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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Flammen am Flügel seines Artgenossen ausbrannten und die Halle erneut in Finsternis tauchten.
    Wenn erst die Dschinne kamen, um nachzusehen, welchen Schaden ihr Hinterhalt angerichtet hatte, war es zu spät. Junis musste jetzt hier raus, entweder zurück durch den Tunnel – was sein Teppich bei der Feuchtigkeit nicht schaffen würde –, oder aber mit dem fliehenden Sandfalter ins Freie.
    Während sich der Gigant taumelnd über ihm durch die Öffnung zwängte, lenkte Junis den Teppich hinter ihm her, hinauf zur Kuppeldecke. Er konnte kaum noch etwas sehen, seine Augen brannten entsetzlich. Der Rauch des halbverbrannten Sandfalters an der Wand und der Gestank der zersetzten Körper hing ätzend im oberen Teil der Kuppel. Die flüchtende Kreatur hatte mit ihren Schwingen einen verwirbelten Korridor in die Schwaden geweht, aber der schloss sich bereits wieder und drohte Junis zu verschlucken. Er sah nicht mehr, ob der Falter bereits entkommen war oder noch immer dort oben in der Öffnung steckte. Sah auch nicht, was ihn dahinter erwartete und ob draußen Dschinne auf ihn lauerten.
    Er wusste nur, dass er ins Freie musste, irgendwohin, wo er wieder atmen konnte und sein zuckender, schlingernder Teppich nicht länger der Feuchtigkeit der Unterwelt ausgesetzt war. Ihm blieb kaum noch Zeit, und er hatte Mühe, klar zu denken.
    Nur raus hier. Nur fort.
    Überall Rauch und Gestank. Er sah keine Öffnung mehr, flog steil nach oben und hoffte, dass er nicht mit der Decke oder dem Sandfalter kollidieren würde. Mehr konnte er nicht tun. Nur dem Teppich den Steilflug in die Höhe befehlen, die Augen schließen, auf den Zusammenstoß warten.
    Um ihn war eine wirbelnde Säule aus dichten Schwaden, als er im unmittelbaren Gefolge des Sandfalters aus der Deckenöffnung schoss, knapp vorbei an den Ziegelrändern, weiter hinauf inmitten des Qualms, immer höher, höher, höher, an Schwärmen wartender Dschinne vorüber, die er nur erahnen, aber nicht sehen konnte, und die ihn nicht sehen und bei alldem Gestank auch nicht wittern konnten.
    Der Rauch trieb auseinander, öffnete sich wie eine wolkige Blüte am Nachthimmel und spie ihn aufwärts ins Firmament, ihn und den Falter, der jetzt flatternd verharrte, hoch über dem Erdboden, während Junis noch weiterflog und im nächsten Augenblick, in hundert Metern Höhe, mit dem Wurmleib des Wesens kollidierte.

 
Das Dschinnlager
     
     
    Der Teppich hatte ihn schon einmal vor einem tödlichen Aufprall bewahrt, und er tat es auch diesmal. Wie beim Zusammentreffen mit dem Dschinnfürsten im Zagrosgebirge stellte sich das Knüpfwerk im letzten Augenblick schräg, sodass es mit der Unterseite gegen den gewaltigen Körper des Sandfalters rammte. Die Kreatur wurde zurückgestoßen, während Junis seinen Halt verlor. Er steckte noch mit der linken Hand im Muster, die Stränge saugten sich um Finger und Handgelenk, hielten ihn fest, als er auf der Schräge abwärtsrutschte.
    Zwei, drei Atemzüge lang gab es kein Oben und Unten mehr, alles war ein Wirbel aus Rauch, Sternen und Tausenden Feuern am Boden. Ein grausamer Schmerz zuckte durch seinen Arm, als er beinahe aus der Schulter gerissen wurde. Im nächsten Moment aber sank der Teppich wieder in die Horizontale. Junis prallte der Länge nach auf Bauch und Kinn. Sekundenlang war er zu benommen, um zu sehen, was aus dem Sandfalter geworden war und ob die Dschinne ihn verfolgten.
    Als er sich hochrappelte, auf die Knie rutschte und wieder die Macht über das Muster übernahm, war ihm noch immer zu schwindelig, um sich einen Überblick zu verschaffen. Er befand sich irgendwo am Nachthimmel über dem Dschinnlager, unter einem glasklaren Firmament aus Sternbildern, die sich am Boden tausendfach als Lagerfeuer und Flammengruben der Dschinnarmee spiegelten. Rauchfetzen trieben unter ihm dahin, und er konnte weder die Öffnung sehen, durch die er aus dem Untergrund ins Freie gestoßen war, noch – im ersten Moment – den Sandfalter.
    Dann aber blickte er hinter sich, und da war er. Zwanzig Meter entfernt, auf einer Höhe mit ihm. In den riesigen Schwingen klafften ausgefranste Risse, wo er von den Dschinnen an die Wand der Kuppel genagelt worden war; sie mussten ihn betäubt dort hinabgeschafft haben, wohl wissend, dass er sich beim Erwachen auf alles stürzen würde, was vor ihm im Dunkeln auftauchen mochte. Ein Fühler stand in einem falschen Winkel ab, gebrochen beim Zusammenstoß, und zwei seiner sechs Beine hingen schlaff von seinem Raupenleib.

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