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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Eltern kamen mit dem Zug aus Aberowen. Billy war an der Front und konnte leider keinen Urlaub bekommen. Klein-Lloyd trug ein Pagenkostüm in Himmelblau mit Messingknöpfen, das Mildred ihm eigens zu diesem Anlass geschneidert hatte, und eine kleine Mütze.
    Bernie überraschte Ethel, indem er mit einer Familie aufwartete, von der niemand gewusst hatte. Seine ältliche Mutter sprach nur Jiddisch und murmelte während des ganzen Gottesdienstes vor sich hin. Sie wohnte bei Bernies wohlhabendem älterem Bruder Theo, dem eine Fahrradfabrik in Birmingham gehörte, wie Mildred herausfand, als sie mit ihm flirtete.
    Nach der Trauung wurden im Bethaus Tee und Kuchen serviert. Alkoholische Getränke gab es nicht, was Dahs und Mams Gefallen fand, und Raucher mussten nach draußen gehen. Mam küsste Ethel und sagte: »Ich bin trotzdem froh, dass du endlich verheiratet bist.« Das Wörtchen trotzdem trägt eine ganz schöne Last in sich, dachte Ethel, denn es bedeutete: »Gratuliere – auch wenn du ein gefallenes Mädchen bist, einen unehelichen Sohn hast, dessen Vater niemand kennt, einen Juden heiratest und in London lebst, dem modernen Sodom und Gomorrha.« Doch Ethel akzeptierte Mams eingeschränkten Segen, schwor sich aber, so etwas niemals zu ihrem eigenen Kind zu sagen.
    Mam und Dah hatten sich billige Tagesrückfahrkarten gekauft und mussten früh aufbrechen, um ihren Zug zu erwischen. Als die meisten Gäste gegangen waren, zogen die Übriggebliebenen auf ein paar Gläschen ins Dog and Duck.
    Als Lloyds Bettzeit kam, gingen Ethel und Bernie nach Hause. Am Morgen hatte Bernie die wenigen Kleidungsstücke und zahlreichen Bücher, die er besaß, auf einen Handwagen geladen und von seiner Mietwohnung zu Ethels Haus gekarrt.
    Damit sie eine Nacht allein verbringen konnten, ließen sie Lloyd oben bei Mildreds Töchtern schlafen, was Lloyd als besonderen Vorzug betrachtete. Dann tranken Ethel und Bernie in der Küche einen Kakao und gingen zu Bett.
    Ethel hatte ein neues Nachthemd. Bernie zog einen sauberen Pyjama an. Als er sich neben sie ins Bett legte, brach ihm vor Nervosität der Schweiß aus. Ethel strich ihm über die Wange. »Auch wenn ich ein sündhaftes Frauenzimmer bin, habe ich keine große Erfahrung«, sagte sie. »Nur mit meinem ersten Mann, und das auch nur wenige Wochen, dann musste er einrücken.« Sie hatte Bernie nichts von Fitz erzählt und wollte es auch niemals tun. Nur Billy und Albert Solman, Fitz’ Anwalt und Bevollmächtigter, kannten die Wahrheit.
    »Da bist du besser dran als ich«, sagte Bernie, doch sie spürte, wie die Spannung bereits ein wenig von ihm abfiel. »Über ein paar schnelle Nummern bin ich nie hinausgekommen.«
    »Wie hießen die Mädchen?«
    »Ach, das willst du doch gar nicht wissen.«
    Sie grinste. »Doch, will ich. Wie viele waren es? Sechs? Zehn? Zwanzig?«
    »Gütiger Himmel, nein! Drei. Die Erste war Rachel Wright, auf der Schule. Hinterher sagte sie, jetzt müssten wir heiraten, und ich glaubte ihr. Was habe ich mir Sorgen gemacht!«
    Ethel kicherte. »Und was ist geschehen?«
    »In der nächsten Woche hat sie es mit Micky Armstrong getrieben, und ich war aus dem Schneider.«
    »War es schön mit ihr?«
    »Ich glaube schon. Ich war erst sechzehn. Ich wollte vor allem sagen können, dass ich es mal gemacht hatte.«
    Sie küsste ihn sanft. »Wer kam als Nächste?«
    »Carol McAllister, eine Nachbarin. Ich habe ihr einen Shilling gezahlt. Es war ziemlich kurz – ich glaube, sie wusste, was sie tun und sagen musste, damit es schnell vorüber war. Spaß hatte sie nur am Geldkassieren.«
    Ethel runzelte missbilligend die Stirn. Doch dann erinnerte sie sich an das Haus in Chelsea und daran, dass sie in Erwägung gezogen hatte, das Gleiche zu tun wie Carol McAllister. Ihr war nicht ganz wohl, als sie fragte: »Wer war die Letzte?«
    »Eine ältere Frau, meine Vermieterin. Sie kam nachts zu mir ins Bett, als ihr Mann verreist war.«
    »War es schön mit ihr?«
    »Wunderbar. Ich hatte eine glückliche Zeit.«
    »Was ging schief?«
    »Ihr Mann wurde misstrauisch, und ich musste umziehen.«
    »Und dann?«
    »Dann habe ich dich kennengelernt und jedes Interesse an anderen Frauen verloren.«
    Sie küssten sich. Schließlich schob Bernie ihr Nachthemd hoch und legte sich auf sie. Er war sanft und darauf bedacht, ihr nicht wehzutun.
    Als sie später nebeneinanderlagen, war Ethel von tiefer Zuneigung für Bernie erfüllt. Sie war ihm dankbar für seine Freundlichkeit, Klugheit und seine

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