Sub Terra
da draußen. Haltet die Augen offen – und bitte lasst alle Lampen an. Im Augenblick sollten wir nicht mit Batterien sparen.«
Weitere Lichter flammten in der Dunkelheit auf. Gut. Sie wollte nicht, dass noch jemand im Dunkeln verschwand.
Michaelson half ihr, über eine breite Kluft zu springen. Ein weiteres Hindernis auf ihrem Weg. Bis jetzt war ihr Vorankommen dadurch aufgehalten worden, dass sie sich um Felsbrocken herumschlängeln, ihren Weg aus Sackgassen zurückfinden und gefährlichen Felsspalten ausweichen mussten. Kein Wunder, dass Halloway verschwunden war.
»Das hier wäre alles tausendmal einfacher, wenn man uns mit Walkie-Talkies ausgestattet hätte. Dann hätten wir Halloway einfach angefunkt.«
Michaelson brummte: »Zu viele Felsen. Würde nicht funktionieren.«
Ashley seufzte und arbeitete sich schweigend mehrere Meter weiter vor. Dann fragte sie zum dritten Mal: »Sie haben also weder etwas gehört noch gesehen, als Sie hier unten waren?«
»Warten Sie ab, bis Sie erst den Fluss erreicht haben. Das Rauschen ist ohrenbetäubend. Eine Büffelherde hätte in wilder Panik hier durchtrampeln können – ich hätte nichts gehört.« Er klang aufgeregt. »Ich hasse diese Verzögerungen. Wir sollten längst am anderen Ufer und wieder auf dem Weg sein. Zum Teufel mit Halloway!«
Ashley schreckte bei seinem Ausbruch leicht zusammen. »Es war nicht sein Fehler.«
»Wie meinen Sie das?«
»Sie hatten Ihre Befehle. Sie sollten am Wurmloch bleiben. Sie haben eigenmächtig entschieden, sich auf eigene Faust vorzuwagen. Aus diesem Grund musste ich Ihnen jemanden hinterherschicken. Nun ist Halloway verschwunden.«
Michaelson schüttelte den Kopf. »Das war ein Aufklärungseinsatz. Ich wollte uns ein schnelleres Vorankommen ermöglichen und unnötige Verzögerungen verhindern.«
»Das ist doch Schwachsinn, Dennis.«
Er blieb stehen und erstarrte.
»Dennis«, sagte sie, »ich weiß, warum Sie hier sind. Ich weiß von Ihrem Bruder.«
»Dann hat es Blakely Ihnen erzählt.«
»Es kommt nicht darauf an, wer es mir erzählt hat«, sagte sie. »Worauf es mir ankommt, ist, dass Ihre Absicht, Harry zu finden, unsere Mission gefährdet.«
Er erstarrte noch mehr. »Das sehe ich nicht so.«
»Ich weiß. Darum habe ich das Thema ja aufgebracht. Einer muss es Ihnen sagen. Sie denken mit dem Bauch, nicht mit dem Kopf. Sie sehen die Spuren gar nicht – zum Beispiel die eingebeulte Tasse. Sie stürmen als Erster vor. Allein. Womit Sie sich selbst schon genug gefährden. Doch jetzt haben Sie jemand anders in eine gefährliche Situation gebracht.«
Er spannte seine Schultern an und senkte die Stimme. »Aber ich muss meinen Bruder finden.«
Ashley legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. »Wir werden ihn finden. Aber gemeinsam.«
Ein paar Sekunden lang rührte er sich nicht, dann machte er einen ungeschickten Schritt nach vorn und räusperte sich. »Wir sind fast am Fluss. Er ist gleich da vorn.«
Kopfschüttelnd folgte Ashley Michaelson um den Felsen herum. Der Pfad wurde immer unwegsamer, je näher sie dem dröhnenden Fluss kamen. Auf den letzten Metern versperrte ihnen eine Formation von Höhlenperlen den Weg, und sie mussten darunter weiterkriechen.
Schlammbedeckt erreichten sie schließlich das Flussufer. Unter ihnen, zwischen den steilen Ufern, wühlte sich schwarzes Wasser durch das Flussbecken. Die salzhaltige Gischt stach ihnen in die Augen.
Mit einem feuchten Taschentuch wischte sich Ashley den Lehm von der Stirn, beugte sich nahe zu Michaelson und schrie ihm ins Ohr, um den Fluss zu übertönen: »Er hätte niemals versucht, den Fluss allein zu überqueren.«
Michaelson nickte. »Vielleicht haben Ben und Villanueva ja mehr Glück«, brüllte er. »Warum gehen wir nicht …«
Ein Schrei durchschnitt das Dröhnen des Flusses und schallte durch die Höhle.
Erschrocken blickten sich Michaelson und Ashley an.
»Was war das, zum Teufel?«, brüllte sie. »Es klang, als käme es von der anderen Seite des Flusses!«
Michaelson versuchte, mit seinem Licht den Sprühnebel zu durchdringen. »Es könnte auch ein Echo gewesen sein.«
»Das gefällt mir nicht. Lassen Sie uns die anderen zurückrufen.« Ashley drehte sich herum, um den Weg zurückzugehen, als ein zweiter Schrei ertönte, der abrupt abbrach. »Wir machen besser, dass wir fortkommen.«
Doch Michaelson stand da, die Lampe in die Dunkelheit des anderen Flussufers gerichtet.
Ashley biss die Zähne zusammen und zog ihn am Arm. »Los, Soldat.
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