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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Andrejewna weitere schlechte Neuigkeiten übermitteln kannst, wenn du denkst, dass sie es verkraften kann.«
    Anki hob den Kopf und sah dem Mann vor Schreck in die Augen, was nicht standesgemäß war, ihn jedoch nicht zu stören schien. Vielmehr nickte er ihr zu und erklärte mit gedämpfter Stimme: »Herzogin Bobow, die Mutter von Jevgenia Ivanowna, hat sich nur Minuten nachdem der aufgefundene Leichnam als der ihrer Tochter identifiziert wurde, in den Tod gestürzt.«
    Anki schnappte nach Luft und presste beide Hände auf ihren Mund. Mit aufgerissenen Augen starrte sie den Mann an, der ihren Blick grimmig erwiderte: »Auch ihren Tod hat dieser dreckige Halunke zu verantworten! Es muss endlich etwas gegen ihn unternommen werden!«
    Er sprach von Rasputin, dessen war sich Anki bewusst. Doch ob sie diese Worte an die Fürstin weitergeben sollte? Der unheimliche Starez war zuletzt häufiger Thema zwischen dem Fürstenpaar und den Jussupows gewesen, und diese Unterhaltungen waren zumeist sehr emotional verlaufen. Ein kaum mehr unter der Hand weitergegebenes Gerücht besagte, dass Fürst Jussupows Frau Irina, mit der er auf der Hochzeitsreise bei Kriegsausbruch im Deutschen Reich festgesessen war, ein unschönes Erlebnis mit Rasputin hinter sich hatte 29 .
    »Der arme Herzog Bobow«, flüsterte Anki tonlos vor Entsetzen. »Erst seine Tochter und nun die Ehefrau …«
    Es läutete an der Tür, was Anki die Stirn runzeln ließ. Hatte Raisa sich wieder einmal bei ihrem Vater über das Verhalten von Ninas Kindermädchen beschwert? Kam er nun zurück, um ihr Vorwürfe zu machen?
    Fürst Jussupow hegte wohl ähnliche Gedanken, denn er sagte, mehr zu sich als an Anki gewandt: »Gibt dieser Baron nicht endlich Ruhe? Er verhält sich, als gehöre er schon immer zur Petersburger Gesellschaft und beleidigt mit seinen Worten und seinem Auftreten fortwährend unseren Stand.«
    Anki schwieg. Es gab genug Bedienstete in den russischen Adelshäusern, die schlecht behandelt wurden, da bildete Osminkens Tun keine Ausnahme. Wie er sich jedoch den adeligen Damen und Herren gegenüber benahm, in deren Häuser er und Raisa eingeladen waren, entzog sich ihrer Kenntnis.
    Jakow eilte zur Tür, doch offenbar begehrte niemand Einlass, denn er schloss sie zügig wieder und sperrte damit den frostigen Luftzug der kalten Aprilnacht aus.
    »Richte der Fürstin meine herzlichsten Glückwünsche aus. Irina Alexandrowna wird sie bald mit unserer Bebe besuchen. Die Kinder sind ja gleichaltrig und werden sicher Spielkameradinnen sein.«
    Anki lächelte unverbindlich und blickte besorgt zur Treppe. Sowohl der Arzt als auch die Hebamme hielten sich seit Stunden bei der Fürstin auf. Dies wertete Anki als schlechtes Zeichen, obwohl sie bis jetzt noch nicht einmal Zeit gefunden hatte, sich um den Zustand der Fürstin zu sorgen oder für sie zu beten.
    Kaum hatte Fürst Jussupow das Haus der Chabenskis verlassen, näherte sich Jakow. Sein Blick war düster und in seinen weiß behandschuhten Händen drehte er ungewohnt nervös einen gefalteten Zettel.
    »Ein Bote zu so später Stunde?«, sprach Anki den tief in Gedanken versunkenen Mann an, der daraufhin zusammenzuckte. Er reichte ihr das Papier, doch sie zögerte, es anzunehmen.
    »Für wen ist es?«
    »Für Ihre Hoheit, Fürstin Chabenski.«
    »Woher?«
    »Von der Armee.«
    »Von der Armee kommen selten gute Nachrichten per Boten.«
    »Vor allem nicht des Nachts.«
    Der alte Mann und das Kindermädchen sahen einander lange in die Augen. Beißende Angst bohrte sich in Ankis Magen und setzte sich fest. Wieder wanderte ihr Blick besorgt und bekümmert zugleich zur Galerie und den dahinter abgehenden Zimmertüren. Sie lagen allesamt im Dunkeln, so als sollten ihnen die dort oben stattfindenden Geschehnisse verborgen bleiben.
    Jakow trat einen Schritt näher und raunte Anki zu: »Lesen Sie es.«
    Anki öffnete protestierend den Mund, brachte aber keinen Ton heraus.
    »Ihre Hoheit wird es nicht bemerken. Sie ist nach dieser schweren Geburt zu geschwächt und wird Sie ohnehin bitten, ihr das Telegramm vorzulesen.«
    »Aber …«
    »Enthält die Botschaft schlimme Nachrichten, Anki van Campen, dann halten Sie diese zurück, bis Ihre Hoheit sich erholt hat.«
    »Kann ich denn darüber entscheiden, Jakow?«
    »Sie müssen. Sonst ist doch niemand wach.«
    Mit zitternden Fingern zog Anki dem Alten das leicht grau eingefärbte, akkurat zusammengelegte Papier aus der Hand, das dabei ein gefährlich klingendes Zischen von

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