Sturz Der Engel
beinahe ein bewegliches Netz um Rybas Stab zu flechten.
Eine Weile waren weder er noch Ryba im Stande, den anderen zu berühren. Aber Nylans Beine erlahmten noch vor den Armen und er stolperte. Rybas Stab knallte gegen seine Rippen.
»Also gut«, stöhnte er mit gezwungenem Lachen.
Ryba gab das Übungsschwert an Nistayna weiter, die erstaunt die Augen aufriss. »So gut musst du sein.«
»Der Magier – er ist besser als jeder Bewaffnete, den ich je gesehen habe.«
»Er ist auch besser als jeder, den ich gesehen habe«, fügte eine männliche Stimme von der Zufahrt aus hinzu. »Und ich habe eine ganze Menge gesehen.« Relyn lächelte schief. »Und sie ist sogar noch besser als er. Nicht viel, aber in einer echten Schlacht wäre es ein entscheidender Vorteil.«
Auch Ryba hatte Nylan erstaunt angesehen. »Du bist besser, viel besser geworden. Dabei trainierst du kaum.«
»Das Schmieden ist ein sogar noch anstrengenderer Weg, um kräftige Arme zu bekommen«, erwiderte er trocken, während er Ryba den Stab zurückgab. »Nur meine Beinarbeit lässt noch zu wünschen übrig.«
Liethya und Quilyn sahen zwischen Ryba und Nylan hin und her.
»Ich muss mich vor dem Abendessen noch waschen.« Der Schmied wischte sich die Haare, die schon vor längerer Zeit hätten geschnitten werden müssen, aus der Stirn.
»Du hörst zu arbeiten auf, bevor die Sonne untergeht und es stockdunkel ist?«, fragte Ryba mit gespieltem Erstaunen.
»Ich komme heute sowieso nicht weiter. Ich habe eine Klinge gemacht, die aber noch poliert und geschärft werden muss.«
»Fierral kann sie morgen holen, wenn dir das recht ist.«
»Gut.«
»Und jetzt wird weiter trainiert«, rief Ryba. »Ihr werdet trainieren, bis ihr jedem Angreifer Stand halten könnt, der nicht so gut ist wie der Magier – oder bis euch der Arm abfällt.«
Nylan konnte das stumme Stöhnen der Rekrutinnen spüren. Er hätte auch gestöhnt.
Als er die Treppe hinauf schlurfte, sah er, dass Siret, Istril und Niera die Kinder in einer Ecke des zweiten Stocks untergebracht hatten. Er winkte kurz, Niera lächelte. Istril saß mit dem Rücken zur Treppe und stillte Weryl, Siret balancierte Kyalynn und Dephnay auf den Armen.
Kurz darauf ging Nylan wieder hinunter zum Badehaus, um zu duschen. Die sauberen Sachen, die er trug, wenn er nicht mit Kohlen, Metall und Schwitzen beschäftigt war, nahm er mit.
Im Badehaus war es warm oder sogar heiß, im Ofen brannte ein Feuer. Die Duschkabinen waren leer und das Feuer war heruntergebrannt, aber der Boden in zwei Kabinen war noch nass. Nylan zog sich aus und stellte das Wasser an. Eiskalt war es nicht, aber immer noch kälter als lauwarm. Ihm war aber warm genug und das kalte Wasser störte ihn nicht, als er sich nahm, was hier als Seife galt, und sich wusch. Dann rasierte er sich nach Gefühl, einen Spiegel brauchte er nicht.
Als er sich abgetrocknet oder eher das Wasser abgestreift hatte und der Rest verdunstet war, zog er das saubere Hemd, die Lederhose und die Stiefel an.
Draußen im überdachten Gang wäre er beinahe mit Huldran zusammengeprallt.
»Wie ist das Wasser, Ser?« Huldrans Gesicht war mit Ruß verschmiert, das Haar war verschwitzt und klebte am Kopf.
»Jemand hat den Ofen angeheizt, es ist nicht so schlimm.« Er sah die Wächterin an.
»Ich habe Denize darum gebeten.«
»Danke.«
»Das war ebenso für mich wie für Euch, Ser«, erwiderte Huldran grinsend.
»Trotzdem, danke. Genieß die Dusche.«
Huldran nickte knapp und tappte barfuß zu den Duschen. Nylan öffnete die Nordtür des Turms. Ihm fiel auf, dass der Gang jetzt, anders als im Winter, keine feuchte Luft aufzustauen schien.
»Entschuldigung, Ser.« Kadran eilte an ihm vorbei zur großen Südtür, um die Triangel fürs Abendessen anzuschlagen.
Das Echo war noch nicht ganz verhallt, da strömten schon die ersten Wächterinnen aus allen Richtungen in den großen Saal des Turms.
Nylan hielt sich an der Ostseite, wo normalerweise wenig Leute saßen, im Hintergrund. Wenn sie mehr Fenster einbauen konnten, wäre der Raum vielleicht sogar als Kinderzimmer und Schule geeignet. Richtig, das war noch so eine Sache – Bücher. Sie mussten ihr Wissen bewahren.
Er holte tief Luft und sammelte sich, bevor er zu seinem Platz am ersten Tisch ging. Inzwischen gab es fünf Tische im großen Saal, doch der fünfte war manchmal völlig leer und wenn überhaupt, dann höchstens zur Hälfte besetzt.
Als Nylan am leeren fünften Tisch und dann am vierten vorbeikam,
Weitere Kostenlose Bücher