Sturmkönige 01 - Dschinnland
hast ihn entzweigeschlagen.«
»Hm-hm.«
»War es denn nicht das, was du wolltest?« Tariks Stimme bekam einen beißenden Unterton. »Dschinne töten, so wie Vater?«
Sabatea warf mit einem Stöhnen die Hände in die Luft. »Ihr seid wirklich ganze Kerle! Herzlichen Glückwunsch. Können wir jetzt verschwinden? Sofort?«
»Sie hatten Sklaven dabei«, rief Tarik zu den beiden hinüber, während sie nebeneinander über die Wüste fegten. »In Netzen.«
Junis lenkte den Teppich nun wieder eigenhändig und blickte stoisch geradeaus. Sabatea saß hinter ihm. Die Nacht war endgültig vorüber, ein tiefblauer Himmel wölbte sich über der Wüste. »Ich dachte, Dschinne nehmen keine Gefangenen«, sagte sie.
»Das habe ich auch geglaubt. Aber ich bin sicher, dass die Menschen in diesen Netzen am Leben waren.«
Sie warf ihm einen spöttischen Blick zu. »Und ihr beiden wollt sie befreien?«
»Wohl kaum«, erwiderte Tarik kopfschüttelnd. »Da waren ein paar Dutzend Dschinne bei ihnen.«
»Wir fliegen auf dem schnellsten Weg nach Bagdad«, brach Junis sein Schweigen. »Wir können nichts für diese Leute tun.«
Sabatea atmete auf.
»Die Dschinne werden uns jagen«, sagte Tarik. »Wir haben sechs von ihnen umgebracht. Sie wissen jetzt, dass sie es mit jemandem zu tun haben, der ihnen gefährlich werden kann. Aber ich glaube nicht, dass es dieselben waren, die euch schon vorher gefolgt sind.«
Junis zog eine Grimasse. »Die, vor denen du uns warnen wolltest? So, wie ich das sehe, hast du uns bisher nichts als Ärger eingebracht. Bevor du aufgetaucht bist, sind wir keinen Dschinnen begegnet. Wir brauchten nicht zu kämpfen.« Schärfer fügte er hinzu: »Wir mussten auch niemandem das Leben retten, der es unbedingt darauf angelegen wollte, den Helden zu spielen.«
»Meinst du«, fuhr Tarik ihn an, »dich hätten sie nicht bemerkt?«
»Ich meine, dass du mich hättest gehen lassen sollen. Wie schwer wäre es wohl gewesen, sie aus sicherem Abstand zu beobachten, statt mitten in ein Wespennest zu stechen?« Sein Tonfall war jetzt verletzend. »Du bist uns gefolgt, um uns zu beschützen. Aber wer hat nun wen beschützt, Tarik? Und wer ist schuld daran, dass wir es mit diesen Biestern aufnehmen mussten, obwohl wir schon längst viel weiter westlich sein könnten?«
Sabatea mischte sich ein: »Du selbst hast Tarik Recht gegeben, als er gemeint hat, er müsse die Dschinne auskundschaften.«
»Auskundschaften«, wiederholte Junis betont. »Aber nicht auf unsere Fährte locken.« Er warf Tarik einen Blick zu, der zugleich vorwurfsvoll und triumphierend war. »Wenn dem Mädchen etwas zugestoßen wäre, dann wäre das jetzt allein deine – «
»Das Mädchen«, fuhr sie ihm wütend über den Mund, »hat den Teppich gelenkt, auf dem du deine Heldentaten vollbracht hast! Dazu waren offenbar zwei nötig!«
Er winkte ab. »Ich wollte dir nicht deinen Teil des – «
»Was? Des Ruhms streitig machen? Ich bitte dich, Junis! Tarik hatte schon drei von ihnen getötet, und zwar allein, bevor wir überhaupt aufgetaucht sind. Ganz abgesehen von den beiden, die er danach erledigt hat. Wir zwei haben es gemeinsam gerade mal auf einen Einzigen gebracht.«
Tarik bemerkte mit einer gewissen Genugtuung, dass Junis bei diesen Worten blass wurde.
Aber Sabatea war noch nicht fertig. »Glaubst du allen Ernstes, wir würden es auf uns allein gestellt bis nach Bagdad schaffen? Ohne ihn?«
Junis kochte vor Wut, presste aber stumm die Lippen aufeinander.
Tarik kreuzte Sabateas Blick, doch etwas ließ ihn rasch wieder nach vorne sehen. Irgendwo jenseits des flirrenden Horizonts lagen die Hänge des Kopet-Dagh. Dunstverhangene Gipfel inmitten der Wüste. Sauberes Wasser. Vielleicht frische Nahrung.
Aber Junis’ Worte hatten ihr Ziel nicht verfehlt. Sie machten ihm mehr zu schaffen, als er sich eingestehen wollte. Die beiden hatten ihm das Leben gerettet. Und er hatte ihres leichtfertig in Gefahr gebracht, mochte Sabatea es drehen und wenden, wie sie wollte. Tarik war nicht mehr der Alte. Er hatte einen Fehler begangen, beinahe mit tödlichen Folgen für sie alle.
Er hätte es schlichtweg besser wissen müssen.
Doch lieber schwieg er und fraß seine Schuld in sich hinein, als das Junis gegenüber zuzugeben.
Dornenkrone
Die beiden Teppiche rasten niedrig über die Wüste, obgleich hinter ihnen keine Verfolger zu sehen waren. Das dunkle Band der Oase tauchte vor ihnen auf und wieder ab, bis es sich schließlich weigerte,
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