Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturz Der Engel

Titel: Sturz Der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
Vom Netzwerk:
auf der Landseite. Die Bewaffneten am unteren Ende der alten Pier haben Fackeln, aber das Licht reicht kaum bis zu der Stelle, wo der Herr von Lornth auf dem gebrechlichen Bauwerk steht, das unter der steigenden Flut bedenklich schwankt. Draußen in der Bucht rauscht die Brandung. Der Hafen ist ebenso leer wie die Lagerhäuser. Nur in einigen wenigen liegt noch etwas Getreide.
    »Nur weil sie nicht genug Schiffe hereinbekommen konnten«, sagt Sillek halblaut.
    »Was habt Ihr gesagt?«
    »Nichts, nichts.«
    »Habt Ihr damit gerechnet, dass es so kommen würde? Dass die Händler sich kampflos zurückziehen würden?« Gethen blickt zum dunklen Wasser hinunter.
    Drunten tanzt ein mit Wasser vollgesogenes Stück Holz auf den Wellen, daneben schwimmt ein Klumpen mit Moos und Schleim bedeckten Unrats. Die kalte Luft, die vom Nordmeer kommt, riecht nach Salz und ein wenig nach verfaultem Fisch und nassem Holz.
    »Ich habe gehofft, dass sie es tun würden. Kriege kosten Geld und sie haben Rulyarth wohl von Anfang an als Ort gesehen, den sie aufgeben würden, statt darum zu kämpfen. Das war der einfache Teil. Jetzt wird es schwieriger.« Sillek starrt in die Dunkelheit. »Wir müssen die unabhängigen Händler irgendwie bestechen und hierher locken und wenigstens eine der Piere reparieren. Und wahrscheinlich müssen wir auch die Bote wieder einsetzen, die früher im unteren Abschnitt des Flusses bis zu den Stromschnellen verkehrt sind.«
    »Ihr werdet schon Fracht bekommen. Allein meine Weine …«
    »Eure Weine werden uns wahrscheinlich retten, Gethen. Ich bin Euch sehr dankbar dafür.«
    »Ich bin es leid, den Suthyanern Hafengebühren in den Rachen zu werfen und meinen ganzen Verdienst zu verlieren.« Gethen versetzt dem verfaulten Holz der Pier einen Tritt. Ein Stück Holz bricht heraus und fällt ins dunkle Hafenbecken.
    »Wir müssen auf jeden Fall Gebühren erheben, weil wir sonst den Hafen nicht unterhalten können«, warnt Sillek ihn. »Es gibt hier ein paar hungrige Menschen, die sehr unglücklich werden könnten, wenn sie nichts verdienen. Und wir dürfen auch Ildyrom nicht vergessen.«
    »Er hat Clynya bisher nicht angegriffen.«
    »Nein, aber dort sind Bewaffnete und ein Magier gebunden. Ich kann mir dieses Jahr keinen zweiten Feldzug mehr leisten. Deshalb macht mir diese Sache mit Karthanos zu schaffen. Die Hochebene in den Westhörnern ist mir ziemlich gleichgültig. Das Land gibt nichts her, um meine Leute zu ernähren, und es gibt dort keine Edelmetalle. Aber weil ein paar Frauen es besetzt haben, bekomme ich Probleme mit den traditionsbewussten Grundbesitzern.« Sillek geht noch ein paar Schritte weiter hinaus und prüft die Planken der Pier. Eine kracht und biegt sich unter seinem Gewicht. Er schüttelt den Kopf. »Kaum dass man ein Problem gelöst hat, handelt man sich zwei neue ein.«
    »Was das Dach der Welt angeht, habt Ihr Recht«, meint Gethen lachend. »Deshalb bin ich auch froh, dass Ihr der Fürst seid und nicht ich.«
    »Nun ja … wenn mir etwas zustößt, werdet Ihr das ganze Durcheinander erben. Also lacht nicht zu laut.«
    »Ich?« Gethens Erstaunen ist nicht gespielt.
    »Wer denn sonst? Die Grundbesitzer werden meine Mutter als Regentin nicht akzeptieren, wofür ich dankbar bin, und Zeldyan auch nicht, wofür ich nicht dankbar bin. Deshalb habe ich Euch zu meinem Regentschaftsrat und Zeldyan und Fornal zu den Beisitzern ernannt. Man achtet Euch und Euer Blut rinnt auch in Nessleks Adern. Außerdem seid Ihr nicht erpicht darauf, diese Aufgabe zu übernehmen. Nicht, dass ich hoffe, Ihr würdet sie jemals übertragen bekommen, wenn es nach mir geht«, fügt Sillek trocken hinzu.
    Die Männer lachen.
    Hinter ihnen flackern die Fackeln im Wind und vor ihnen verrät ein heller Schimmer, wo die Wellenbrecher liegen.

 
C
     
    D ie kräftige, in einen Mantel gehüllte Gestalt steigt die Treppe zu Hissls Quartier hinauf, ein dunkler Umriss im Zwielicht des späten Sommerabends.
    Hissl öffnet.
    »Ich bin gekommen, um mich zu erkundigen, wie die Dinge stehen«, sagt der verkleidete Bewaffnete.
    »Es ist nicht ganz so einfach, wie der große Jäger es sich gedacht hat«, knurrt Hissl. Er winkt den Besucher herein, lässt aber die Tür einen Spalt weit offen stehen. »Wenn ich hier verschwinde, solange Fürst Ildyrom eine Bedrohung darstellt, kann kein noch so großer Erfolg auf dem Dach der Welt dafür sorgen, dass mein Kopf bleibt, wo er ist – es sei denn, ich entschließe mich, gar nicht erst

Weitere Kostenlose Bücher