Sub Terra
den Gegenstand aus seiner Tasche, damit er nicht runterfiel, doch er verfing sich im Stoff. Jason hielt inne und atmete tief ein. Nichts überstürzen! Mit noch stärkerer Konzentration befreite er ihn aus der Jacke und seufzte erleichtert auf. Dies war der einzige Gegenstand aus seiner Sporttasche, den Khalid ihm gelassen hatte.
Er betete, dass die Batterien noch nicht leer waren, als er den Nintendo-Gameboy anknipste. Sofort plärrte die vertraute Erkennungsmelodie aus dem Spielzeug. Jason drehte die Lautstärke ganz auf. Die Musik war zwar nicht ausgesprochen laut, aber mit ein bisschen Glück würde Ben auf den seltsamen Klang aufmerksam werden, wenn er aus dem Gebäude kam.
Er wartete. Bitte, Ben, mach schnell. Aber wenn nun die Batterien vorher schlappmachten? Und wenn er sich geirrt hatte und Ben schon wieder fort war? Und wenn der Timer an seinem Gürtel ablief, bevor Ben ihn gehört hatte? Die furchtbarsten Befürchtungen schossen ihm durch den Kopf.
Aber ein Gedanke kam ihm erst in den Sinn, als er die schwarze Schnauze rechts von sich um die Ecke kommen sah: Was, wenn nicht Ben, sondern jemand anderes von dem Geräusch angelockt wurde? Jason sah, wie die Bestie ihn sanft anfauchte und die Nüstern abwechselnd blähte und wieder zusammenzog. Er knipste den Gameboy aus und blieb mucksmäuschenstill. Die Bestie trat nun ganz in Erscheinung. Aus ihren Wunden an Bauch und Hals quoll Blut. Doch schien sie das nicht weiter zu stören, als sie langsam auf ihn zuschlich.
34
ASHLEY WAR SICH sicher, dass es ihrem Sohn gut ging. Es konnte gar nicht anders sein. Sie legte den Stift hin. Den ganzen Tag über hatte sie in Umbos Höhle gearbeitet und versucht, sich durch Beschäftigung abzulenken. Sie hatte katalogisiert, vermessen und in ihre Kladde geschrieben.
Sie blickte auf die Uhr. Es war schon spät am Abend. Ben musste bereits auf dem Rückweg sein. Ob er eine Nachricht von Jason hatte? Oder schlimmer: Was, wenn er gar nicht zurückkam? Wie lange musste sie noch warten? Bis die Anspannung sie in den Wahnsinn trieb?
Seufzend setzte sie sich und schaute zu dem dösenden Mo’amba hinüber, der auf der anderen Seite mit geschlossenen Augen saß. Er war ihre einzige Wache. Die anderen hatte er fortgeschickt. Sie hatten ihm ohne ein Wort der Widerrede gehorcht.
Sie blickte auf das schwarze Wurmloch, durch das Ben verschwunden war. Sie könnte einen Ausbruchsversuch wagen. Wenn Mo’amba wirklich ein Nickerchen machte … Sie schüttelte den Kopf. Sie müsste verdammt weit klettern. Und sie würden sie bestimmt einholen. Außerdem konnte sie Michaelson nicht im Stich lassen. Selbst wenn sie durch ein Wunder entkommen könnte, würde er an ihrer Stelle sterben.
Plötzlich öffnete Mo’amba die Augen und blickte sie an. Er erhob sich mit Mühe. Das stundenlange Sitzen machte ihn anscheinend steif. Ashley ging zu ihm hinüber und half ihm auf.
Er blickte zu dem Ausgang, der in die Siedlung führte.
»Was ist los?«, fragte sie ihn.
Mo’amba legte ihr die Hand auf den Mund, damit sie schwieg. Dann bedeutete er ihr, ihm zu folgen. Mit seinem Stab als Krücke humpelte er hinaus und zog sie in einen schattigen Alkoven auf der anderen Seite des Ganges.
Was ging da vor sich? Auf die Antwort musste sie nicht lange warten. Sie hörte das leise Geräusch lederner Schuhe auf Stein herankommen. Jemand näherte sich. Aber wer?
Ashley warf neugierige Blicke in den schwach beleuchteten Tunnel, bis Mo’amba sie in den Schatten zurückzog. Sie wartete mit angehaltenem Atem. Den Schritten nach zu urteilen, war es mehr als einer.
Sie drückte sich tiefer in die Nische. Die Gruppe ging dicht an ihr vorbei und verschwand in Umbos Höhle. Sie unterdrückte ein Zischen, als sie die knochige Gestalt erkannte. Es war Sin’jari.
Die anderen beiden waren das genaue Gegenteil von ihm. Während er lang und knochig war, waren seine zwei Begleiter muskelbepackt und gedrungen. Aber es gab keinen Zweifel, wer hier der Boss war. Ein bloßes Stirnrunzeln von ihm ließ die beiden zusammenzucken. Und das taten sie oft! Aus seinen Gesten und scharfen Anweisungen konnte Ashley schließen, dass Sin’jari offensichtlich Befehle gab, welche die beiden nur widerwillig befolgten.
Sin’jari bellte einen letzten Befehl, und die beiden stiernackigen Bullen krochen in das Wurmloch, das zur Alpha-Höhle führte.
Was geschah da? Ashley verstand kein Wort von dem, was gesprochen wurde, doch Mo’amba schon. Sie fühlte, wie er sich neben ihr
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