Sturz in den Tod (German Edition)
auf. Pasquale machte
sich bei Elisabeth Bergmann rar, angeblich weil er die Heimlichtuerei mit ihr
satthätte und um über ein gemeinsames Leben mit ihr nachzudenken. Elisabeth
Bergmann bekam es mit der Angst, dass seine Entscheidung negativ ausfallen
könnte.
Pasquale schilderte Romy die Szenen, die sich
zwischen der Frau und ihm seitdem abspielten. Dass Elisabeth Bergmann, die bis
dato so souverän damit umgegangen war, heimlich einen dreißig Jahre jüngeren
Liebhaber zu haben, neuerdings fast pausenlos versuchte, ihn am Telefon zu
erreichen. Dass sie unverhofft vor der Tür seines Apartments stand. Neulich
habe sie sogar einen Fuß in seine Tür gestellt, als er sie abwimmeln wollte.
Sie mache ihm immer neue verlockende Angebote. Die elegante Frau Bergmann sei
nicht mehr elegant, seit sie Liebeskummer hatte. Sie sei alt, meinte Pasquale.
Sie ist alt, dachte Romy.
Ihre Mutter dazu zu bringen, sich selbst zu
demütigen, empfand Romy als befriedigende Rache. Rache dafür, dass Romy sich im
Alter von wenigen Monaten nicht hatte wehren können. Als sie von ihrer Mutter
dorthin gebracht wurde, wohin sie nicht wollte. Pasquale war ihre Waffe in
diesem Rachefeldzug.
Elisabeth Bergmann verlor nicht nur ihre Eleganz,
sondern auch ihren Stolz. Dem Flehen, Pasquale solle sich für sie entscheiden,
folgten Verdächtigungen. Es gab Momente, in denen Pasquale diese Aufregung um
seine Person genoss.
Schließlich riet Romy ihm, ihrer Mutter
mitzuteilen, dass er mit ihr Schluss mache. Elisabeth Bergmann verlor völlig
die Fassung. Verzweifelt versuchte sie, Pasquale zum Bleiben zu überreden. Doch
wie jemanden zum Bleiben überreden, der offensichtlich gehen will? Elisabeth
Bergmanns Mittel waren nicht mehr die einer jungen Frau, also versuchte sie es
mit anderen Anreizen. Sie bot Pasquale weitere Schenkungen an. Pasquale ließ
sich lange bitten und willigte schließlich ein. Bei all dem instruierte Romy
ihn. Manchmal fragte sie sich, ob sie zu weit ging, ob ihre Mutter Verdacht
schöpfte. Doch Elisabeth Bergmann war nur glücklich, dass sie ihren jungen
Freund zurückerobert hatte. Und Pasquale verstand es, ihr das Gefühl zu geben,
dass sie ihn nun ganz für sich hatte.
Die Aussicht, mit Romy bald an einem fremden Ort
zusammenzuleben und sich mit ihr gemeinsam nie wieder Sorgen ums Geld machen zu
müssen, ließ ihn durchhalten.
Romy deponierte sämtliche Einnahmen, die Pasquale
bei ihrer Mutter ergatterte, in einem Versteck. Denn sie war die Frau, die
niemand hier kannte und die niemand mit Pasquale in Verbindung brachte. Als Romy
allerdings von ihm verlangte, dass sie sich vorläufig zur Sicherheit nur noch
selten sahen, bis die Sache vorbei wäre, machte ihm
das zu schaffen. Entgegen der Abmachung besuchte er sie oft. Manchmal wurde
Romy deshalb böse und schickte ihn weg. Manchmal verzieh sie ihm seine
Sehnsucht.
Beide Frauen zerrten an Pasquales Nerven. Die
eine, weil er sich zunehmend für das, was er tat, verachtete. Die andere, weil
er sie so sehr begehrte. Elisabeth Bergmann begehrte ihn so sehr, dass sie
jegliche Selbstachtung verlor. Er wiederum begehrte Romy so sehr, dass er
bereitwillig alles tat und auch für richtig befand, was sie von ihm verlangte.
Die eine Frau gab ihm das Gefühl von Macht. Die andere hatte Macht über ihn.
Wenn Romy ihn mal wieder abwies, behandelte er Elisabeth Bergmann schlecht. War
Romy gut zu ihm, behandelte er Elisabeth Bergmann ebenfalls schlecht, denn ihre
Nähe war ihm dann noch weniger erträglich.
Wenn er mit der alten Frau schlief, dachte er
dabei an Romy und stellte sich vor, mit ihr Dinge zu tun, die er zuvor noch
nicht zu tun gewagt hatte. Er müsste unbedingt auch Romy gegenüber
entschiedener werden! Er tat Elisabeth Bergmann weh. Sie ließ es sich gefallen.
Häufig führte sie ihn aus, zum Essen ins
Gourmetrestaurant Belle Epoque oder ins A-ROSA . Sie fuhren nach Lübeck oder Hamburg zum Shoppen. Manchmal
versuchte Elisabeth Bergmann, sich bei Pasquale einzuhaken oder gar seine Hand
zu nehmen. Ein Blick von ihm genügte, und sie unterließ es. Die Frau dorthin zu
bringen, wohin sie niemals gewollt hatte, verlieh Pasquale nicht nur das Gefühl
von Macht, sondern er hatte sich auch noch nie so souverän gefühlt, so
intelligent und so männlich. Er besaß inzwischen auch das Auto der alten Frau,
und es bereitete ihm Freude, wenn er damit Romy aufsuchte und sie sich
vorstellten, in genau diesem Auto eines Tages mit beinahe dem gesamten Vermögen
von Elisabeth Bergmann
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