Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
Bändern darin, in die blinkende Stückchen Metall oder Muschelschale gewebt waren. Zwei der Jünglinge hatten Bogen in den Händen und je drei Pfeile, aber die Sehnen waren nicht eingelegt und die Bogen klein und wohl eher für die Jagd auf kleines Wild geeignet.
Der junge Maestre redete einfach drauflos. Er deutete auf die Imperial und nannte den Namen des Schiffes. Dann deutete er auf sich und auf Thyrane und erklärte, warum sie hier waren.
»Ihr werdet guten Handel mit den Blassnasen treiben können«, versprach er schließlich mit verschwörerischer Miene. Hier musste Sinao kichern. Würden die fünf ihn nicht auch als Blassnase ansehen?
Die Paranao musterten die Fremden unschlüssig und stellten Manoel einige Fragen nach seinen Begleitern, die er wahrheitsgemäß beantwortete.
»Nein, die Blassnasen hier bei mir können nicht in eurer Sprache sprechen. Das Mädchen? Ja, natürlich kann sie es. Warum wir hier sind? Wir suchen Rayo. Ist sie noch immer die Cacique dieser Insel?«
Der größere der beiden Bogenträger nickte und brummte zustimmend. Alle schienen von Manoels Redefluss überwältigt zu sein, aber er ließ sich davon nicht stören.
»Gute Nachrichten«, rief er über die Schulter zurück. »Sie lebt noch, und sie ist im Yucayeque.«
»Im was?«, bellte Thyrane zurück, der beim Boot geblieben war und das ganze Begrüßungsgespräch nicht sehr freundlich beäugte.
»Im Dorf, Admiral. Es ist nicht weit: durch das Waldstück hier, dann einen kleinen Hügel hoch und direkt im Tal dahinter. Keine halbe Stunde Fußmarsch.«
»Sind wir denn hier willkommen?«
Manoel wandte sich wieder an die Paranao und übersetzte die Frage, nicht ohne dabei zu erwähnen, dass die Blassnasen deswegen so furchtbar steif dastünden, weil sie alle Stöcke im Allerwertesten hätten. Die beiden jungen Krieger verzogen keine Miene, aber die anderen drei prusteten los, und auch Sinao musste kichern.
»Ihr alle seid Gäste der Cacique.«
Manoel nickte fröhlich, dann kehrte er zu Sinao zurück.
»Willkommen! Heute Abend gibt es bestimmt ein Fest zu unserer Begrüßung. Das wird lustig!«
Während der Admiral Befehle gab und seine Leute einteilte, sah Sinao nervös zu den Paranao hinüber, die das Treiben der Fremden mit kaum verhohlener Neugier beobachteten. Das dumpfe Gefühl in ihrer Magengrube verstärkte sich, als sie die fünf musterte. Plötzlich wurde sie sich ihrer Kleidung bewusst, der einfachen Hosen und des ebenso simplen Hemdes, die sie mehr wie eine Blassnase als wie eine Paranao aussehen ließen. Ihr Haar war nach Art der Thayns frisiert, sie trug ihre Kleidung, und sie fuhr mit ihnen auf dem großen Schiff. Sie sprach ihre Zunge, und sie kannte mehr Blassnasen als Paranao. Vielleicht wissen sie nicht, wer ich wirklich bin. Und vielleicht weiß ich das ebenso wenig.
In diesem Moment wünschte sie sich nichts mehr, als ihre Blassnasen-Kleidung abzustreifen und zu den Paranao zu treten.
THYRANE
In der Hütte war es stickig. Zwar zog der Rauch durch eine Öffnung im Dach ab, aber Thyrane hatte den Verdacht, dass es durchaus Absicht war, ein wenig Rauch im Raum zu behalten, denn er roch würzig und stark, als würde dort nicht nur Holz verbrannt. Es waren dennoch eher die warme Luft und die Anwesenheit von einem Dutzend Menschen, die dafür sorgten, dass der Admiral in seiner Gala-Uniform schwitzte. Innerlich verfluchte er sich für die Wahl des unbequemen Kleidungsstücks, aber es war ihm vernünftig erschienen, da er die Eingeborenen beeindrucken wollte. Jetzt, in der Hütte, umgeben von Menschen, die allesamt leicht oder kaum bekleidet waren, kam ihm die Entscheidung weniger sinnvoll vor.
Neben ihm saßen Manoel und Sinao. Zur Abwechslung war er es, der sich fremd fühlte und angestarrt wurde. Bislang hatten die beiden bei ihren Nachforschungen stets die fragenden Blicke geerntet, jetzt sah der Admiral sich ihnen ausgesetzt. Es war Thyrane falsch vorgekommen, noch mehr Begleiter von der Imperial mitzunehmen, und deshalb musste er nun die ganze verdammte Marine allein repräsentieren.
Allerdings war Manoel weitaus gesprächiger als Sinao, und als Thyrane sie einen Moment lang aus dem Augenwinkel beobachtete, erkannte er, dass sie sich nicht viel weniger
fremd fühlte als er. Seltsam, sollte es ihr nicht leichterfallen, hier zu sein und mit ihren Leuten zu sprechen?
»Rayo versteht deine Sprache«, erklärte Manoel gerade. »Also unsere. Aber im Notfall kann ich auch übersetzen, denke
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