Sub Terra
Befehl, traten sie auf eine Lichtung. Über einen Bach, der den Weg kreuzte, führte eine Steinbrücke. Ihr Begleiter wartete am Fuß der Brücke und setzte sich auf einen Stein. Den Dolch hielt er in der Hand. »Dogaomarubi«, wiederholte er. Er zeigte auf zwei runde Felsen.
Ashley warf Ben einen fragenden Blick zu. Ben schaute ihren Führer an.
Sie sah, dass er ihnen gestikulierend mitteilte, sich hinzusetzen. »Dogaomarubi«, sagte er mit noch mehr Nachdruck.
»Er will, dass wir uns setzen«, sagte Ashley, setzte sich auf einen der Steine und setzte ihren Rucksack ab. »Do gaomarubi heißt wahrscheinlich ›Ruhepause‹.«
Ben hockte sich auf den Felsblock neben sie und ließ seinen Rucksack mit einem Seufzer vom Rücken gleiten. »Das war Zeit.«
Das Wesen ging zu Ben und bot ihm seinen Dolch an.
Ben nahm ihn. »Danke …« Zu Ashley gewandt sagte er: »Ist das ein Geschenk? Muss ich ihm jetzt auch was geben?«
»Weiß ich nicht. Das ist von Kultur zu Kultur unterschiedlich. Manchmal ist es auch eine Beleidigung, ein Geschenk mit einem Geschenk zu erwidern.«
»Was mache ich denn jetzt? Soll ich irgendetwas damit anstellen? Mir die Handfläche aufschneiden? Sein Blutsbruder werden?«
Sie zuckte mit den Achseln.
Ihr Begleiter starrte sie während ihrer Unterhaltung an. Seine Ohren drehten sich immer wieder vor und zurück, als sie sprachen. Schließlich gab er ein lautes Grunzen von sich, ging auf Ben zu und schnappte sich den Dolch. Er kniete sich vor Ben und zog dessen Hosenbein hoch.
Ben wollte sein Bein zurückziehen – da wurde er starr vor Schreck.
Ashley sah es auch und schnappte nach Luft. »Was ist das?« Sie ging hinüber, um es sich genauer anzusehen, und bückte sich neben Ben. Eine schwarze Nacktschnecke, so groß wie ein Handteller, klebte an seinem Schienbein. Sie sah, wie ihr Körper wellenförmig erzitterte und ein paar Millimeter größer wurde.
Ihr Begleiter setzte das Messer an und löste das Tier geschickt von Bens Bein. Die Saugnäpfe hielten sich zuerst stur fest, sprangen dann aber ab. Zwei kleine rosa Kreise mit nadelstichartigen Löchern in der Mitte markierten die Stelle, wo das Tier gesessen hatte. Ein paar Tropfen Blut sickerten heraus.
»Scheißblutegel!«, schrie Ben. Ein Schauder lief ihm über den Rücken. Er schoss hoch und zog sich die Hose aus, das Gesicht angewidert vor Ekel. Fünf weitere Blutegel klebten an seinen Beinen. Ashley verzog das Gesicht, als sie sah, dass sich einer auf seiner rechten Gesäßhälfte festgesaugt hatte. Sie blickte an ihren Beinen hinunter. Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass tausende dieser widerlichen Parasiten ihre Beine hinaufkrabbelten. Auch wenn sie wusste, dass sie sich das nur einbildete, öffnete sie doch rasch ihren Gürtel und stieg aus ihrer Hose.
Sie hielt den Atem an und schaute auf ihre Beine. Zwei schwarze Fladen klebten auf ihrem linken Oberschenkel und einer auf dem rechten. Mist! Wer wusste, welche Krankheiten die Schnecken übertragen konnten.
Ben, mittlerweile nackt von der Taille abwärts, war grün im Gesicht, als der letzte Parasit entfernt war. Als das Wesen fertig war, kam es mit dem Messer zu Ashley.
»Ich kann das selbst«, sagte sie und hielt die Hand auf.
Das Wesen schaute auf ihre Hand, dann zu ihrem Gesicht auf. Mit Nachdruck streckte sie die Hand noch weiter aus. Es hielt inne und schien zu verstehen … nickte sogar! Dann legte es das Heft des Messers in ihre Hand.
Verfluchte Blutegel! Ashley schob die Messerspitze unter den hinteren Saugnapf und hebelte den Leib des Egels hoch, bis sie an den vorderen Saugnapf gelangte. Sie musste ein wenig daran zerren, bis sich der letzte Saugnapf lösen ließ. Dann trug sie den Blutegel mit dem Diamantdolch zum Bach und warf ihn hinein, wie es das Wesen vorgemacht hatte. Danach machte sie sich an die beiden anderen Egel heran.
Kaum hielt sie den letzten schwarzen Parasiten auf der Schneide des Messers, nahm das Wesen den Egel vorsichtig zwischen die Finger einer Hand, zeigte mit der anderen darauf und sagte: »Dogaomarubi!« Dann warf es den Egel ins Wasser.
Ben zog seinen Gürtel zu. »Ich glaube nicht, dass Dogaomarubi ›Ruhepause‹ heißt. Ich glaube, es heißt eher ›verfluchter Blutegel‹.«
Ashley nickte, während sie sich den Rucksack aufsetzte. »Hast du bemerkt, dass er die Parasiten nicht getötet hat? Wie vorsichtig er sie mit dem Messer gelöst hat? Ich habe einen der Egel im Wasser beobachtet. Er saugte sich mit Wasser voll und bewegte
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