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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hartkekse. Seit gestern Morgen hatte keiner von ihnen mehr einen Bissen zu sich genommen. Nachdem die Männer den Graben ausgehoben hatten, schliefen sie mit hungrigen Mägen ein. Zum Glück war Sommer, sodass sie wenigstens nicht frieren mussten.
    Das Gefecht begann bei Sonnenaufgang am nächsten Tag.
    Es ging auf der linken Seite los, nicht weit von Grigori entfernt. Dort, wo die Granaten einschlugen, sah er Granatsplitter und Erde in die Luft fliegen. Seltsamerweise fürchtete er sich nicht. Er war nur hungrig und durstig, und alle Knochen taten ihm weh, aber Angst hatte er nicht. Ob es den Deutschen auch so ging?
    Dann schlugen auch auf der rechten Seite die ersten Granaten ein, ein paar Meilen weiter im Norden, doch auf Grigoris Position blieb es ruhig.
    »Das ist ja fast so, als wären wir im Auge eines Sturms«, sagte David, der jüdische Hausierer.
    Kurz darauf wurde der Befehl zum Vorrücken erteilt. Müde kletterten die Soldaten aus dem Graben und marschierten los.
    »Ich glaube, wir sollten dankbar sein«, sagte Grigori.
    »Wofür?«, fragte Isaak.
    »Marschieren ist besser als kämpfen. Dabei bekommen wir zwar Blasen an den Füßen, aber wir leben wenigstens noch.«
    Am Nachmittag näherten sie sich einer Stadt, von der Leutnant Tupolew sagte, sie hieße Allenstein. Am Stadtrand nahmen sie Aufstellung und marschierten in Formation bis ins Stadtzentrum.
    Zu ihrem Erstaunen herrschte in Allenstein ein fast normales Alltagsleben. Gut gekleidete deutsche Bürger gingen an diesem Donnerstagnachmittag ihrer ganz normalen Tätigkeit nach; sie gingen zur Post, kauften ein oder schoben Kinderwagen vor sich her. Grigoris Einheit machte in einem kleinen Park Rast. Die Männer setzten sich in den Schatten der Bäume. Tupolew ging zu einem Barbier in der Nähe und kehrte frisch rasiert und mit geschnittenen Haaren zurück. Isaak zog los, um Wodka zu kaufen, kam jedoch bald wieder und berichtete, die Armee habe vor allen Weinhandlungen Posten aufgestellt, um die Soldaten draußen zu halten.
    Schließlich erschien ein Pferdefuhrwerk mit einem Fass frischem Wasser. Die Männer stellten sich an, um ihre Feldflaschen aufzufüllen. Als der Nachmittag in den Abend überging, trafen Wagen mit Brot ein, das man bei den örtlichen Bäckern requiriert hatte. Die Nacht brach an, und die Soldaten schliefen unter den Bäumen.
    Bei Sonnenaufgang gab es kein Frühstück. Eine Kompanie wurde zurückgelassen, um die Stadt zu halten; Grigori und der Rest des Bataillons marschierten aus Allenstein hinaus in Richtung Südwesten und auf die Straße nach Tannenberg.
    Obwohl sie bis jetzt noch nicht im Gefecht gewesen waren, bemerkte Grigori einen Stimmungswandel bei den Offizieren. Sie galoppierten die Kolonne hinauf und hinunter und diskutierten aufgeregt und mit erhobenen Stimmen; man schien sich uneins zu sein, denn ein Major deutete in die eine, ein Hauptmann in die andere Richtung. Grigori hörte fast ununterbrochen Geschützfeuer im Norden und Süden, auch wenn der Beschuss sich nach Osten zu verlagern schien, während die Einheit nach Westen marschierte.
    »Wessen Artillerie ist das?«, fragte Sergeant Iwanow. »Unsere oder ihre? Und warum geht der Beschuss nach Osten, während wir nach Westen marschieren?« Dass Iwanow seine Aussage nicht mit Schimpfwörtern garnierte, ließ Grigori vermuten, dass der Sergeant sich Sorgen machte.
    Ein paar Kilometer hinter Allenstein wurde ein ganzes Bataillon abgestellt, um die Nachhut zu bilden. Das überraschte Grigori, denn bis jetzt war er davon ausgegangen, dass der Feind vor ihnen war, nicht hinter ihnen. Was Grigori nicht wusste: Das XIII . Korps hatte die Front bereits hoffnungslos überdehnt.
    Gegen Mittag wurde Grigoris Bataillon aus der Hauptkolonne herausgelöst. Während ihre Kameraden weiter in Richtung Südwesten zogen, wurden sie nach Südosten umgeleitet, auf einen breiten Pfad durch den Wald.
    Und dort traf Grigori endlich auf den Feind.
    Sie rasteten an einem Bach, und die Männer füllten ihre Feldflaschen auf. Grigori folgte dem Ruf der Natur und ging ein gutes Stück in den Wald hinein. Er stand hinter einer dicken Fichte, als er plötzlich links von sich ein Geräusch hörte. Erstaunt sah er ein paar Meter entfernt einen deutschen Kavalleristen, komplett mit Pickelhaube, auf einem schönen schwarzen Pferd. Der Deutsche schaute durch ein Fernglas zu der Stelle, wo Grigoris Einheit lagerte. Grigori fragte sich, was genau der Mann beobachtete, denn zwischen den Bäumen hindurch

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