Sturmwelten 01
rauer geworden, sodass ihr kleines Gefährt auf den Wellen tanzte. Noch vor wenigen Wochen hatte Jaquento das Rudern in den Muskeln seiner Arme und seines Rücken deutlich gespürt, wenn er während der Freiwachen in seiner Hängematte lag, doch inzwischen hatte er sich an die harte Arbeit an Bord der Schiffe gewöhnt: Rudern, Segel setzen und reffen, am Gangspill arbeiten und vielerlei Handgriffe mehr, die alles forderten, aber seinen Körper auch kräftiger machten. Noch immer war Rudern in dieser Geschwindigkeit anstrengend, und trotzdem war er sich sicher, dass seine Arme morgen nicht schmerzen würden.
Aus den dunklen Wolken ergoss sich ein kurzer, unangenehm warmer Schauer, der sie alle durchnässte. Doch schon bald legten sie an der Todsünde an und kletterten hinauf an Deck. Selbst Tareisa erklomm das schwankende Netz allein, auch wenn ihr schwarzes Kleid sicherlich wenig geeignet dafür war.
Jaquento, der als Erster über die Schanz sprang, ballte die Fäuste. Diesen Moment hatte er nicht herbeigesehnt, aber er hielt seine Miene ausdruckslos und trat vor, auf Deguay, Quibon und Rahel zu, die am Hauptmast auf die Neuankömmlinge warteten. Die fünf Schritte bis zu ihnen waren lang, doch Jaquento hielt sein Haupt erhoben und machte erst eine kleine, spöttische Verbeugung, als er sie schon beinahe erreicht hatte.
»Ah, Jaq«, sagte der Kapitän. »So quicklebendig wie ein Fisch im Wasser. Hast du deinen Ausflug nach Lessan genossen?«
Ohne Rahel anzusehen, nickte Jaquento knapp. Dann war Pertiz heran und tippte sich grinsend an die Stirn: »Melde gehorsamst: Alle Aufträge ausgeführt. Ayvon hat abgeheuert, unsere Leute sind auf der Windreiter .«
» Windreiter ? Sehr poetisch, Pertiz. Dann sollten wir Mano und die anderen schnell zu uns hinüberschaffen, damit wir alle wieder auf die Jagd gehen können.«
»Ja. Allerdings gibt es vorher noch etwas«, erklärte Pertiz und deutete hinter sich. »Darf ich dir jemanden vorstellen? Kapitän Deguay: Das ist Tareisa. Die edle Dame hat ein Angebot für uns, das sie dir persönlich unterbreiten möchte.«
»Ein Angebot?«, murmelte Deguay, während er die Frau aufmerksam musterte. Jaquento seinerseits guckte zu Rahel, die seinen Blick jedoch nicht erwiderte. Dafür starrte Quibon ihn so hasserfüllt an, als wolle er jeden Moment zu seinem Entermesser greifen und über den jungen Hiscadi herfallen.
»Gehen wir also in meine Kajüte. Quibon, besorg uns etwas von dem guten Roten und komm dann nach, ja?«
Gelassen folgte Jaquento Deguay hinab in den düsteren Bauch des Schiffes und setzte sich gemeinsam mit den Offizieren an den Tisch des Kapitäns. Ihm gegenüber nahm Rahel Platz. Einen Moment lang glaubte er, dass ein Lächeln ihre Mundwinkel umspielte, aber vielleicht war es auch nur die kleine Narbe, die diesen Eindruck erweckte. Sie nickte ihm zu, nicht unfreundlich, aber auch nicht mehr als höflich.
»Wein kommt gleich«, eröffnete Deguay das Gespräch. »Der gute Pertiz hat schon eine höchst undurchsichtige Andeutung ob Eurer Anwesenheit gemacht, und natürlich sterbe ich beinahe vor Neugier.«
»Vielen Dank, dass Ihr mich an Bord Eures Schiffes willkommen heißt, Capitane Deguay. Wenn Ihr mir erlaubt, will ich alles Wortgeplänkel vermeiden und gleich zur Sache kommen«, erwiderte Tareisa. Als Deguay nickte, fuhr sie fort: »Meine Auftraggeber sind an einem speziellen Schiff interessiert oder, genauer gesagt, an der Ladung des besagten Schiffes. Sie sind bereit, Euch und Eurer Mannschaft eine hohe Belohnung anzubieten, wenn Ihr dieses Schiff aufbringt und die Ladung vollständig und unbeschädigt an uns übergebt.«
»Was für eine Ladung? Eure Beschreibung klingt weiterhin mysteriös.«
»Meine Auftraggeber würden Euch dafür bezahlen, Eure Neugier im Zaum zu halten. Ich bin sicher, dass der Verlust an möglichem Wissen entsprechend vergolten werden kann.«
»Ich nehme an, dass dieses Wissen sich auch auf die Natur Eurer Auftraggeber bezieht?«
»Selbstverständlich. Allerdings kann ich Euch versichern, dass sie sehr einflussreich sind. Ich habe mit ihnen Rücksprache gehalten, während ich an Bord der Windreiter war«, berichtete Tareisa leichthin. Neben sich spürte Jaquento, wie Pertiz sich versteifte. Als Maestra mochte sie mit unbekannten Personen Kontakt aufgenommen haben; sie konnte ihre Position verraten haben, Informationen weitergegeben und alle an Bord gefährden. Deguay indes schien keinesfalls beunruhigt, sondern eher fasziniert zu
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