir nicht beweisen, wie mutig du bist.«
    »Ich weiß.«
    Sie traten um die Biegung. Jeder Muskel in Sabateas Körper war angespannt. Falls dort draußen ein Mensch herumschlich – und die Laute hatten zweifellos wie Schritte geklungen –, dann war sie nicht sicher, ob sie ihm wirklich begegnen wollte. Die Aussicht, in dieser Einöde ausgerechnet auf einen der verstreuten Widerstandskämpfer zu treffen, war denkbar gering. Und es mochte hier Wesen geben, die sich wie Menschen auf zwei Beinen fortbewegten und trotzdem nichts mit ihnen gemein hatten.
    Der Weg wurde breiter und weitete sich nach zehn Schritten zu einer Fläche, auf der die kantigen Felshöcker weiträumiger verteilt lagen. Ein frischer Nachtwind wirbelte Staub auf und trieb ihn als gleichförmigen Teppich über den Sand, so als wehe er geradewegs durch die Felsen. Das ließ sie eigenartig substanzlos erscheinen, wie eine Fata Morgana.
    Sabatea hielt die Lampe mit rechts, streckte die Linke aus und berührte damit das Gestein. Die Oberfläche war solide und noch immer warm von der Sonnenhitze des Tages.
    »Spuren«, flüsterte Junis.
    Sie blickte erst ihn an, dann hinunter zum Boden. Da waren tatsächlich Abdrücke zwischen ihnen, so frisch wie ihre eigenen. Sie hatten bereits mehrere Schritte darüber hinweg gemacht. Die fremden Stapfen im Sand führten tief in den Gang zwischen den Felsen hinein, in die Richtung ihres Lagerplatzes. Auf halber Strecke war der Unbekannte umgekehrt, zurück hinter einen der nahen Gesteinsbrocken, fast so hoch und massig wie eines von Samarkands Stadttoren.
    »Das reicht«, sagte sie entschieden. »Wir hauen ab.«
    Junis’ Augen verengten sich. Mit einem Kopfnicken deutete er auf den Fels. »Wer immer es ist, er muss noch dahinter sein.«
    »Mir ist egal, wer oder was es ist.« Sie fuhr herum und eilte zurück durch den Einschnitt. Falls Junis ihr nicht folgte, würde sie ohne ihn aufbrechen.
    Aber er stapfte bereits durch den weichen Sand hinter ihr her. Immer wieder schaute er über die Schulter zurück, bis die Biegung den Blick auf den Felsbrocken versperrte, hinter dem der Unbekannte Deckung gesucht hatte.
    »Bist du nicht neugierig?«, fragte er.
    Sie blieb stehen und wirbelte herum, nicht mehr weit von dem Spalt zu ihrem Lagerplatz entfernt. »Neugierig? Du hast tatsächlich noch immer nicht begriffen, dass das hier kein Spiel ist. Tarik hatte Recht. Vielleicht bist du wirklich noch nicht bereit für eine solche Reise.«
    Eine zornige Furche erschien zwischen seinen Augenbrauen. »Wer immer dort draußen ist, er hat uns gesehen!
    Wahrscheinlich sogar belauscht. Möglicherweise weiß er, wohin wir unterwegs sind. Wenn er den Dschinnen in die Hände fällt, könnte er ihnen – «
    »Besser er als wir!«, unterbrach sie ihn scharf. »Und wenn wir schnell genug sind, spielt es keine Rolle, ob und was er ihnen erzählen kann.«
    Junis holte tief Luft,

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