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praktisch konstruiert, sie bestanden aus fertigen Teilen, jedes einzelne nummeriert wie ein Set Bauklötze. Vor ein paar Jahren war eine der Hütten restauriert und als Feldstation für den Regierungsbevollmächtigten in Betrieb genommen worden. Es bestand also ein kleines, aber doch existentes Risiko, entdeckt zu werden. Deshalb hatten die drei Bergarbeiter sich dafür entschieden, lieber die verfallene Hütte ungefähr auf halbem Weg zwischen Phantomodden und Kap Ekholm als Treffpunkt auszumachen.
Auf der Karte hatte es nicht so weit ausgesehen, aber sie waren erst spät in Longyearbyen aufgebrochen, und es war schon nach neun Uhr am Freitagabend, als sie endlich ihre Scooter abstellen konnten. Die Hütte war in einem erbärmlichen Zustand. Ein Eisbär hatte draußen sein Unwesen getrieben und die Kohlensäcke zerfetzt. Außerdem hatte er die Tür zum Windfang halb zerschmettert. Als Erstes mussten sie eine hohe Schneewehe wegschaufeln, um überhaupt in die Hütte zu kommen. Aber nach einer Stunde Arbeit stand Lars Ove am Kohleherd und briet Eier mit Speck, Brot und Butter standen auf dem Tisch, und Kristian holte eine Flasche Cognac heraus, aus der er großzügig in die Kaffeetassen einschenkte. Schließlich saßen die beiden Kumpel warm, satt und zufrieden da und warteten auf Steinar. Das dauerte länger, als sie erwartet hatten.
»Kjell?« Die Stimme klang nervös. »Ich glaube, ich habe etwas, das dich interessieren könnte.«
»Ja?« Kjell musste nicht lange fragen, wer da anrief. Es war schon öfter vorgekommen, dass er aus dieser Quelle nützliche Informationen bezogen hatte.
»Wir reden über Schmuggel.«
»Reden wir vielleicht über Rentierfleisch?«
»Schon möglich.«
»Und Tabak? Vielleicht auch Schnaps?«
»Hm. Und über einen Krabbenkutter, der durch die Nordporten auf dem Weg in die Hinlopenstraße ist. Aber ich kann nicht sagen, woher ich das weiß.«
»Was sagst du? Hinlopen? Zu dieser Jahreszeit? Mein Gott, haben die denn die Unwetterwarnungen nicht mitgekriegt?«
»Da ist noch was. Es gehen in der Stadt Gerüchte um, dass drei Bergarbeiter mit vollbeladenen Schneescootern und Schlitten auf dem Weg in den Norden sind. Ist die Frage, was die da zu tun haben. Sogar im Karlsberger fanden sie es merkwürdig, bei einem angekündigten Schneesturm einen Ausflug in den Norden zu machen.«
»Aha.« Es war still am anderen Ende der Leitung. Aber es war eine zustimmende Stille. Kjell wusste nur zu gut, worauf der Funker hinauswollte. »Gab es Kontakt zwischen den verschiedenen Parteien?« Er drückte sich vorsichtig aus, um den Funker nicht in Verlegenheit zu bringen.
»Das kann man so sagen, ja.« Zum Teufel mit der Schweigepflicht, es war wichtig. Nach einer weiteren Pause fragte er: »War das nützlich?«
»Ja, und wie nützlich das ist!«, antwortete Kjell, fast empört.
Die Meeresenge Hinlopen ist mehr als neunzig Seemeilen lang und am breitesten bei Nordporten. Von Verlegenhuken bis Langrunnodden auf Storsteinhalvøya beträgt die Entfernung fünfzehn Seemeilen. Die Seestraße ist bei Sparreneset, südlich des Murchinsonfjords, am engsten, nur fünf Seemeilen breit. Aber am Sørporten ist die Fahrrinne voll mit großen und kleinen Inseln, Klippen und Sandbänken. Vielleicht ist es hier am gefährlichsten, wo das Meereseis zu einer lärmenden Mühle eiskalter Kräfte zusammengedrückt wird. Doch der schwierigste Punkt der Durchfahrt ist schwer auszumachen, weil alles von der Tide, der Windstärke und der Richtung abhängt und natürlich vom Eis.
Der Kapitän der »Ishavstrål« stand selbst am Ruder, als das Schiff in der Nacht vom Freitag auf Samstag von Nordporten aus langsam in die Enge fuhr. Er hielt deutlich Abstand von der Mosselhalvøya und machte einen weiten Bogen um sie herum, so dass er den Sorgefjord mittschiffs vor sich hatte, bis er schließlich die Richtung änderte. »Vor Verlegenhuken gibt es Untiefen«, erklärte er der Mannschaft, die sich im Ruderhaus versammelt hatte. Keiner von ihnen sagte etwas, sie wussten, dass er das gar nicht erwartete.
Der Wind blies kräftig aus Südost, die Tide war gerade von Ebbe in Flut umgekippt und hatte den Eisengriff des Treibeises gelöst. Das Packeis dümpelte um die Schiffsseite, aber Maschine und Bug der »Ishavstrål« waren darauf ausgerichtet, in Fahrwasser mit Eis zu fahren. Langsam, aber stetig schob der Bug die Schollen beiseite. Tiefer im Sorgfjorden flaute der Wind ab, und das Eis wurde dünner. Der Skipper erhöhte das
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