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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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der leichtfertigen Verschwendung den Magen umzudrehen. Nur durch ein paar Kanäle von diesem Haus getrennt lag ein kleiner Junge auf der Straße, von hungernden Frauen und Kindern zu Tode getrampelt.
    »Anki? Was tust du denn hier?«
    Sie wirbelte erschrocken herum und war froh, Ljudmila allein anzutreffen. Ungern wäre sie versteckt zwischen den Büschen als heimliche Beobachterin entlarvt worden.
    »Du … du bist früh auf«, stammelte Anki.
    »Ich schlafe nicht gut.«
    »Und eure Gäste auch nicht?«
    Ljudmila lachte trocken und Anki stellte bekümmert fest, dass ihr Lachen noch immer nicht in ihren Augen ankam. Tatsächlich sah ihre Freundin fast wieder so blass und leblos aus wie damals, als Robert und sie sie aus Rasputins Schlafzimmer geholt hatten.
    »Baron Osminken weist uns heute in die Kunst des Boule-Spiels ein. Er meinte, es sei eine angenehme Abwechslung zu all den Kriegsnachrichten, politischen Umtrieben und der nach den Festen im Frühjahr allmählich einkehrenden Langeweile. Meine Mutter kam dabei auf den Gedanken, es sei doch einmal etwas anderes, den Tag nicht mit einer Geselligkeit zu beenden, sondern ihn früh damit zu beginnen. Allerdings finde ich es für ein Frühstück im Freien noch sehr kühl!«
    »Baron Osminken treibt die Langeweile um? Ich wüsste ihm das eine oder andere zu tun. Und diese Verschwendung …« Anki, über sich selbst erschrocken, hielt inne. Sie wollte sich keinen Ärger einhandeln, zumal Menschen wie die Osminkens oder Ljudmilas Eltern ihre Bemühungen für die einfache Stadtbevölkerung nur belächeln würden. Womöglich stempelten sie sie gar als gefährliches Subjekt ab, vorausgesetzt, sie taten das nicht ohnehin längst. »Ist das die Art des Adels, seine Trauer um Jevgenia Ivanowna, ihre Mutter und das Fürstenpaar Chabenski zu zeigen?«, wagte sie aber dennoch zu fragen.
    Ljudmila neigte leicht den Kopf und musterte sie intensiv. »Was ist heute nur los mit dir? So provokant und grimmig kenne ich dich gar nicht.«
    »Ich musste vorhin mit ansehen, wie ein kleiner Jungen zu Tode getrampelt wurde, weil die Menschen vor Hunger nicht mehr wissen, was sie tun«, sagte Anki mit mühsam beherrschter Stimme.
    Ljudmila wandte sich der Frühstückstafel zu, die weiterhin mit Köstlichkeiten überhäuft wurde, obwohl es kaum noch einen Platz für weitere Schalen mit Obst, Schokolade und die zuletzt aufgetragenen warmen Gerichte aus Eiern, Würstchen und Kartoffeln gab.
    »Was treibt dich zu dieser Morgenstunde hierher?«, fragte Ljudmila schließlich, ohne Ankis Worte zu kommentieren oder eine Anmerkung über die Festtafel fallen zu lassen.
    Anki schrak bei ihrem kühlen Tonfall zurück. Hatte sie die junge Adelige gegen sich aufgebracht? Entschlossen straffte sie die schmalen Schultern. Verstand Ljudmila ihre Aufregung denn wirklich nicht? War ihre Freundin nicht einmal bereit, sie anzuhören, oder verachtete sie sie gar für ihre Worte? Vielleicht war es an der Zeit, auf Abstand zu gehen. Das würde Anki auch vor weiteren Ermittlungen in Sachen Rasputin schützen. Bislang hatte sie diesen Schritt nicht in Erwägung ziehen wollen, da Ljudmila ihr den Eindruck vermittelt hatte, dankbar für ihre Freundschaft zu sein.
    Eine Stimme in ihrem Kopf flüsterte Anki zu, dass sie ihre Trennung von Robert vor allem Ljudmila zuzuschreiben hatte und die Komtess ihr dies ebenso wenig gedankt hatte wie die Tatsache, dass sie sich für sie in große Gefahr begeben hatte. Doch sie ignorierte die böswillige Einflüsterung. Halblaut murmelte sie vor sich hin: »Meine Persönlichkeit wird nicht ausschließlich durch die Liebe geformt, die ich empfange, sondern vielmehr durch die, die ich verschenke.«
    »Wie bitte?« Ljudmila runzelte die Stirn.
    Anki ignorierte die Frage und brachte ihr Anliegen vor: »Leider bin ich bei der Suche nach einer Amme für Prinzessin Jenja noch immer erfolglos geblieben. Was ist denn aus dem schwangeren Dienstmädchen bei euch geworden …?«
    Hastig fiel Ljudmila ihr ins Wort, offenbar erleichtert darüber, das Thema wechseln zu können. »Ich spreche mit meiner Mutter über die Sache. Vermutlich wird sie erleichtert sein, wenn sie Valentina in einen anderen Haushalt vermitteln kann, wo sie dringender gebraucht wird als hier. Wir schicken das Mädchen unverzüglich zu den Chabenskis.«
    »Danke! Es eilt sehr.« Anki schenkte Ljudmila ein Lächeln und wollte sich abwenden, wurde jedoch durch eine federleichte Berührung am Arm zurückgehalten.
    »Es entspricht

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