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Sturmsegel

Sturmsegel

Titel: Sturmsegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corina Bomann
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helfen.«
    Martens machte auf dem Absatz kehrt.
    Als er fort war, blickten sich die Halbgeschwister noch einmal kurz an. Keiner von ihnen hatte vor, sich zu entschuldigen oder nachzugeben.
    Der Kampf hatte erst begonnen.
    *
    Wie Anneke es nicht anders erwartet hatte, war Sanne entsetzt darüber, dass sie sich in dem feinen Kleid geschlagen hatte.
    »Eine Dame prügelt sich nicht!«, belehrte sie Anneke und brummte ihr zur Strafe auf, noch vor dem Abendessen diesen Satz wieder und wieder auf grobes Packpapier zu schreiben, das sie selbst aus dem Kontor holen musste. Erst, als Sanne meinte, dass es genug sei, durfte das Mädchen vom Schreibpult aufstehen.
    Der gute Teil ihrer Bestrafung war, dass sie anschließend das Kleid und die Schnürbrust ausziehen und in ihr altes Kleid schlüpfen musste. Sanne tat so, als sei das ganz furchtbar, aber Anneke konnte ihre Freude darüber nur schwer verhehlen.
    Beim Abendessen war es totenstill am Tisch.
    Anneke hatte keinen Hunger, denn die Sorge um das Huhn schnürte ihr den Magen zu.
    Während sie lustlos auf dem Schmalzbrot herumkaute, bemerkte sie den Blick ihres Halbbruders. Die Schramme an seiner Wange leuchtete rot wie Zinnober und in seinen Augen funkelte Verachtung. Nur die Anwesenheit des Vaters hielt ihn wohl davon ab, sie zu fragen, ob ihr das Essen nicht passte. Dabei liebte sie Graupensuppe und auch Schmalzbrote. Doch wie sollte sie es sich schmecken lassen an einem Tisch, an dem sie nur teilweise willkommen war?
    Der Kaufmann tat so, als würde er sich ausschließlich um seine Mahlzeit kümmern, aber in Wirklichkeit behielt er seine Sprösslinge genau im Auge.
    »Hast du deinem Huhn schon Futter gegeben, Anneke?«, fragte er plötzlich. Anneke blickte hinüber zu Hinrich, der seinen Blick jetzt wieder auf seinen Teller gerichtet hatte.
    »Nein, bis jetzt noch nicht«, entgegnete sie dann und versuchte, dem Blick ihres Vaters auszuweichen.
    »Du kannst ihm etwas von der heruntergefallenen Kleie geben«, fuhr ihr Vater scheinbar unbeteiligt fort. »Die kann ich ohnehin nur noch als Futter verkaufen.«
    Anneke senkte schuldbewusst den Kopf. »Es tut mir leid.«
    Der Kaufmann nickte dazu nur.
    Tatsächlich holte sich Anneke nach dem Abendessen die Kleie und stellte sie neben die Kammertür. Irgendwann würde herauskommen, dass das Huhn nicht mehr da war. Und vielleicht würde ihr Vater sie schelten, dass sie ihm nicht von seinem Verschwinden erzählt hatte. Aber die Genugtuung, dass Hinrich sie neben einem Hurenbalg und Bastard auch noch eine Verräterin schelten konnte, wollte sie ihm nicht verschaffen.
    Als es dunkelte, lag Anneke auf ihrem Bett und dachte darüber nach, wie dieser ereignisreiche Tag verlaufen war.
    Diesmal war es eher Enttäuschung, die sich in ihrem Inneren breitmachte. Einsam fühlte sie sich zwar auch, aber die Wut auf ihren Halbbruder war stärker und hielt die Tränen im Zaum.
    Wenn man in einem reichen Haus lebte, das wusste sie nun, gab es viele Verpflichtungen und Schwierigkeiten. Noch schlimmer wurde es, wenn es in der Familie jemanden gab, der einen nicht mochte.
    Warum ist Hinrich bloß so gemein zu mir?, fragte sie sich und dachte wieder daran, dass ihre Mutter den Kaufmann nicht heiraten hatte wollen. Hatte sie geahnt, was sie hier erwartete?
    Immerhin hatte sie eine Wahl gehabt. Anneke nicht. Die Alternativen waren das Waisenhaus oder allein in der Hütte zu hausen. Weder das eine noch das andere würde ihr Vater zulassen.
    Nachdem sie noch eine Weile dagelegen und nachgedacht hatte, erhob sie sich wieder, trat ans Fenster und öffnete es.
    Im letzten Abendlicht konnte man die Heilgeiststraße nur teilweise erkennen. Der Kirchturm von St. Jakob reckte sich trutzig in den roten Abendhimmel.
    Irgendwo dort draußen saß Marte gerade mit ihrer Familie zusammen. Ihre kleinen Brüder zupften sie am Rock, den größeren konnte sie beim Streiten zusehen. Und vielleicht half sie ihrer Mutter dabei, die Aussteuer für ihre Schwester noch ein wenig zu verschönern.
    Plötzlich kratzte etwas an ihrer Tür.
    »Herein«, sagte sie, in der Annahme, dass Sanne sie wie in der vergangenen Nacht besuchen wollte. Doch nichts rührte sich.
    Hatte sie sich verhört? Oder wollte ihr Hinrich einen neuen Streich spielen?
    Zunächst war sie entschlossen, nicht zur Tür zu gehen, doch ihre Neugierde siegte schließlich.
    Als sie die Tür öffnete, stand niemand davor. Anneke wollte sie schon wieder zuschlagen, da bemerkte sie ein Stück von dem braunen

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