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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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seinen Augen flackerte Angst, dennoch hob er den Kopf und straffte die Schultern.
    Unzer war schon wieder damit beschäftigt, den übereifrigen Wolfgang davon abzuhalten, mit seinem Gewehr 98 in Richtung französischer Haubitzen- und Mörserbatterien zu feuern, während Hillgart den jammernden in sich zusammengesunkenen Heinz ignorierte.
    »Oettinger?« Der Rothaarige hob den Kopf und blickte Hannes aufmerksam an. Im Lärm der immer engmaschiger werdenden Detonationen und über sie hinwegpfeifenden Geschosse war er nicht in der Lage, seinem Zugführer zu antworten.
    »Behalten Sie Ihr Genie da drüben im Auge. Hillgart ist ein guter Soldat, taugt vermutlich aber nicht als Kindermädchen.«
    »Jawohl, Herr Leutnant.«
    »Verdammt, bleib unten! Du brauchst im Graben nicht zu salutieren oder die Hacken zusammenzuschlagen. Mir ist es lieber, ich höre, dass du meinen Befehl verstanden hast!«, brüllte Hannes über den Geschützdonner hinweg.
    »Ich behalte Landser Heinz im Blick, Herr Leutnant.«
    Hannes nickte und lehnte sich mit dem Rücken gegen die dem Feind zugewandte Grabenwand. Die Artillerien sollten sich erst mal austoben.
    Der Beschuss dauerte an. Weiter südlich schlug eine Granate mitten in den Graben ein und riss ein gewaltiges Loch. Die hereinbrechende Dunkelheit verschonte Hannes’ Männer vor dem Anblick von Leichenteilen. Aber die Geräusche von hastig eingesetzten Schaufeln verrieten, wie verzweifelt die Männer des dort liegenden Zugs nach in den Liegestellungen Verschütteten suchten.
    Kurz nachdem sich eine beängstigend vollkommene Dunkelheit ausgebreitet hatte, erlahmte der beiderseitige Artilleriebeschuss, während die darauf folgende Stille fast ebenso laut in Hannes’ Ohren dröhnte. Er ließ ein paar Sanitäter durch, die unterwegs tatsächlich die beiden vermissten Burschen mit dem Essen gefunden und mitgebracht hatten. Auch diesmal wurde er nicht satt, und mürrisch teilte er die Wachen für die Nacht ein.
    Als er sich rücklings in seine Liegestelle schob, in der zu seiner Freude ein fast 40 Zentimeter breites Holzbrett lag, hockte Hillgart sich neben das Loch. »Herr Leutnant?«
    »Ich weiß, dass du mit dem Kleinen nicht viel anfangen kannst. Aber du bist hier der erfahrenste Soldat und der Spieß hatte recht, den Burschen dir zuzuteilen.«
    »Das ist es nicht. Ich kann ihn anlernen, auf ihn aufpassen und ihn notfalls ignorieren. Doch ich bin nicht in der Lage, ihm diese Scheißangst zu nehmen. Der bepisst sich bei jedem lauten Einschlag. Welcher Vater oder Lehrer kam auf die verdammte Idee, das Kind in den Krieg zu zwingen?«
    »So schlimm?«
    »Die anderen haben auch alle eine Höllenangst. Aber die werden lernen, damit umzugehen. Den Kleinen kannst du vergessen.«
    »Ich schicke ihn morgen zurück. Er könnte zu einer Gefahr für uns ausarten. Irgendwo in der Etappe, wo er mit Zahlen jonglieren kann, oder in der Telegraphenabteilung ist er vermutlich sinnvoller untergebracht.«
    Hillgart grinste schief, als Hannes ihm für seine offenen Worte dankte.
    ***
    Entferntes Trommelfeuer weckte Hannes. Er zog sich mit einer flinken, routinierten Bewegung aus seiner Liegestelle.
    Der Rotschopf, an diesem frühen Morgen noch grau wie jeder andere Soldat, grüßte ihn und meldete keine besonderen Vorkommnisse in den letzten Stunden. Mürrisch nickte Hannes ihm zu, schraubte seine Feldflasche auf und schüttete sich eine Handvoll Wasser ins Gesicht. Da er erbärmlich fror, machte er sich daran, mehrmals den Grabenabschnitt abzugehen, in dem sein Zug lag. Der schmächtige Heinz kauerte zusammengesunken auf dem noch immer morastigen Boden, vermutlich ein Vorgeschmack dessen, was ihnen im nahen Winter bevorstand, und presste die Hände auf seine Ohren.
    Hillgart zuckte lediglich mit den Schultern, als Hannes ihm einen fragenden Blick zuwarf. »Nachts hat er geschlafen. Ich habe seine Wache übernommen. Wenn er schläft, stellt er nichts an. Seit die Heinis von der Artillerie wach sind, hockt er da unten und rührt sich nicht.«
    »Unzer soll dich ablösen. Verkriech dich und schau zu, dass du eine Mütze Schlaf abbekommst.«
    »Danke, Leutnant.« Hillgart gähnte, suchte sein Zeug zusammen und verzog sich in sein Loch.
    Währenddessen ging Hannes neben dem zitternden Heinz in die Knie. »Markt?« Der Bursche reagierte nicht einmal. »Hör mal, man hat mir gesagt, du seist ein Zahlenjongleur. Dich als Artilleriefutter hierzubehalten wäre reine Verschwendung. Sobald ein Krankenträger, ein Melder,

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