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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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gefallen.
    In dieser Zeit war Robert befördert und versetzt worden, sodass er sich nun vor den Toren der von vielen Deutschen bewohnten Stadt Riga wiederfand – allerdings noch immer in Begleitung der deutsch-polnischen Rotkreuzschwester Rosalie. Diese rief gerade mit ihrer schneidenden Stimme nach ihm, während er sich viel lieber der Überlegung hingegeben hätte, dass er Anki so nah wie nie in den vergangenen Monaten war. Nur etwa 600 Kilometer lagen zwischen ihnen.
    Als die Kavallerie vorüber war, reihten sich die Flüchtlingswagen wieder auf der Straße ein. Einen Augenblick lang sah der deutsche Arzt zu, wie die nicht enden wollende Kolonne mit ihren klapprigen Wagen, Ochsen und Pferden, den müden Kindern und abgehärmten Frauen und älteren Männern an ihm vorüberzog. Wie sie flohen in allen Gegenden, in die der Krieg seine Klauen grub, die heimatlosen Menschen von einem Ort zum nächsten. Das war in Polen und Russland nicht anders als in Frankreich oder auf dem Balkan.
    »Kommen Sie jetzt endlich!«, fauchte Rosalie ihn an. Sie trat direkt vor ihn, blickte herausfordernd zu ihm auf und schenkte ihm zu seiner Verwunderung plötzlich ein kokettes Lächeln. »Wenn Ihnen die Träumereien nicht mehr ausreichen: Ich stelle mich zur Verfügung. Nur müssten wir dazu in Ihre Unterkunft, wir Schwestern sind mal wieder zu dritt untergebracht.«
    Robert starrte irritiert in das Gesicht der Krankenschwester und benötigte einen Moment, ehe er begriff, welche Bedeutung ihren Worten beizumessen war. »Ich bin verlobt!«, gab er barsch zurück.
    Die Frau reagierte mit einem gleichgültigen Schulterzucken. »Na und? Sie ist weit weg und braucht es nie zu erfahren. Wer weiß, vielleicht vergnügt sie sich auch anderweitig. So eine Verlobung bedeutet heute doch nichts mehr.« Mit diesen Worten lehnte sie sich einladend an ihn.
    Robert packte sie an den Schultern und stieß sie grob von sich, sodass sie ein paar Schritte rückwärtstaumelte. Er vermisste Anki sehnsüchtig. Rosalies Angebot und ihre Berührung ließen ihn nicht kalt, doch er wollte keinesfalls zulassen, dass sich eine derartige Idee auch nur in seine Gedanken schlich.
    »He, es reicht völlig, wenn Sie einfach nur Nein sagen«, zürnte sie, drehte sich um und stapfte wütend über die Demütigung davon.
    Robert folgte ihr langsamer, stieg über die Füße der noch nicht behandelten Verletzten hinweg, die auf dem blanken Boden lagen, und betrat nach ihr das Lazarettzelt. Die Außenplanen blähten sich im Wind und brachten das Gestänge und ein paar aufgehängte medizinische Instrumente und Getränkebehälter zum Klappern.
    Von nun an sprach Rosalie nur noch das Nötigste mit ihm und das in einem Tonfall, der noch beißender und unfreundlicher war, als es ohnehin ihrem Wesen entsprach.
    Wenig später sah er sie im Gespräch mit dem Oberarzt und einem anderen Sanitätsoffizier, wobei die drei in seine Richtung blickten.
    Rosalie entfernte sich – mit einer obszönen Geste an seine Adresse, über die er genervt den Kopf schüttelte. Hatte er nicht schon genug mit den Anforderungen des Krieges, der mangelhaften Versorgung der Verletzten und seinem privaten Kummer zu tun? Robert kam nicht dazu, länger diesen Überlegungen nachzuhängen. Noch während er sich über seinen ersten Patienten an diesem Tag beugte, näherte sich ihm der Oberarzt, ein schneidig auftretender Mann in den Vierzigern, mit dem er bis jetzt kaum zu tun gehabt hatte.
    »Busch?«
    Robert behielt sowohl die Pinzette als auch die gebogene Schere knapp oberhalb des aufgeschnittenen Hosenbeins des Soldaten in den Händen, drehte aber den Kopf.
    »Legen Sie das beiseite, Sie bekommen vorübergehend ein neues Einsatzfeld.« Robert gehorchte und legte das blank glänzende Besteck in die dafür vorgesehene Metallschale des Holzkoffers. »Die Russen haben ein paar Verbandsplätze beschossen, sodass wir jetzt an der Front Mangel an Ärzten haben. Ich will Ihnen nichts vormachen. Für diesen Einsatz sind Sie als Assistenzarzt überqualifiziert, aber wenn die uns die Jungs ohne Erstversorgung schicken, verlieren wir noch mehr Männer als ohnehin schon. Schwester Rosalie wies mich darauf hin, dass Sie bereits Fronterfahrung haben, sich also wohl in der unmittelbaren Nähe detonierender Geschosse geschickter anstellen als die frischen Hilfsärzte, die wir kürzlich zugeteilt bekamen. Packen Sie Ihre Sachen, in zehn Minuten kommen ein paar Mineure vorbei. Die nehmen Sie mit.«
    Nach dieser Erklärung drehte

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