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Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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die Augen und ich bin einfach nur glücklich.
    So müsste es immer sein.

KEIN GUTER BRUDER
    Gleich kriegen wir den Musiktest raus. Mein Kommentar: Sch… Ich kam an dem Tag, an dem ich eigentlich noch lernen wollte, erst um sieben nach Hause. Und um halb sieben ist Abendessenszeit. Da hab ich anwesend zu sein.
    Es gab natürlich Stunk. Warum, konnte ich nicht ganz verstehen - es war ja nicht das erste Mal, dass ich zu spät gekommen bin. Und es war nur eine halbe Stunde. Außerdem wussten Mama und Papa, wo ich gewesen war - im Stall. Wo sonst. Warum schaute Papa mich so müde und verkniffen an?
    Als ich mich dann damit gerechtfertigt hatte, dass ich noch fürs Turnier im Spätsommer trainiert habe (was gelogen war, das gebe ich ja zu) und dass die Box elend dreckig war, sagte Mama nur: »Wenn sich das auf deine schulischen Leistungen niederschlägt, ist eben Schluss mit der Reiterei. Wir finden bestimmt jemand anderen für Damos.«
    Ich brauchte ein paar Sekunden, bis ich ihre Worte begriffen hatte. Doch dann reagierte ich. Im Nachhinein vielleicht albern, aber wenn ich mal wütend bin, seh ich oft rot.
    Ich knallte mein volles Glas an die Wand und schrie: »Wie kannst du nur! Du verstehst ja gar nichts!«
    Damit meinte ich Mama, nicht Papa, aber statt Mama wurde Papa sauer und fing ebenfalls an zu brüllen. Das passiert nicht oft, und ich bin so erschrocken, dass mir auch noch klirrend Messer und Gabel runterfielen. An der Tapete, dort, wo das Glas zerschellt war, bildete sich ein nasser Fleck, und überall auf dem Tisch und auf dem Boden lagen Scherben.
    »Geh sofort auf dein Zimmer!«, fuhr Papa mich an.
    »Glaubst du denn, ich will noch bei euch sitzen bleiben?«, brüllte ich zurück. Ich rannte die Treppe hoch, stolperte auf der zweiten Hälfte, fiel zu allem Überfluss hin und legte mich in meinem Zimmer sofort aufs Bett. Mit den dreckigen Klamotten und dem aufgeschlagenen Knie. War mir doch egal.
    Das konnte Mama nicht so gemeint haben, redete ich mir ein. An etwas anderes wollte ich gar nicht denken. Die darf mir doch meinen Damos nicht wegnehmen. Würde sie das wirklich tun? Nach so kurzer Zeit?
    Ich wollte alleine sein, niemanden mehr hören und sehen. Eigentlich auch nicht Lissi, die zu mir ins Zimmer kam. Sie wollte mich wohl trösten.
    Ich drehte mich von ihr weg und schaute die Wand an. Ich spürte, dass sie sich neben mich aufs Bett setzte. Der Lattenrost quietschte leise und ich roch ihr Parfüm.
    »Das war ja wieder ‘ne Nummer«, sagte sie schließlich, und ich konnte hören, dass sie dabei schmunzelte. Ich fand das gar nicht witzig. Also schwieg ich. Obwohl ich es irgendwie auch schön fand, dass sie bei mir war.
    »Musst du immer gleich etwas durch die Gegend schmeißen?«, hakte sie nach und zog dabei an einer meiner Locken. Wütend drehte ich mich zu ihr um und setzte mich auf.
    »Wenn die mir Damos wegnehmen, dann - dann …« Ich wusste nicht, was dann wäre. Ich konnte mir das nicht einmal vorstellen. Damos und ich, wir gehören einfach zusammen. Das dürfen sie nicht tun. Wir sind ein Team.
    »Ach Tom, sie werden dir schon nicht verbieten, zu Damos zu gehen«, sagte Lissi. Das tröstete mich etwas. Lissi würde mich nicht anlügen. Das weiß ich. »Und Mama hat ja auch nicht gesagt, dass sie ihn dir wegnehmen will. Sondern nur vielleicht jemand anderen finden, der ihn reitet.«
    »Nein. Nein! Ich will nicht, dass sich jemand anderes auf Damos setzt. ICH will ihn reiten!«, rief ich und merkte, dass ich den Gedanken wirklich ganz grässlich fand. Jemand anderes auf Damos. Am Ende eins von diesen kichernden Mädels aus dem Voltigieren, die ihm immer Möhren bringen. Die warten ja nur auf so eine Gelegenheit. Niemals.
    »Ich reite ihn doch auch manchmal«, sagte Lissi und grinste mich an.
    »Ja, du. Das ist etwas anderes. Du darfst ihn reiten. Aber sonst niemand.«
    Ich verschränkte die Arme und schaute auf den Boden. Es war verdammt schwer, nicht zu lächeln, wenn Lissi neben mir saß.
    Aber was mich wirklich beschäftigte: Mamas Bemerkung war die eine Sache. Aber was Papa da abgezogen hatte, konnte ich nicht vergessen. Musste er denn gleich so ausrasten? War er etwa auf Mamas Seite - und das, obwohl er früher selbst Pferde gehabt hatte und weiß, wie sehr ich an Damos hänge?
    Als hätte Lissi meine Gedanken erraten, wurde sie plötzlich ernst.
    »Und, Tom, wegen Papa - der wollte dich bestimmt nicht so sehr anschreien. Aber…« Sie brach ab und schaute mich aufmerksam an.
    »Was?«,

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