Succubus Blues - Komm ihr nicht zu nah
einen Pin ganz links umzuwerfen. Ich jauchzte unwillkürlich auf.
»Nett«, ermunterte mich Roman und setzte zwei Krüge billiges Bier auf den Tisch. Ich hatte seit über einem Jahrzehnt nur noch Bier von kleinen Brauereien getrunken. »Jeder hat mal klein angefangen.«
Was sich im weiteren Verlauf des Abends gewiss als wahr erwies. Meine Punktzahl wuchs langsam, obwohl ich bald die hässliche Angewohnheit entwickelte, beim ersten Wurf Splits zu produzieren. Ich zeigte keinerlei Talent, die Pins zu räumen, trotz Romans Erläuterungen. Ich musste ihm zugestehen, dass er gute, überhaupt nicht bedrohliche Ratschläge gab und ebenso gute handgreifliche Anweisungen.
»Dein Arm geht so, und der restliche Körper neigt sich hierhin«, erklärte er, während er eine Hand auf meine Hüfte legte und die andere auf mein Handgelenk. Meine Haut erwärmte sich unter seiner Berührung, und ich überlegte, ob seine Handlungen wirklich von Altruismus geprägt waren oder nur eine Ausrede, Hand an mich zu legen. Solche Techniken wandte ich regelmäßig bei meiner Arbeit als Sukkubus an. Ich trieb Männer zur Raserei, und jetzt wusste ich, weshalb.
List oder nicht, ich ließ ihn gewähren.
Ich erklomm meinen Gipfel im zweiten Spiel, wobei mir sogar ein Strike gelang, obwohl meine Vorstellung in der dritten Runde schwächer wurde, als Bier und Müdigkeit zuschlugen. Roman spürte das, erklärte unser Bowling-Abenteuer für beendet und lobte meine Fortschritte in den höchsten Tönen.
»Müssen wir jetzt zum Essen in irgendeine Kaschemme fahren, damit es zu deinem Traum-Rendezvous vom Unters-Volk- Mischen auch passt?«
Er legte den Arm um mich, als wir zum Wagen hinausgingen. »Das hängt vermutlich davon ab, ob du meinen Verführungskünsten unterlegen bist oder nicht.«
»Bringst du mich irgendwohin, wo es gut ist, wenn ich ja sage? Manchmal funktioniert das mit dem Piekfein, weißt du.«
Am Ende saßen wir bei einem Edel-Japaner, worüber ich sehr zufrieden war. Wir ließen uns Zeit, während wir sowohl das Essen als auch das Gespräch genossen, und erneut beeindruckten mich Romans Kenntnisse und Geist. Diesmal diskutierten wir über aktuelle Themen, erläuterten unsere jeweiligen Ansichten zu letzten Meldungen und zu kulturellen Dingen, zu Dingen, die wir mochten, Dingen, die uns in den Wahnsinn trieben und so weiter und so fort. Ich entdeckte, dass Roman ziemlich viel in der Welt herumgekommen war und ganz bestimmte Meinungen zu Affären der Weltpolitik vertrat.
»Dieses Land ist völlig in sich selbst verliebt«, beklagte er sich, wobei er an seinem Sake nippte. »Es ist, als würde es vor einem großen Spiegel sitzen. Den ganzen Tag lang betrachtet es sich. Wenn es einmal wegsieht, dann nur, um anderen zu sagen, sie sollten „dieses tun“ oder „genau wie ich“ sein. Unsere Militär- und Wirtschaftspolitik bedrängt die Menschen jenseits unserer Grenzen, und im Innern bedrängen konservative Gruppe andere Bürger. Ich hasse das!«
Ich hörte interessiert zu, bezaubert von dieser Seite eines normalerweise fröhlichen und lockeren Mannes. »Also unternimmst du was dagegen. Oder gehst.«
Er schüttelte den Kopf. »Ganz der bequeme Bürger. Die alte Politik von „wenn’s dir nicht gefällt, kannst du gehen“. Zum Unglück ist es wesentlich schwerer, sich von seinen Wurzeln loszuschneiden.« Er lehnte sich zurück und grinste gezwungen leichtfertig. »Und ich unternehme hier und da etwas. Kleinigkeiten. Mein eigener Kampf gegen den Status quo, weißt du? Nehme gelegentlich an einer Demo teil. Kaufe keine Produkte, die in der Dritten Welt gefertigt wurden.«
»Du kaufst keinen Pelzmantel? Isst biologische Nahrungsmittel?«
»Auch das«, gab er kichernd zu.
»Komisch«, sagte ich nach einem Augenblick des Schweigens. Etwas war mir gerade aufgegangen.
»Was?«
»Die ganze Zeit über haben wir über aktuelle Dinge gesprochen. Keine traumatische Kindheit geteilt, keine Tage am College, keine Ex-Freunde oder was sonst noch.«
»Und was ist daran so komisch?«
»Eigentlich nichts. Es ist nur so, dass der Prozess des Kennenlernens normalerweise diktiert, dass alle einander ihre Geschichte erzählen.«
»Willst du das?«
»Eigentlich nicht.« In Wirklichkeit hasste ich an Rendezvous diesen Teil. Ich musste meine Vergangenheit stets beschönigen. Ich hasste die Lügen und dass ich stets auf der Hut sein musste, was ich erzählt hatte.
»Ich glaube, die Vergangenheit plagt uns schon so genügend, dass wir sie nicht
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