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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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dem Ethel von Jayne McCulley als Kandidatin vorgeschlagen worden war, nicht mehr geliebt. Ethel hatte es sehr vermisst. Nun stützte sie ihre Brüste mit den Händen. In der kalten Luft des Schlafzimmers richteten sich die Brustwarzen auf. »Weißt du, was das ist?«
    »Ich glaube, das sind deine Brüste.«
    »Manche Leute nennen sie Titten.«
    »Ich nenne sie schön.« Seine Stimme war heiser geworden.
    »Möchtest du mit ihnen spielen?«
    »Den ganzen Tag.«
    »Ich weiß nicht recht«, sagte sie. »Aber fang mal an. Dann werden wir ja sehen, wohin es führt.«
    »Na gut.«
    Ethel seufzte glücklich. Männer waren so schlichte Gemüter.
    Eine Stunde später ließ sie Lloyd bei Bernie zu Hause und ging zur Arbeit. Auf den Straßen war nicht viel Betrieb: London hatte an diesem Morgen einen Kater. Im Gewerkschaftsbüro setzte Ethel sich an ihren Schreibtisch. Der Frieden würde neue industrielle Probleme mit sich bringen, erkannte sie, als sie an den Arbeitstag dachte, der vor ihr lag. Millionen Männer verließen die Army und suchten nach Arbeitsstellen; sie würden versuchen, die Frauen zu verdrängen, die vier Jahre lang ihren Job erledigt hatten. Diese Frauen jedoch brauchten ihren Lohn. Längst nicht alle hatten einen Mann, der aus Frankreich nach Hause kam; viele hatten ihre Männer auf den Schlachtfeldern verloren. Die Frauen brauchten ihre Gewerkschaft; sie brauchten Ethel.
    Wann immer die Wahl anstand, würde die Gewerkschaft natürlich für die Labour-Partei die Werbetrommel rühren. Ethel verbrachte fast den ganzen Tag in Planungssitzungen.
    Die Abendzeitungen brachten überraschende Neuigkeiten in Sachen Wahl: Lloyd George hatte beschlossen, die Koalitionsregierung in die Friedenszeit hinein weiterzuführen. Er würde nicht als Parteichef der Liberalen in den Wahlkampf gehen, sondern als Spitzenkandidat der Koalition. An diesem Morgen hatte er vor zweihundert liberalen Abgeordneten in der Downing Street eine Rede gehalten und ihre Unterstützung gewonnen. Gleichzeitig hatte Bonar Law die konservativen Abgeordneten überzeugt, den Plan zu billigen.
    Ethel war wie vor den Kopf gestoßen. Wofür sollten die Menschen dann noch wählen?
    Als sie nach Hause kam, schäumte Bernie vor Wut. »Das ist keine Wahl, das ist eine verdammte Krönung«, sagte er. »King David Lloyd George. Was für ein Verräter. Da hat er die Chance, eine radikale linksgerichtete Regierung zu bilden, und was tut er? Er bleibt weiter mit seinen konservativen Busenfreunden zusammen! Er ist ein verdammter Opportunist.«
    »Geben wir noch nicht auf«, sagte Ethel.
    Zwei Tage später zog die Labour-Partei sich aus der Koalition zurück und verkündete, sie würde gegen Lloyd George antreten. Vier Labour-Abgeordnete, die Minister in seiner Regierung waren, weigerten sich zurückzutreten und wurden umgehend aus der Partei ausgeschlossen. Die Wahl wurde auf den 14. Dezember angesetzt. Damit die Stimmen der Soldaten aus Frankreich ins Land gebracht und ausgezählt werden konnten, sollte das Ergebnis erst nach Weihnachten bekannt gegeben werden.
    Ethel begann mit dem Entwurf von Bernies Wahlkampfplan.

    Am Tag nach dem Waffenstillstand schrieb Maud auf dem geprägten Papier ihres Bruders an Walter und warf das Kuvert in den roten Briefkasten an der Straßenecke.
    Sie hatte keine Ahnung, wann der normale Postverkehr wieder aufgenommen wurde, doch sobald dies geschah, sollte ihr Brief ganz oben auf dem Stapel liegen. Maud hatte sorgsam formuliert, falls noch immer zensiert wurde: Sie ging nicht auf ihre Ehe ein, sondern schrieb, sie hoffe, sie beide könnten nun, da wieder Frieden zwischen ihren Ländern herrsche, ihre alte Beziehung fortsetzen. Vielleicht war der Brief trotzdem riskant. Aber Maud wollte unbedingt erfahren, ob Walter noch lebte, und ihn wiedersehen.
    Sie befürchtete, die siegreiche Entente würde das deutsche Volk strafen, doch Lloyd Georges Ansprache vor den liberalen Abgeordneten beruhigte sie: Den Abendzeitungen zufolge hatte er erklärt, der Friedensvertrag mit Deutschland müsse fair und gerecht sein. »Wir dürfen keinem Rachewunsch, keinem Geiste der Gier und keinen habsüchtigen Wünschen gestatten, die Oberhand über die Grundprinzipien der Rechtschaffenheit zu gewinnen.« Großbritannien würde sich allem entgegenstellen, was »eine gemeine, schäbige, abstoßende Vorstellung von Vergeltung und Habsucht« sei, wie Lloyd George es ausdrückte. Maud war erleichtert. Für die Deutschen würde das Leben ohnehin hart genug

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