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Sturms Flug

Sturms Flug

Titel: Sturms Flug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Quandt
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die Worte. In seiner Vorstellung sah er den dicken Leib auf das Pflaster schlagen und zerplatzen wie eine überreife Wassermelone. Er zitterte, und das lag gewiss nicht nur an dem eisigen Wind, der durch die offene Tür strich. In weiter Entfernung entdeckte er einen Hubschrauber, der gleich neben dem Tower schwebte. Dieser war spiegelverglast und hatte die Form eines Trichters. Ob der Hubschrauber Scharfschützen brachte, die auf dem Dach des Towers in Stellung gehen würden, um Asad durch die Fadenkreuze ihrer Präzisionsgewehre anzuvisieren?
    Ein neuer Gedanke manifestierte sich in seinem Kopf, nämlich der Plan, den Verbrecher aus dem Flugzeug zu stoßen. Wie einfach es war, jemanden, der in der Türöffnung stand, nach draußen zu befördern, hatte er vor wenigen Augenblicken am eigenen Leib erfahren. Vielleicht konnte er den Schweinehund dazu bringen, genau diese Position einzunehmen …
    »Da!«, hörte er sich plötzlich ausrufen. Wie von selbst ruckte sein Arm in die Höhe und deutete in Richtung Flughafengebäude, wo der Hubschrauber gerade aufsetzte. »Da ist ein Polizeiwagen! Er kommt geradewegs auf uns zu!«
    Das war natürlich gelogen.
    »Was? Lass mal sehen!«
    Wie erwartet, nein, wie erhofft, zerrte Asad ihn nach hinten, um seinerseits den Platz in der ersten Reihe einzunehmen. Dort mühte er sich, die an einem Riemen über seiner Schulter baumelnde Maschinenpistole nach vorn zu schwingen, was ihm jedoch nicht auf Anhieb gelang. Er machte einen neuen Versuch, der sogar noch ungelenker war als der erste und seine volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
    Bernd spürte, wie ihm der Puls vor Aufregung gegen die Schläfen hämmerte. Das war die Gelegenheit, den Mistkerl loszuwerden, und es war so verdammt einfach gewesen, sie herbeizuführen. Vor seinem geistigen Auge erschien eine Zeitung mit der Schlagzeile: Der Held aus Köln Bernhard V. (43) vereitelt Flugzeugentführung im Alleingang. Hanna würde sprachlos sein, wenn sie unter einem solchen Aufmacher sein Konterfei entdeckte.
    Die aberwitzige Vision verschwand, als in ihm die Frage aufglomm, was wohl die übrigen drei Luftpiraten tun würden, wenn er Asad aus der Maschine warf. Einer von ihnen hielt im Cockpit Wache, während sich die anderen beiden im hinteren Teil der Maschine befanden. Doch irgendwann würden sie begreifen, dass etwas nicht stimmte, und ihre Reaktion würde keine freundliche sein. Mit der Pistole und diesen ekelhaften Hackmessern verfügten sie über ein mörderisches Waffenarsenal, und Bernd wollte nicht erleben, was geschah, wenn sie es zum Einsatz brachten.
    Er warf Ernestine einen fragenden Blick zu. Die Frau mit dem kohlschwarzen Haar stand unbeirrt hinter ihm in der Enge der Bordküche. Auch Grietje war noch da. Die beiden erwiderten den Blick, und in ihren Gesichtern konnte er lesen, dass sie haargenau wussten, was er plante. Allerdings meinte er auch die gleichen Bedenken zu sehen, die ihm selbst durch den Kopf gingen. Keine von beiden sagte etwas, doch Ernestine schien kaum merklich den Kopf zu schütteln.
    Plötzlich knallte es.
    Er glaubte, seine Trommelfelle müssten platzen, so laut war die Salve, die Asad mit der Maschinenpistole abfeuerte. Die Mündung der Waffe zeigte nach draußen, in Richtung Tower, während die messingfarbenen Patronenhülsen durch die Bordküche sausten. Augenblicklich stieg Pulverrauch auf, der Hustenreiz verursachte und sich binnen weniger Sekunden zu einem regelrechten Nebel verdichtete. Doch schlimmer als der Rauch war der Krach, der ihn zwang, sich die Ohren zuzuhalten.
    Asad hielt sich nicht die Ohren zu, sondern brüllte wie geisteskrank und ballerte immer weiter, wobei Bernd nicht die leiseste Ahnung hatte, was er da unter Feuer nahm. Der heranbrausende Polizeiwagen konnte es jedenfalls nicht sein, denn der war eine Erfindung gewesen, nur ein Vorwand, um den Verbrecher an die Tür zu locken. Das Rollfeld war vollkommen leer, die Flughafengebäude mindestens einen halben Kilometer entfernt. Wahrscheinlich, dachte Bernd, lagen die Nerven des Afrikaners blank, auch wenn er sich äußerlich gelassen gab. Demnach war ihm jedes Ventil recht, Dampf abzulassen, sodass ihm ein imaginärer Polizeiwagen gerade zupass kam. Oder er wollte mit der Ballerei einfach nur den starken Mann markieren.
    Endlich war das Magazin leer.
    Das Klingeln in den Ohren war noch nicht vorbei, als der Kerl aus dem Cockpit herbeistürzte. Asad versicherte ihm, dass alles in Ordnung sei, und schickte ihn sofort zurück

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