Sturz in die Zeit: Roman (German Edition)
bereitete den Fragen zur Familie hoffentlich ein Ende. David erfasste die unbehagliche Stimmung. Bis der Kellner kam, um unsere Bestellung aufzunehmen, verwickelte er Jana in eine ausführliche Analyse der Frage, wie unglaublich schlecht das Footballteam in diesem Jahr doch sei. Holly rührte unterdessen schweigend in der kleinen Schüssel mit Süßsauer-Sauce herum, die in der Mitte des Tisches stand.
»Bist du schon fertig mit deinen Fragen?«
Sie hob den Blick und schenkte mir ein angedeutetes Lächeln. »Nicht mal annähernd. Was ist dein Lieblingsbuch?«
»Äh … Fremder in einer fremden Welt von Heinlein«, antwortete ich.
»Hab ich nicht gelesen. Ist das gut?«
»Ja, es ist großartig. Es handelt von einem Menschen, der auf dem Mars aufgewachsen ist und dann auf die Erde zurückkehrt.«
»Klingt interessant. Lieblingssong?«
»Hm. Da kann ich unmöglich einen nennen. Hier meine Top Five in zufälliger Reihenfolge: ›Somewhere Only We Know‹ von Keane, ›Pictures of You‹ von The Cure, ›Falling Slowly‹ von Glen Hansard, ›Mad World‹ in der Version von Gary Jules und ›Beast of Burden‹ von den Rolling Stones.«
Ich hatte es geschafft, nicht nur ältere Songs, sondern auch noch solche aufzuzählen, die in mir lebhafte Erinnerungen an mich und Holly weckten.
»Ich weiß nicht, ob ich einen von denen kenne«, sagte sie.
»Ich bin sicher, du würdest den ein oder anderen erkennen.«
»Lieblingsfilm?«
Ich ging wieder ziemlich weit zurück, einfach sicherheitshalber. »Zurück in die Zukunft.«
Adam verschluckte sich an seinem Wasser und prustete es bis zu mir hin.
Holly lachte. »Okay, merkwürdige Wahl.«
»Deiner ist bestimmt irgendein kitschiger Achtziger-Jahre-Streifen mit einer Frau in der Hauptrolle.«
So was wie Flashdance .
Holly verdrehte die Augen. Der Kellner brachte unser Essen. »Nicht mal annähernd.«
»Was soll denn dieses Verhör, Hol?«, fragte David.
Sie wickelte Nudeln um ihre Gabel. »Ich schließe neue Freundschaften.«
»Interessant«, sagte David, und seine Mundwinkel zuckten.
Als die anderen ins Gespräch versunken waren, knüpfte Holly an unsere Unterhaltung an. »Wie hieß deine Schwester denn?«
»Courtney«, sagte ich leise. Man sollte meinen, es würde mit der Zeit leichter, ihren Namen auszusprechen, aber so war es nicht. »Darf ich dich jetzt mal was fragen?«
»Nur zu.«
»Warum trainierst du frühmorgens, wenn du deinen Turnanzug doch offenbar an den Nagel gehängt hast?«
»Weil’s Spaß macht. Das ist der einzige Grund, wirklich«, antwortete sie.
»Reine Liebe zum Sport. Wie erbaulich.«
Sie lachte und warf ihre Serviette nach mir. »Mach dich ruhig über mich lustig. Wenn du mal fünf Minuten Trampolin gesprungen bist, wirst du schon sehen, dass du auch süchtig wirst.«
»Gibt es sonst noch irgendwelche Süchte, von denen ich wissen sollte, bevor ich noch mal zu dir ins Auto steige?«
»Nur Koffeinabhängigkeit«, gestand sie.
»Koffeinsüchtig bin ich auch.«
»Und dir macht es nichts aus, mit Leuten rumzuhängen, die noch zur Schule gehen?«
»Da, jetzt urteilst du schon wieder vorschnell. Wir können doch nicht alle auf der Überholspur leben wie du. Außerdem habe ich eine Hochschuleignungsprüfung gemacht, die dem Highschool-Abschluss gleichwertig ist. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.«
»Ist diese andere Prüfung schwierig?«, fragte sie.
»Keine Ahnung. Ich hab jemanden dafür bezahlt, dass er sie für mich besteht.«
Adam verschluckte sich schon wieder, diesmal an einem Stück Huhn. Ich schlug ihm auf den Rücken, während er hustete.
»Sehr komisch. Okay, was ist dein … Lieblingsort in New York?« Sie schob das Pad Thai auf ihrem Teller herum und wartete geduldig auf meine Antwort.
»Der Central Park.«
Sie zog ihre Augen zusammen. »Na, da haben wir ja was gemeinsam.«
»Heißt das, du gibst mir deine Nummer?«
Aus irgendeinem Grund schienen die anderen Gespräche am Tisch, eine Zehntelsekunde bevor ich das fragte, verstummt zu sein. Schlechtes Timing. Alle hielten kurz inne und aßen dann weiter. Holly schaute mich unverwandt an, und ich wartete, während sie einen großen Schluck Wasser trank. »Ich geb dir meine E-Mail-Adresse.«
»Auch gut.«
»Wann sind wir eigentlich durch mit diesem ewigen Gefeilsche?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Also, mir macht’s Spaß.«
Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Mir auch.«
Ich hatte ihre Nummer natürlich längst, aber ich wollte, dass
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