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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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befreien. Sabatea vertraute ihm, auch jetzt noch, aber gegen die Ungewissheit kam sie nicht an. Ihre Mutter war eine der Mätressen des Emirs gewesen, Sabatea ihr einziges Kind. Alabasda hatte zugelassen, dass Kahramans Alchimisten ihr das Mädchen raubten und es für ihre Experimente missbrauchten; hatte es zugelassen, um sich selbst damit ein sorgenfreies Leben im Palast zu erkaufen. Sabatea hatte schon vor langer Zeit aufgehört, Liebe für ihre Mutter zu empfinden. Aber dann hatte Kahraman Alabasda eingesperrt und gedroht, sie zu töten, falls Sabatea nicht nach Bagdad aufbräche und ein Attentat auf den Kalifen verübte. Ob es die Morddrohung war, die Aussicht, ihre Mutter niemals wiederzusehen – so ganz genau verstand sie es selbst nicht. Aber seither lebte sie in Angst um Alabasda, auch jetzt noch. Sie konnte nur hoffen, dass Haruns Plan gelungen und Kahraman gestürzt war. Vielleicht würde sie die Wahrheit nicht mehr erfahren. Ein Grund mehr, mit aller Macht daran zu glauben.
    Ihre Blicke glitten über den Nebel, suchten erneut nach Abbildern von Vertrautem. Einmal meinte sie, die Silhouette einer fernen Stadt zu erkennen, aber als ihr Herz schon schneller schlug und sie glaubte, ihrem Ziel greifbar nahe zu sein, lösten sich die Schwaden auf und wurden wieder zu Luft und Wind und Wüstenhitze.
    Ein andermal meinte sie eine Herde wilder weißer Pferde aus dem Abgrund auftauchen zu sehen, eine endlose Reihe edler Rösser mit wehenden Mähnen und dampfenden Nüstern. Aber auch sie zerschmolzen im diffusen Licht, das durch den Nebel drang, flossen wabernd auseinander und wurden wieder eins mit der aufgewühlten Oberfläche des Dunstozeans.
    Das Pferd galoppierte weiter, auf schnurgeradem Kurs nach Süden. Sie blickte angestrengt voraus, immer in der Hoffnung, endlich Skarabapur vor sich zu sehen oder irgendeinen Anhaltspunkt, dass die Stadt tatsächlich existierte und nicht nur eine Illusion war wie die Nebelrösser und Paläste aus feurigen Schwaden.
    Nichts. Nur das endlose Wabern in allen Richtungen.
    Und dann zog etwas ihre Aufmerksamkeit auf sich, das auf den ersten Blick nur ein weiteres Trugbild zu sein schien. Bewegungen im Nebel, rechts von ihr. Eine Reihe fester Formen, die wie auf einer sanften Schräge aus der Tiefe aufstiegen. Wesen mit weiten Schwingen. Vier Läufe, auf denen sie über Dunstschlieren galoppierten. Und auf ihren Rücken Reiter, menschliche Gestalten, aber seltsam klobig um die Schultern, so, als trügen sie etwas auf dem Rücken.
    Elfenbeinpferde. Und Menschen, die auf ihnen ritten.
    Einen Augenblick lang war sie sicher, dass ihre Einbildungskraft ihr den größten aller Streiche spielte: Spiegelungen ihrer selbst, vervielfacht, verzerrt, aber ganz sicher nur ihr eigenes Abbild, das auf irgendeine unfassbare Weise zurückgeworfen wurde.
    Aber es waren zu viele. Fünf auf ihrer rechten Seite und noch mal fünf zu ihrer Linken. Sie ritten in zwei Reihen, wie an Ketten aufgezogen, parallel zu ihrem eigenen Weg nach Süden. Noch befanden sie sich tiefer im Dunst als Sabatea, waren undeutlich, ohne Einzelheiten. Sie schienen es nicht eilig zu haben und zeigten kein Interesse an der einsamen Reiterin oberhalb der Nebelsee. Wie eine Eskorte großer Fische, die zu beiden Seiten eines Schiffsrumpfs durch den Ozean gleitet, blieben auch sie unter der Oberfläche. Gelegentlich wurden sie unsichtbar, wenn allzu dichte Schwaden vorüberzogen. Aber immer wenn Sabatea glaubte, sie hätten sich aufgelöst wie all die anderen Phantome dieses Abgrunds, erschienen sie von Neuem, höher und näher als zuvor, aber ohne Anzeichen von Feindseligkeit.
    Sabatea versuchte, sich auf ihr Pferd zu konzentrieren. Es erschien ihr nervöser als zuvor und behielt die anderen fliegenden Rösser im Blick. Elfenbeinpferde waren Herdentiere, zumindest draußen im Dschinnland. Die Anwesenheit seiner Artgenossen war eigentlich kein Grund zur Sorge. Doch die Reiter auf ihren Rücken mussten das Zauberpferd ebenso stutzig machen wie Sabatea. Gut möglich, dass es mit seiner feinen Witterung unsichtbare Gefahren aufgespürt hatte. Es stieß ein aufgeregtes Schnauben aus und schüttelte die Mähne. Sabatea rief ihm ein paar beruhigende Worte zu, aber sie hatte alle Hände voll damit zu tun, sich festzuhalten. Zum ersten Mal überkam sie die Angst, das Pferd könnte sie in seiner Erregung versehentlich abwerfen.
    Die anderen brachen aus dem Nebelmeer hervor. Erst schnitten Köpfe und Schultern der Reiter durch die wattige

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