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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Halbkreis, hob die andere und bewegte sie in gegenläufige Richtung – und im selben Moment raste der Teppich in eine unsichtbare Wand. Ifranji wurde meterweit durch die Luft geschleudert und prallte nicht weit entfernt von Nachtgesicht auf den Boden. Der Teppich aber federte zurück, schlingerte führerlos umher, vollführte einen zitternden Salto und verlor an Festigkeit. Heiße Winde packten ihn, trieben ihn über den Platz und ein gutes Stück zurück in die Richtung von Tarik, Sabatea und Maryam. Schließlich sank er zu Boden und blieb halb zusammengerollt liegen.
    Ein ohrenbetäubendes Heulen waberte über den Platz, als allen auf einen Schlag klar wurde, woher der plötzliche Wind kam, der den Teppich erfasst hatte. Keine fünfzig Meter von ihnen entfernt explodierte der Trümmerring der Kuppelruine, als der gewaltige Wirbelsturm Jibrils endgültig den Splittergraben überquerte und eine breite Schneise in den Scherbenkranz in seinem Zentrum fräste. Ein Hagel aus Glas prasselte auf die Umgebung nieder.
    Atalis hatte sich nach Ifranjis Absturz bereits wieder umgewandt und den Weg zum Knochenthron fortgesetzt, als Jibril sich anschickte, ihr die Macht über den Dritten Wunsch streitig zu machen. Qatum im Körper des Mädchens blieb stehen und sandte dem Wirbelsturm mit blitzschnellen Handbewegungen einen Abwehrzauber entgegen. Zu spät.
    Jibril erreichte Atalis und riss sie in den Strudel seines Sturmtrichters. Das Duell, das Qatum sich gerade erst mit Nachtgesicht geliefert hatte, begann von Neuem – mit dem Unterschied, dass er es diesmal nicht mit einem ungeübten Sturmkönig zu tun hatte, sondern mit dem geheimnisvollen Quell aller Sturmgewalten, um ein Vielfaches machtvoller – und wütender.
    Während sich der riesige Wirbelsturm dort draußen auf der Stelle drehte und Atalis und Jibril unsichtbar in seinem Inneren kämpften… während Ifranji und Nachtgesicht unweit der rotierenden Ausläufer lagen und sich erschöpft aufeinander zubewegten… während Sabatea auf Tarik zustürzte und Tarik sich fragte, ob die Steigerung von Schmerz nicht Taubheit sein musste und ob diese Taubheit nicht vielleicht der Tod war… während all dies geschah, sprang Maryam unter dem Einfluss des Narbennarren auf, eilte mit schlingernden Schritten auf den abgestürzten Teppich zu, entrollte ihn mit einem Fußtritt und fiel darauf in die Hocke. Die Splitter und Scherben in ihren Handflächen hätten umgehend alle Stränge des Musters zerschnitten, aber darauf war Amaryllis nicht angewiesen. Tarik erinnerte sich, dass der Narbennarr in den Hängenden Städten einen Teppich geflogen hatte, ohne ins Knüpfwerk zu greifen, und das gleiche Wunder vollbrachte er auch jetzt.
    Der Teppich hob vom Boden ab, flog einen weiten Bogen um den tobenden Wirbelsturm und trug den Narbennarren zum Knochenthron.

 
Der Wunschthron
     
     
    Tarik beobachtete die Ereignisse mit einer zeitversetzten Wahrnehmung, die ihn mehr und mehr das Gefühl für die Wirklichkeit verlieren ließ.
    Im einen Moment war Maryam noch mit dem Teppich in der Luft, im nächsten stieg unweit von ihr ein schmaler, zitternder Wirbelsturm auf, fegte von hinten auf sie zu und pflückte sie aus der Luft – Nachtgesicht, der mit allerletzter Kraft einen weiteren Sturm zustande gebracht hatte.
    Der Trichter war winzig im Vergleich zu jenem, in dem Jibril und Qatum miteinander kämpften, viel kleiner auch als der, den Nachtgesicht zuvor heraufbeschworen hatte. Und doch erfüllte er seinen Zweck.
    Der Tornado schwankte, als wäre er selbst fremden Winden ausgesetzt, die ihn mal in diese, mal in jene Richtung wehten. Aber er erfasste den fliegenden Teppich, bevor Amaryllis in Maryams Körper zur Gegenwehr ansetzen konnte. Der Schrei des Narbennarren schien sogar das Tosen der Stürme zu übertönen, doch das mochte Einbildung sein – vielleicht war es auch Tariks eigener, denn die Schmerzen steigerten sich noch weiter, drangen in alle Winkel seines Körpers vor.
    Maryam wurde vom Teppich gerissen, verschwand für einige Sekunden in Nachtgesichts Sturm und erschien gleich darauf erneut, jetzt scheinbar leblos. Im weiten Bogen und mit wirbelnden Gliedmaßen wurde sie fortgeschleudert. Weit entfernt vom Knochenthron und dem Dritten Wunsch prallte sie auf den Boden. Tarik wandte den Blick ab.
    Der Teppich selbst kam ebenfalls wieder zum Vorschein, schaukelte wie ein Blatt zu Boden und blieb liegen. Nachtgesichts Sturm verpuffte als trichterförmige Rauchwolke, während sein

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