Sturz Der Engel
Wiese waren weiße Erhebungen, hinter denen sich Schneewehen gesammelt hatten, die beinahe bis zur Klippe reichten. Ein leichter Wind wehte über weiße Fläche, wirbelte die oberste Schicht Pulverschnee hoch und trieb die eisigen Krümel unter der hellen Sonne, die keine Wärme spendete, hierhin und dorthin. Es war so kalt, dass der Ingenieur glaubte, der klare, grünblaue Himmel selbst würde ihm die Wärme aus den Knochen saugen, obwohl er zwei Jacken übereinander und ein dickes wollenes Halstuch trug.
Nylan folgte Ayrlyns Beispiel und legte die Skier auf ein ebenes Stück im festgetrampelten Schnee. Er betrachtete die Rampe, die zwischen zwei Wänden aus Schnee leicht bergauf führte. Ein halbes Dutzend Spuren von Skiern verzweigte sich am Ende der Rampe.
»Wer ist denn so früh schon draußen?« Obwohl er sich das Tuch vor Nase und Mund gelegt hatte, bildete Nylans Atem weiße Wolken in der Luft und er spürte, wie sich Eiskristalle auf den Wollstoff legten. Er konnte sogar sehen, wie die Eiskristalle, die durch Saryns Atem entstanden waren, langsam auf die Schneefläche sanken.
»Gerlich und die Jägerinnen«, antwortete Saryn. »Und Fierral, Ryba und die Späher.«
Wenn Gerlich mit altmodischen Skiern zurechtkam, dann konnte er es auch, dachte Nylan sich. Er bückte sich und befestigte die Lederbindungen an den Stiefeln, die er mit Wollresten ausgestopft hatte, bis die Schäfte sich ausbeulten. Er musste die oberen Handschuhe ausziehen, die eigentlich nicht mehr waren als lederne Fäustlinge, die er über die Wollhandschuhe gestreift hatte. Die Bindungen konnte er mit den Fausthandschuhen nicht anlegen. Weder die Fausthandschuhe noch die Fingerhandschuhe darunter passten besonders gut, da er beide selbst zugeschnitten und genäht hatte.
»Bereit?«, fragte Saryn.
Nylan richtete sich auf und zog die Fausthandschuhe wieder an, dann nahm er in jede Hand einen Stock.
»Wenn ich das kann, dann kannst du es auch«, ermutigte Saryn ihn, während sie langsam die Rampe hinauf zu gleiten begann.
»Hoffen wir’s«, murmelte Nylan. Er folgte ihrem Beispiel und schob, einen Skistock in jeder Hand, den linken Ski vorsichtig vor. Die Skier waren schwer wie Bauhölzer, aber Ayrlyn hatte darauf bestanden, dass sie breit und lang sein müssten, weil der Schnee auf dem Dach der Welt fein und pulvrig war.
Als er versuchte, den rechten Ski dem linken folgen zu lassen, wäre er beinahe nach vorn gekippt. Um das Schwanken auszugleichen, lehnte er sich zurück. Dann rutschte der linke Ski nach hinten weg und er musste eilig einen Skistock in den Schnee rammen. Er schlingerte einige Augenblicke hin und her, bis er das Gleichgewicht wiedergewann.
»Fang mit langsamen Bewegungen an«, schlug Saryn vor, »und verlagere dein Gewicht auf den Skiern nach vorn, aber nicht zu weit.«
»Ich habe schon immer versucht, möglichst weit vorn zu sein«, gab Nylan zurück. Die kalte Luft brannte in der Nase, im Hals und in den Lungen.
»Langsame Bewegungen, ein Ski nach dem anderen«, ergänzte Ayrlyn.
Nylan schob den linken Ski vor, dann den rechten, dann den linken, bis er langsam die Rampe hinauf geschlichen war, wo der festgetrampelte Bereich endete. In der hellen Sonne blinzelnd, überblickte er den Pulverschnee, der mehr als hüfthoch auf den Wiesen lag.
»Folge einfach meinen Spuren«, wies Ayrlyn ihn an.
Nylan setzte sich hinter die rothaarige Frau, die wie er selbst das Gesicht mit einem dicken grauen Wolltuch geschützt hatte.
Obwohl er sich bemühte, rutschten seine Skier aus der Spur, die Ayrlyn ihm vorgegeben hatte, und er sank bis zu den Knien ein. Als sich der Schnee vor seinen Schienbeinen auftürmte, musste er anhalten. Sobald er das Gewicht verlagerte, sank er nur noch tiefer ein, als stünde er in einem Sumpf.
»Die erste Spur zu ziehen ist immer am schwersten«, rief Saryn hinter ihm. »Besonders wenn man sich langsam bewegt. Es hilft, wenn man schneller fährt, aber wenn man dann hinfällt, wird es natürlich sehr unangenehm.«
Mit einem Blick auf den Schnee, der die Skier vollständig und die Unterschenkel bis zu den Knien bedeckte, entschied Nylan, dass es schon jetzt sehr unangenehm war.
»Setz einfach nur einen Ski vor den anderen. Versuch normal zu laufen und dabei ein wenig zu rutschen.«
Das konnte Nylan verstehen und nach einer Weile schien es besser zu gehen, sodass er ein paar hundert Ellen hauptsächlich in Ayrlyns Spur zurücklegte.
»Ja, so ist es richtig«, rief die Sängerin. »Beweg dich
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