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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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angesehen, was sie während der Schlacht in den Zagrosbergen auf die Sturmkönige herabbeschworen hatten -Schwärme sechsarmiger Kali-Assassinen, die die Angreifer in Stücke gerissen hatten.
    Er trug noch immer das Bündel auf seinem Rücken, und bei alldem Gestank unten im Tunnel hatte er völlig vergessen, welche scheußlichen Gerüche davon ausgingen. Jetzt setzte er es vor sich auf dem Teppich ab, befahl dem Knüpfwerk einen schnurgeraden Flug bei gleichbleibender Höhe, und zog die Hand aus dem Muster. Widerstrebend öffnete er den Beutel und griff hinein. Seine Finger ertasteten etwas wie Leder – abgezogene Dschinnhäute, nur oberflächlich gereinigt, schwarz bemalt und stinkend wie die Pest. Sie waren grob zu einer Art kurzer Weste zurechtgestutzt worden, die er sich angeekelt überstreifte. Außerdem waren da mehrere formlose Lappen, die er sich mit Schnüren um die Oberschenkel band. Es gab auch noch eine Art Kappe, aber er brachte es beim besten Willen nicht über sich, sie übers Haar zu ziehen. Der Rest musste reichen, um die Witterung der Dschinne oberflächlich zu täuschen. Zumindest würden sie ihn so nicht aus der Ferne an seinem Geruch als Mensch identifizieren können.
    Das Bündel hätte er am liebsten fortgeworfen, doch das wagte er nicht. Gezwungenermaßen befestigte er es wieder auf dem Rücken, über der Weste aus Dschinnhaut. Übelkeit stieg in ihm auf, aber es gelang ihm, das Erbrochene hinunterzuwürgen; der Geschmack blieb trotzdem.
    Er übernahm wieder die Kontrolle über den Teppich, ließ ihn hoch am Himmel eine Schleife fliegen und hielt auf eine Ruine zu, weiter südlich, höher als die anderen. Vor Sternen und Feuergruben hob sich die Silhouette eines einzelnen, gestuften Turmes ab, wie aus runden Schachteln, die jemand übereinandergestapelt hatte. Eine Zikkurat, von Wind und Wüste so weit abgeschliffen und in Teilen eingestürzt, dass von weitem der Eindruck einer schartigen Lanzenspitze entstand.
    Neben der Größe der Ruine erregten vor allem zahlreiche Lichter Junis’ Aufmerksamkeit. Dschinne mit Fackeln. Einige zogen Kreisbahnen um das Gemäuer, andere flogen daran auf und ab. Die Formationen erinnerten ihn an die glühenden Muster im Abgrund der Hängenden Städte. Etwas oder jemand wurde dort drüben bewacht.
    Er näherte sich der Ruine und blieb dabei so hoch wie möglich über dem Boden – hundertfünfzig Meter. Höher hinauf vermochten weder Teppiche, noch Dschinne zu fliegen. Der Turm war niedriger, achtzig oder neunzig Meter. Im Schein der schwebenden Fackeln erkannte Junis, dass das obere Drittel auf einer Seite eingestürzt war; darum wirkte das Bauwerk so spitz. Die Beschädigung erstreckte sich über mehrere Stockwerke, obgleich von jedem noch immer einige Teile standen, ganz oben nur Bruchstücke der Außenmauern, weiter unten halbe Räume mit verschütteten Böden.
    Die unteren acht Etagen waren nahezu unversehrt. Aus einigen Fensterschlitzen und Durchbrüchen im sechsten, siebten und achten Stock fiel matter Feuerschein; die darunterliegenden fünf Stufen der Zikkurat wirkten verlassen. Außer den kreisenden Patrouillen waren weitere Dschinnkrieger auf den Rändern der einzelnen Stufen postiert. In der Dunkelheit erkannte Junis auch sie nur an ihren Fackeln. Wahrscheinlich gab es noch eine ganze Reihe mehr, die keine Feuer bei sich trugen, verborgen in der Finsternis.
    An all diesen Wächtern vorbeizukommen war unmöglich. Er spielte kurz mit dem Gedanken, es von oben zu versuchen, auf der Spitze zu landen und von dort abwärts ins Innere zu klettern. Doch abgesehen von den Dschinnen barg auch das morsche Ziegelmauerwerk Gefahren. Mochten die unteren Etagen einigermaßen stabil sein, so waren es die höheren wohl kaum. Sobald ein einziger Lehmziegel abbrach und nach unten schepperte, würden die Wächter auf ihn aufmerksam werden.
    Es gab also nur einen Weg in den Turm, und der führte von unten hinauf. Die Dschinne waren nicht auf Treppen und Rampen angewiesen, darum nahm er an, dass die meisten die Höhenunterschiede an der Außenseite bewältigten. Er musste es darauf ankommen lassen: Einmal im Inneren würde er womöglich in den dunklen unteren Stockwerken kaum jemandem begegnen.
    Er näherte sich der Zikkurat, so weit er es eben noch wagte. Die stinkenden Häute mochten verhindern, dass die Wächter seine Witterung aufnahmen. Kein Dschinn aber war so blind, dass er einen menschlichen Teppichreiter im Fackelschein nicht erkennen würde.
    Etwa zweihundert

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