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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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abstürzte, und noch ehe sie aufkam und erneut nach dem Rand des Knüpfwerks greifen konnte, hatte Tarik den Teppich bereits beschleunigt. Sie brüllte seinen Namen, aber er ließ sich jetzt nicht mehr aufhalten, entfernte sich immer schneller von ihr und ließ sie nur wenige Schritt von Ifranji und Nachtgesicht am Rand des Platzes zurück.
    Er selbst glitt auf dem Teppich über die freie Fläche, flog einen Bogen um den riesigen Wirbelsturm und das Flammengewitter in seinem Inneren und suchte nach Maryams Leichnam. Sie lag noch immer dort, wo Nachtgesicht sie hingeschleudert hatte, und Tarik fragte sich, ob der Narbennarr noch in ihr steckte oder ob er sich nicht längst eines der toten Dschinne bemächtigt hatte, die verstreut auf der gläsernen Fläche lagen. Er sah zum Thron, entdeckte aber keine lebenden Dschinnkrieger, nur die vier Roch, die sich nicht entscheiden konnten, furchtsam dahinter Schutz zu suchen oder den Dritten Wunsch mit ihrem Leben zu schützen. Sie waren keine Alptraumkreaturen wie die Kettenmagier und einst wohl eher Alchimisten oder Forscher gewesen. Vielleicht hatten sie ihre Magie schlichtweg aufgebraucht, als sie den Thron errichtet und dabei machtvollere Zauber gewirkt hatten, als die Kettenmagier sie je hätten zustande bringen können.
    Benommen raste Tarik auf das Stufenpodest zu. Der Teppich unter ihm erbebte immer wieder, als widerstrebte es ihm, sich in die Nähe des knöchernen Bauwerks zu wagen. Aber er behielt das Muster unter Kontrolle, verschwendete keinen Blick mehr auf die Umgebung oder die leblose Maryam, schaute nur noch nach vorn – und entdeckte, dass einer der vier Roch in diesem Moment seine Angst überwand und sich daranmachte, selbst auf dem Knochenthron Platz zu nehmen.
    Tarik stieß einen zornigen Ruf aus, trieb den Teppich zu größerer Geschwindigkeit, sah im Näherkommen, wie sich die Augen des Vogelmenschen weiteten, erkannte die verzerrten, verschobenen Details seiner Anatomie, die ihn verwachsen erscheinen ließen, ein Zerrbild seiner Artgenossen im Untersand – dann zog er die Hand aus dem Muster, ließ den Teppich geradeaus weiterfliegen und rollte sich im letzten Moment über die Kante, kurz bevor das Knüpfwerk den Roch im Flug rammte, gegen die turmhohe Knochenlehne schleuderte und auf den Gebeinspitzen aufspießte.
    Tarik stürzte brüllend auf die breite Sitzfläche des Throns und blieb halb bewusstlos liegen, von tobender, kaum mehr zu ertragender Pein erfasst. Durch wabernden Schmerz erkannte er, wie die drei übrigen Roch auseinanderstoben, der vierte auf den Knochendornen erschlaffte und der Teppich von der Lehne abprallte, um außerhalb seines Sichtfelds zu Boden zu gehen.
    Irgendwie rollte er sich herum, zu schwach, um aufrecht zu sitzen. Aber er brachte seinen Rücken mühsam gegen die Lehne, starrte verschwommen hinaus auf den Platz, sah den strudelnden Wirbelsturm aus Feuer und Zauberlicht rotieren, dachte, dass irgendwo dahinter Sabatea war, dass er sie fühlen konnte, als wäre sie bei ihm, dass er Angst um sie hatte und kein bisschen um sich selbst, weil ihm klar war, dass er jetzt sterben würde.
    Aber etwas anderes erwachte dafür zum Leben, tief im Knochengewirr des Throns, begann zu pochen, zu schlagen, zu denken. Griff nach ihm und seinen Empfindungen, grub die Enden unsichtbarer Nervenfäden in seinen Körper, seinen Geist, verschmolz mit ihm und erforschte seine Gedanken.
    Ertastete seine Wünsche.
    Wer bist du?, dachte er, ganz zäh und langsam, doch die Antwort erreichte ihn umso schneller, weil sie bereits in ihm war wie all das andere, das in diesem Thron gefangen und bereit war, seine Macht so einzusetzen, wie er es verlangte, damit all der Schmerz, all die Qualen endlich ein Ende nahmen, nicht seine eigenen, sondern die des lebenden Kindes, das in die Knochenlehne eingeflochten war und das die größte, allumfassende Macht dieser Welt in sich vereinte.
    Ich bin, begann eine Stimme tief in ihm und brachte eine große Ruhe mit sich. Ich bin -
     

     

    Jibril!, dachte Sabatea.
    Inmitten des himmelhohen Wirbelsturms sah sie die Feuer verblassen, die rote Flammenhölle erlöschen, sah den Trichter selbst immer schmaler werden, wie einen Turm, dann einen Baumstamm, und auf dieser dünnen, rauchigen, wirbelnden Säule stand eine kleine weiße Gestalt, die Hände weit ausgebreitet, als wollte sie diesen Platz und ganz Skarabapur umarmen.
    Sabateas Blick wanderte an dieser Pylone aus rotierenden Winden hinab und entdeckte den

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