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Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)

Titel: Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Büchle
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Folterspuren am Körper gefesselt in der Neva ertrank. Die Attentäter erhofften sich von seiner Beseitigung einen politischen Kurswechsel.

Kapitel 46
    Berlin, Deutsches Reich,
Dezember 1916
    Demy trug einen Stapel Teller an den Tischreihen entlang und stellte sie neben Henny ab, die soeben die Tischdecke glatt strich. Prüfend ließ diese ihren Blick über die im Foyer aufgestellten Tische und Stühle schweifen, ehe sie sich zweifelnd Demy zuwandte. »Bist du dir sicher, dass wir das tun können?«
    »Das bin ich. Und es ist richtig, die Familien der Angestellten in dieser düsteren und grauen Weihnachtszeit zum Essen einzuladen.«
    Henny lächelte, wenngleich der Zwiespalt ihrer Gefühle in ihrem Gesicht abzulesen war. Auch ihre Familie kam in den Genuss dieses Weihnachtsessens; gleichzeitig wusste sie um die prekäre finanzielle Lage der Meindorffs.
    Lina und Anton balancierten Tabletts mit Geschirr zu ihnen, gefolgt von Margarete mit dem Besteck und ihrer Tochter Klara im Schlepptau, die mittlerweile auf ihren eigenen Beinen unterwegs war.
    »Demy, schau bitte einmal in die Küche«, sagte Margarete. »Dieser Kutscher streitet wieder mit Maria. Er sieht diese Verschwendung nicht ein.«
    »Er verteidigt die letzte Bastion der Herrschaft des Rittmeisters«, entgegnete Demy, nicht eben begeistert von der Aussicht, sich mit dem brummigen Bruno anlegen zu müssen. Sie war ihm dankbar, hatte er doch die Hilfestellungen für den Hausherrn übernommen, der nur noch für wenige Stunden am Tag sein Bett verließ. Bruno, seinem Dienstherrn sehr zugetan, machte deutlich, wie sehr es ihm gegen den Strich ging, dass drei Frauen das Regiment in diesem Haus führten, zumal zwei davon Bedienstete waren und die dritte eine Art Eindringling, wenn auch mit dem Pflegesohn Meindorffs verlobt.
    »Ich könnte Hannes schicken, aber der schläft vermutlich«, murmelte Demy halblaut vor sich hin. Für sie war es die größte Weihnachtsüberraschung, dass Hannes seinen Heimaturlaub gemeinsam mit Edith und ihren Töchtern in diesem Haus verbrachte, das zu betreten ihm seit Jahren verwehrt gewesen war. Leichtgefallen war ihm diese Entscheidung nicht, das wusste Demy, umso mehr freute sie sich, ihn ein paar Tage hier zu haben.
    Henny winkte ab und ergriff den Stapel Teller. »Bruno lässt sich auch von Hannes nichts sagen«, raunte sie ihr zu.
    »Lassen Sie mich bitte die Teller tragen!«, tönte die tiefe Stimme von Theodor durch die Halle und ließ die beiden Frauen zusammenzucken. Selbst Demy hatte vergessen, dass Hannes seinen Freund am Vortag mitgebracht hatte.
    Der Hauptmann eilte herbei und nahm der hilflos dreinblickenden Henny die Teller ab. »Ich möchte mich gern helfend einbringen, aber diese Maria hat mich förmlich aus der Küche gejagt!«
    Demy und Henny lachten bei der Vorstellung, dass Maria einen Hauptmann und Adjutanten der kaiserlichen Armee aus ihrem Reich vertrieb, und Theodor sah die beiden fasziniert an. »Wie schön, Sie lachen zu hören«, meinte er und fügte hinzu: »Maria könnte natürlich auch diesen Kutscher gemeint haben, aber ich schloss mich seinem Rückzug aus strategischen Gründen an.«
    »Eine weise Entscheidung«, pflichtete Henny bei, nahm die obersten zwei Teller und begann, die Tische einzudecken.
    Demy verließ den Saal und betrat die Treppe in den ersten Stock. Ihr schwerster Gang stand ihr noch bevor, denn sie wollte den alten Meindorff bitten, an diesem Heiligabend mit ihnen allen gemeinsam zu speisen. Seit Tagen schob sie das Gespräch vor sich her, doch nun musste sie sich ihrem Wunsch stellen, den Rittmeister bei der Feierlichkeit dabeizuhaben.
    Ihre Schritte wurden immer zögerlicher, je weiter sie sich dem Wohnzimmer der einstigen Hausherrin näherte. Vor der Tür, die Hand bereits auf der Klinke, verharrte sie, um ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken. Ihre Beine fühlten sich schwach an, ihr Herz schlug schnell. Der Hausherr betrat kaum mehr das Erdgeschoss; für ihn wäre es also nichts Ungewöhnliches, seine Abendmahlzeit allein hier oben einzunehmen. Aber sollten er, Hannes, Edith und die Kinder nicht die Gelegenheit nutzen, endlich aufeinander zuzugehen, Versöhnung zu erleben und Frieden zu finden? Welcher Tag sollte dazu besser geeignet sein als der, an dem die Welt die Geburt des Friedensfürsten feierte?
    Nach einem fahrigen Stoßgebet klopfte Demy an, drückte die Klinke hinunter und trat ein. Trotz des vom Arzt ausgesprochenen Rauchverbots hing der Geruch von Tabak im

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