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Sturmsommer

Sturmsommer

Titel: Sturmsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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gemacht zu haben. Es war zu heiß, um mit Damos zu arbeiten. Ich habe ihn nicht mal geritten; hab ihm nur ein Halfter angelegt und bin mit ihm spazieren gegangen, zusammen mit Henri. Anfangs konnte ich Henri ja nur mit Mühe und Not davon überzeugen, dass ein Pferd kein grausames Ungeheuer ist. Aber jetzt trabt er immer fröhlich mit, wenn ich ausreite.
    Vergangenen Sommer habe ich im Wald eine wunderschöne Lichtung entdeckt, eine Wiese, umgeben von Bäumen, gerade groß genug, damit Damos ein wenig herumlaufen kann, aber zu klein, als dass er mir verloren gehen könnte. Hier sind wir auch heute wieder.
    Henri hat sich in den Schatten unter einen Baum gelegt und hechelt. Ich hab mich auf Damos’ Rücken geschwungen und zurückgelehnt. Ich liebe es, so dazuliegen. Blick in den Himmel. Es ist keine Wolke zu sehen. Oben kreist ein Raubvogel und weiter entfernt höre ich Schwalben kreischen. Mein Lieblings-Sommergeräusch.
    Meine Gedanken jagen sich immer noch, und trotzdem fühle ich mich irgendwie leer. Ich hatte die ganze Zeit ein Ziel, auf das ich hingearbeitet habe. Ja, ich habe es geschafft, sogar gut, besser, als ich jemals zu träumen gewagt hatte. Ich bin Tanja los, ich darf in die Ferien, zusammen mit meinen Freunden, aber es fehlt etwas. Ist es, weil Lissi weggeht?
    Ich müsste mich federleicht fühlen und vor Freude platzen. So hatte ich mir das jedenfalls vorgestellt. Dass ich, wenn ich eine anständige Note schreibe, mit Damos durch den Wald jage, mit meinen Freunden im See tobe und das Grinsen gar nicht mehr aus dem Gesicht bekomme.
    Aber so ist es nicht.
    Die Sonne brennt zu sehr. Ich steige ab und lasse mich in das weiche Gras fallen. Damos schaut verwundert zu mir runter und schreitet gemächlich auf den schattigen Rand der Lichtung zu. Ich folge ihm und lehne mich an einen Baum. Henri liegt wie abgeschossen im Unterholz und schnauft wieder einmal, als würde er die ganze Last der Welt auf seinen Hundeschultern tragen.
    Na ja, es ist ja nicht ganz so, dass ich gar kein Ziel mehr habe. Da gibt es noch eine Sache. Toni und das Reiten. Genau. Ich weiß, dass er es fertigbringen würde, nach den ersten Tagen nach Hause zu fahren, wenn er keine Erfolgserlebnisse hat. Doch Damos hat zu viel Temperament für ihn. Die beiden verstehen sich nicht.
    So wie jetzt kann ich ihn aber auch nicht mitfahren lassen. Ein kühler Windhauch fährt mir übers Gesicht. Das ist angenehm. Mir fallen die Augen zu. Sofort sind tausend Bilder da, wie immer in letzter Zeit. Die Mathearbeit mit der Drei drauf. Jens’ Gesicht. Dieses gemeine Grinsen. Tanjas rote Haare. Tanja auf Meteor.
    Meteor? Ich werde schlagartig wach und ärgere mich, dass sich Tanja wieder in meine Gedanken geschlichen hat. Trotzdem - Meteor ist die Lösung! Wenn alle Schulpferde belegt sind, wird immer Meteor genommen, auch für die kleinsten Anfänger-Mädchen. Weil er keiner Fliege etwas zuleide tut. Er ist ein sanfter Riese. Ich muss Toni nur irgendwie da raufbringen, dann wird Meteor schon verstehen, was mit ihm los ist. Und sich auf ihn einstellen. Meteor ist ein Frauenpferd, wie Dörte immer zu sagen pflegt, und ein Frauenpferd müsste für Toni genau das Richtige sein.
    Jetzt habe ich neue Energie. Ich steige auf und treibe Damos ohne Sattel im Schritt zurück. Manchmal mag ich das, alle Knochen und Muskeln des Pferdes zu spüren und mich richtig in seinen Rücken hineinzuschmiegen.
    Im Stall frage ich Dörte sofort, ob sie mir ihr Handy leiht. Meins habe ich mal wieder vergessen. Ich hab’s sowieso nicht gerne dabei beim Reiten, weil Damos sich sogar erschreckt, wenn es nur vibriert.
    »Aha - du willst also telefonieren? Das klingt nach frisch verliebt«, frotzelt sie.
    »Ich rufe Toni an«, sage ich so streng wie möglich.
    »Du willst ihn doch nicht wieder auf Damos setzen, oder?«, grinst sie.
    Toni geht ran. »Hi, ich bin’s, komm bitte mal in den Stall, ich hab eine Idee.«
    »Tom, wir hatten gesagt, nicht heute, oder?«, nörgelt er.
    »Jetzt bitte, komm her, ich verspreche dir, dass du Damos nicht reiten musst«, sage ich und lege auf. Ich kenne Toni, er wird in einer Viertelstunde hier sein. Er ist viel zu neugierig, um nicht herzukommen. Und die kleine Halle ist noch eine Stunde frei.
    »Was hast du vor?«, fragt Dörte.
    »Meteor«, sage ich nur und mache Damos an der Stallmauer fest, um ihn nun doch zu satteln und zu trensen. Ich werde die Gelegenheit nutzen und auch noch ein wenig arbeiten.
    »Meteor? Aber der…?«
    »Ist Tanja etwa

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