Sturz der Marionetten: SF-Thriller
abgestürzt. Ich weiß nicht, wie viele dort oben getötet oder über die Klippe gedrängt wurden, aber ich habe mindestens hundert Tote gezählt. Genaue Zahlen bekommen wir, falls wir hier wieder rauskommen.«
Falls. Die Porrinyards waren nicht der Typ, der falls sagen würde. Das wiederum sagte mir genug, dass ich gar nicht weiter darüber nachdenken wollte. »Wie sieht es ... wie sieht es da unten aus?«
»Wie es da aussieht?«
»Bitte, Liebes! Hier geht es nicht darum, ein paar Botschafter anderer Welten umzubringen. Ich habe auf der anderen Seite etwas gesehen, aber es war zu dunkel und ich war zu sehr mit Klettern beschäftigt, um ...«
Ihr Gesicht war eine Maske, die nichts preisgab. Ich konnte die Gedanken nicht lesen, die ihre Antwort um mehrere Sekunden hinauszögerten, konnte nicht erkennen, ob sie über meine Frage nachdachte oder mich vor der Antwort schützen wollte. »Sie haben nicht mehr als ein paar Dutzend gebraucht, um mit uns fertig zu werden! Der Rest wurde in das Amphitheater geschickt, um in einem Himmelfahrtskommando so viele Tänzer wie möglich zu töten!«
»Das ergibt keinen Sinn. Warum sollte irgendein Vlhani versuchen, etwas zu beenden, was seine Spezies schon immer getan hat?«
»Ich erlebe das zur selben Zeit wie du, Andrea! Und, nein, für mich ergibt das auch keinen Sinn.«
Mein Gehirn war nicht groß genug, das zu erfassen. Hier kämpfte nicht eine Spezies gegen eine andere, nicht einmal eine Gesellschaft gegen eine andere. Hier kämpften Leute gegen ihresgleichen, wüteten und metzelten in einer Form von rassischem Wahn, die bisweilen mit dem Begriff Bürgerkrieg geadelt wurde, die jedoch besser als Auto-Kannibalismus verstanden werden sollte.
Für die Vlhani-Tänzer dort unten mochte es sogar noch schlimmer sein als für die Menschen, die das Pech hatten, dass sich das Schwert vorübergehenden Wahnsinns gegen sie richtete. Menschen hatten von jeher ihr Leben im Krieg verloren, aber auch die, die davon erschüttert wurden, hatten gewusst, dass es immer Kriege gegeben hatte und immer Kriege geben würde. Doch soweit ich es verstanden hatte, hatten die Vlhani sich während ihrer ganzen Geschichte der Erschaffung eines zerbrechlichen Werkes gewidmet und wurden nun von einer absolut verräterischen Faktion angegriffen, die dieses Werk vernichten wollte. Kein Wunder, dass sie schrien. Ergab das für sie einen Sinn? Wussten sie überhaupt, warum sie getötet wurden?
Ich gierte danach, den Kopf zu drehen und der verwirrenden Dunkelheit unter mir ein paar Details zu entnehmen. »Wer gewinnt?«
»Da gibt es keinen Gewinner, Andrea. Sie zerstören alles, was sie sind. Das ist das moralische Äquivalent zu Menschen, die jede einzelne Ausgabe jedes existierenden Buches verbrennen, das die Menschheit je hervorgebracht hat.«
»Ich rede nicht von dem gottverdammten Ballett! Ich rede über diese gottverdammte Prügelei! Sag mir, was du siehst!«
Es gab keine richtige Stille, es gab nur den Wettstreit der Schreie sterbender Vlhani und sterbender Außerweltler, Schreie an der Klippe, ausgestoßen von Leuten, die ihre Freunde unter den wenigen Überlebenden suchten, die sich in der Dunkelheit ans Leben klammerten, hämmernde Geräusche über uns, ein Gemetzel unter uns.
Die Sterne am Himmel leuchteten so hell wie Diamanten und waren zu weit entfernt, um irgendetwas von der Hölle zu wissen, die wir durchstehen mussten.
Nach langer Zeit berichtete Skye: »Die Invasoren sind zwei zu eins, vielleicht sogar drei zu eins in der Unterzahl. Sie sterben zu Tausenden, aber sie töten auch Tausende. Wenn du den reinen Zahlen so viel Bedeutung zumisst, sind sie die Verlierer.«
»Was ist mit uns? Sind die Vlhani, die hinter uns her waren, immer noch hinter uns her?«
Ihr Schweigen dauerte nur wenige Sekunden, aber es fühlte sich hundertmal länger an. »Ich weiß es nicht!«
Wieder trat für lange Zeit Stille ein.
Ich wusste nicht, wie lange sie dieses Mal anhielt.
Lange versuchte ich, die KIquellen über meine Schnittstelle zu kontaktieren. Sie antworteten nicht. Das war typisch. Sie hatten eine Direktleitung zu meinem Kopf und einen Pakt mit mir, der es ihnen gestattete, sie nach Gutdünken zu nutzen, aber sie meldeten sich nur, wenn sie unerwünscht waren, schwiegen aber hartnäckig, wenn ich ihre Hilfe brauchte. Daran würde ich denken, wenn ich das nächste Mal mit den Porrinyards im Bett wäre und diese kriecherische Software kurz vor dem Höhepunkt dazwischen funkte, um mir
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