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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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den Bewusstlosen in die Tiefe.
    »Khalis«, flüsterte Almarik. Seine Stimme drohte zu brechen, so geschwächt war er vom Blutverlust.
    Tarik sah dem Magier nach. Gerade wollte er wieder den Blick auf die Roch mit ihren verkümmerten Flügelstümpfen und entstellten Pferden richten, als er etwas entdeckte.
    Dort, wo das Elfenbeinross mit dem alten Mann verschwunden war, jagte ein weiteres Pferd aus der Tiefe empor, eskortiert von mehreren Roch. Im Gegensatz zu den anderen Zauberpferden war dieses eine von vollendeter Anmut, strahlend weiß, mit gleichmäßig gefiederten Schwingen.
    Ein Lachen stieg in Tarik auf, schnürte ihm fast die Luft ab und brach dann doch noch zwischen seinen aufgesprungenen Lippen hervor.
    Sabatea hatte die Hände in die weiße Mähne gegraben. Ihr langes schwarzes Haar wehte als wilder Kontrast dazu über ihren Rücken.
    Tarik stand mit bebenden Beinen am Rand des Glaskristalls, den verletzten Almarik im Arm, und wartete, bis sie heran war. Das Elfenbeinross stellte sich in der Luft auf die Hinterbeine, dann sank es neben ihm auf dem Glas nieder, brachte mit seinen Hufen das Trümmerstück in tönende Schwingung und legte die Flügel an.
    Sabatea glitt zu Boden, warf die Arme um Tarik und erkannte erst nach einem Augenblick, dass sie den Byzantiner gleich mit umarmte.
    Zwei weitere Elfenbeinrösser landeten unmittelbar hinter ihnen.
    »Nur ihn«, sagte Sabatea mit einem Wink in Almariks Richtung. Zwei Roch kamen heran, nahmen ihn aus Tariks Griff und trugen ihn zu einem der Pferde. Wenig später hob es mit seinem Reiter und dem zusammengesunkenen Ifritjäger ab und glitt in einer weiten Kurve in die Tiefe.
    Tarik deutete mit schwankender Hand auf Sabateas Zauberpferd. »Das Vieh hasst mich«, brachte er mühsam hervor.
    Sie küsste ihn. »Heute nicht.« Mit kühlen Fingerspitzen strich sie über seine Wange. Ihre Hand hatte den zimtigen Geruch des Elfenbeinpferds angenommen, auch ihr Haar roch danach. »Komm«, flüsterte sie.
    Er nickte, wollte ihr folgen, blieb dann aber stehen. »Nachtgesicht und Ifranji, sie sind -«
    »Wir haben sie gesehen.«
    »Er hat einen Wirbelsturm heraufbeschworen. Wo ist er jetzt?«
    »Niemand weiß das.«
    »Aber -«
    Sie verschloss seine Lippen mit einem letzten Kuss vor dem Aufbruch. »Ich erzähl dir später alles.«
    Tatsächlich ließ das Pferd mit einem leichten Hufscharren zu, dass Tarik sich auf seinen Rücken zog. Sabatea nahm vor ihm Platz, mit einem grazilen Schwung, als ritte sie das Elfenbeinross seit vielen Jahren, nicht erst seit einem Tag.
    Im Osten hatte der Dunst eine rötliche Färbung angenommen. Irgendwo über der Wüste würde bald die Sonne aufgehen.
    Das Pferd trug sie durch das Nebelmeer abwärts, durch eine Schicht fast vollkommener Finsternis.
     

     

    Der Boden des Abgrunds war eben und mit Sand bedeckt wie die Wüste, die einst von ihm verschlungen worden war. Inmitten der weißen Dünen aber fächerte von einem einzigen Punkt ein Netzwerk tiefer Felsspalten auf. Im Anflug von oben sah es aus wie der Schatten einer Baumkrone, ein schwarzer Stern mit verästelten Strahlen. Als hätte ein Riese sein Schwert in die Welt gerammt und dabei in weitem Umkreis die Erde gespalten.
    Die Risse waren durch schmalere Spalten miteinander verbunden und bildeten so einen Irrgarten aus gezackten schwarzen Linien. Auf den ersten Blick und aus großer Höhe hätte man es auch für eine gigantische Wurzel halten können, deren verzweigte Stränge in alle Himmelsrichtungen wiesen.
    Die heimkehrenden Roch lenkten ihre Elfenbeinpferde zum Zentrum dieses Labyrinths, in die breiteste Kerbe, in der all die anderen Spalten aufeinandertrafen. Jetzt sah Tarik, dass sie ihre Behausungen in die Wände der Risse gebaut hatten, klobige Gebilde wie Schwalbennester, die ihn unangenehm an kleinere Nachahmungen der Hängenden Städte erinnerten. Weil die Vogelmenschen aus eigener Kraft nicht mehr fliegen konnten, hatten sie die kokonartigen Unterkünfte durch zahllose Hängebrücken und Treppen verbunden. Alle Spalten, die hier im Mittelpunkt zusammenkamen, waren mit diesem Netz aus Seilen, Planken und schwingenden Leitern verwoben, ein unübersichtliches Gewirr wie Spinnenetze in den Mauerspalten alter Häuser.
    Die tiefste Kluft im Zentrum mochte einen Durchmesser von gut hundert Metern haben. Hier führten Stege, Strickleitern und in den Stein gehämmerte Stufen lediglich an den Wänden entlang, nicht aber quer hinüber wie in den angrenzenden Spalten. Am Boden

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