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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Schmerz grub sich in ihren Knöchel. Sie sog scharf die Luft durch die Zähne. Doch was sie erst für einen Biss gehalten hatte, war nur ein heftiger Zug an ihren Fesseln. Sie gruben sich kurz tiefer in ihre geschundene Haut. Dann wieder. Unvermittelt war Tareisa hellwach. Sie bewegte sich nicht. Eine winzige Berührung an ihrem Bein, dann setzte der Schmerz wieder ein. Diesmal hörte er nicht auf; es war, als ob jemand an den Fesseln arbeiten würde.
    »Hallo?« Ihre Stimme klang rau und kehlig, fremd in ihren eigenen Ohren.
    Es gab keine Antwort, weder in Worten noch auf andere Art und Weise. Die Maestra konnte nicht glauben, dass dort ein Mensch sein sollte. Zu leicht waren die Berührungen, sie fühlten sich nicht nach Händen an. Dennoch keimte eine wilde Hoffnung in ihr auf, zu stark, um sich von ihrer Vernunft einfach ersticken zu lassen. Vielleicht ist hier wirklich noch jemand mit mir eingesperrt? Hat ein Mitglied der Besatzung überlebt und sich hier verborgen?
    »Wer ist da?«
    In diesem Moment lösten sich die Fesseln von ihren Knöcheln, und Blut schoss unter willkommenen Schmerzen in ihre Füße, ließ sie kribbeln und brennen – und Tareisa sich lebendig fühlen. Etwas sprang über sie, kleine Pfoten, die
über ihren Körper trippelten. Sie zuckte zurück, und die Berührung verschwand, aber dann zerrte jemand – oder etwas -an den Fesseln an ihren Händen. Was immer dieses Wesen war, eine Ratte war es gewiss nicht.
    »Was tust du? Wer bist du?« Die Ungeduld, gemischt mit Freude und Erwartung, ließ die Maestra hin und her zappeln wie einen Fisch im Netz. Mehrfach hörte das Ziehen an ihren Händen auf, nur um dann wieder von neuem zu beginnen.
    Tareisa konnte kaum fassen, was geschah. Fast glaubte sie, dass der alte Mann ihr half; seinem Wissen um das Arsanum und seiner Beherrschung der Vigoris traute sie beinahe alles zu, auch, dass er sie hier im Bauch des Schiffes am anderen Ende der Welt gefunden hatte.
    Aber sie konnte noch immer den Sog spüren, der von der Kiste in den Eingeweiden des Schiffs ausging, und sie wusste, dass es vollkommen unmöglich war, dass jemand so nah daran Vigoris gezielt einsetzte, selbst er nicht. So groß seine Macht auch sein mochte, sie wurde doch aus derselben Quelle wie alle magische Macht gespeist, und die Ladung des Schiffes wirkte wie ein Sog darauf, ein schwarzer Wirbel, der alle Vigoris einfach verschluckte.
    Sie selbst hätte nicht einmal die einfachste Magie wirken können, da alle Macht, die sie in einen Zauber hineingelegt hätte, ihr sofort entrissen worden wäre.
    Doch wer immer oder was immer es war, der oder das sich an den Seilen an ihren Handgelenken zu schaffen machte, ihre Fesseln lockerten sich erst, dann spürte sie, wie einzelne Fasern nachgaben, und schließlich konnte sie die Hände frei bewegen. Wieder erklang das Trippeln der Füße auf dem Holz, ein Geräusch wie von den Krallen einer Katze.
    Sie richtete sich auf, löste die Haube und zog sie sich vom Kopf, massierte ihre Handgelenke und dachte nach. Was sie
als Erstes brauchte, war Licht. Und dann eine Möglichkeit, aus der Brig zu entkommen. Und einen Blick auf das Wesen, das mir gerade geholfen hat, verdammt nochmal.
    Aber sie hütete sich davor, ihren Retter durch Flüche zu verärgern. »Danke« war alles, was sie sagte.
    Sie spürte eine Berührung an der Wange, und diesmal zuckte sie nicht zurück, sondern lehnte sich dagegen. Nein, keine Ratte. Sie spürte raue, schuppige Haut, die über ihre strich, dann war das Gefühl verschwunden.
    Etwas sagte ihr, dass ihr seltsamer Helfer fort war.
    Auch wenn ihre Hände und Füße noch schmerzten, kniete Tareisa sich hin, dann stand sie vorsichtig auf. Sie tastete ihre Umgebung ab; die Balken des Decks waren direkt über ihr, und der gesamte Raum maß nur wenige Schritt im Durchmesser. Ein schmutziges kleines Loch.
    Es tat unendlich gut, sich zu bewegen, und sie schüttelte ihre Gliedmaßen aus, ließ die Schultern kreisen und reckte sich, während sie darauf hoffte, dass sie ihr Gleichgewicht wiederfand.
    Die schnelle Untersuchung ihres Gefängnisses brachte keine neuen Erkenntnisse. Es gab nichts, was ihr helfen konnte. Die Brig war leer und die Tür fest verschlossen. Dennoch fasste sie einen Plan. Zwar erschien er ihr wagemutig, aber ihre Optionen waren beschränkt, und es würde nicht ewig dauern, bis ihre Häscher herausfanden, dass sie von ihren Fesseln befreit war.
    Sie stellte sich neben die Tür. Zunächst rief sie sich die

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