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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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nicht so weit hinaus auf das Wasser. Noch waren sie einigermaßen sicher vor Entdeckung.
    Er wäre gern noch niedriger geflogen, unmittelbar über den sanften Wogen des Stroms. Aber das konnte er von dem Teppich nicht verlangen, ohne das Risiko einzugehen, doch noch die Kontrolle zu verlieren.
    Langsam schwebten sie auf das Westufer zu. In ihrem. Rücken, im Osten, lagerten nur wenige Dschinne, verstreute Schwärme als Absicherung gegen einen Angriff aus dem Hinterhalt. Den aber schienen die Dschinnfürsten den Menschen kaum zuzutrauen – und wo hätten die entsprechenden Armeen auch herkommen sollen? Alle Soldaten, die zur Verteidigung des Kalifats bereitstanden, waren hinter die Wälle der Stadt geflohen. Hier draußen gab es niemanden mehr. Nicht einmal die Sturmkönige.
    Das Tigrisufer stieg sanft als heller Sandstrand aus dem Wasser. Nicht einmal hundert Schritt bis zum Fuß der Zikkurat. Von hier unten aus, selbst aus dieser Entfernung, wirkte die Ruine gewaltig. Ein massiver schwarzer Stachel vor dem Sternenhimmel, gepunktet mit zahllosen Fackeln.
    Tief Luft holend machte Junis sich bereit, festen Boden zu betreten. Den Teppich wollte er aufrollen und mitnehmen, auch wenn ihn die sperrige Last behindern würde. Ihn hier draußen zurückzulassen, brachte er nicht über sich. Und selbst wenn es ihm gelänge, Jibril zu befreien, mochte der Junge zu geschwächt oder verletzt sein, um sie auf einem Wirbelsturm davonzutragen.
    Er gab den Befehl zum Landen auf dem Sand – und riss den Kopf herum, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm.
    Ein Alarmruf ertönte.
    Dschinnkrieger kamen von Norden her am Ufer entlang, eine Patrouille ohne Fackelträger, ein graufleckiges Wimmeln in der Finsternis. Ein ganzer Trupp, der da heranfegte, zehn, vielleicht zwanzig Krieger, und bei ihnen war noch etwas Größeres. Eine Schwarmschrecke.
    Junis widerrief den Befehl zur Landung, krallte die Finger ins Muster und ließ den Teppich nach vorne schnellen. Auf geraden Kurs zur Zikkurat. Die Dschinne folgten ihm unter wildem Geschrei. Überall im Dunkeln gerieten Lichtpunkte in Bewegung. Andere Krieger wurden aufgeschreckt. Fackeln lösten sich vom Boden und stiegen in den Nachthimmel auf, bevor Junis ihre Träger erkennen konnte. Nicht mehr lange, und sie würden von allen Seiten kommen.
    Der Teppich sandte aufgeregte Hitzewellen seinen Arm herauf. Es schien dem Muster zu gefallen, dass es nun wieder gebraucht und gefordert wurde.
    Die halbe Strecke bis zur Zikkurat hatten sie geschafft, keine vier Meter über dem Boden. Junis zog mit rechts sein Schwert, die Linke im Muster vergraben. Nun tauchten auch vor ihnen Dschinne auf, am Fuß des Turms, um ihnen den Weg zu verstellen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als auszuweichen, den Teppich in einer scharfen Kurve herumzureißen. Aber auch dort waren sie. Überall.
    Vor ihm kam der Irrgarten aus hohen Mauern in Sicht, zwischen denen die Besessenen eingepfercht waren. Darüber wimmelte es von Dschinnen. Unten zwischen den Lehmziegelwänden tobten die Sklaven. Sie schienen die Aufregung unter ihren Bewachern zu spüren, gingen sich gegenseitig an die Kehlen. Peitschen klatschten in die Menge.
    Seine Verfolger waren bis auf wenige Meter heran. Er zog jetzt einen Schweif von zwanzig, dreißig Dschinnen hinter sich her. Seitlich näherten sich noch mehr, und nun stiegen sie auch aus dem Sklavengehege auf, abkommandierte Wächter, die den Eindringling aufhalten sollten.
    Flieg so hoch du kannst, sandte er als Beschwörung ins Muster. Flieg immer geradeaus. Und später – komm zurück und such mich.
    Er hatte noch nie einen so komplexen Befehl gegeben, den der Teppich eigenständig befolgen sollte. Er wusste nicht, ob es klappen würde. Ihm blieb nur der eine Versuch.
    Er raste niedrig über die Mauerränder der Gehege hinweg. Unter ihm ein Gedränge aus abgemagerten Wahnsinnigen, kreischend, brüllend, in hirnlosem Kampf gegeneinander und die Wände.
    Junis zog die Hand aus dem Muster. Wartete, bis er die nächste Mauer passiert hatte. Sand wurde von der Kante aufgewirbelt, wehte in sein Gesicht, in seine Augen. Dort unten war alles voller Menschen. Tausende standen unter dem Bann der Dschinne, eingepfercht in den verschachtelten Rechtecken. Keiner mehr bei Verstand.
    Mit angehaltenem Atem rollte er sich über die Teppichkante und stürzte mitten unter sie.

 
Hundert Regenbögen
     
     
    Khalis stand breitbeinig auf seinem Teppich, die Arme weit auseinandergerissen, den Kopf in

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