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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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erfahren. Auf jeden Fall hatte ich gelernt, dass verständnisvolles Zuhören und Pausen an der richtigen Stelle jeden zum Reden brachten.
    Diese Taktik wollte ich auch bei Erin anwenden, die den Siebzehnjährigen mittlerweile mühelos um den Finger gewickelt hatte. Sie hatte ihm erzählt, sie komme aus San José und habe dringende Dokumente für Strawberry Labs. Erst bei ihrer Ankunft in Felton sei ihr aufgefallen, dass das Büro in San José die Adresse vergessen habe. Dort sei niemand zu erreichen, und im Telefonbuch könne sie die Firma auch nicht finden. Ob er sich in der Gegend auskenne? Nein, da konnte er ihr nicht helfen. Auf ihrem Gesicht malte sich zunehmende Verzweiflung. Ob er denn gar nichts für sie tun könne? Bei ihr gehe im Moment wirklich alles schief. Augenblick mal, sagte er. Strawberry Labs sei doch tatsächlich Kunde bei ihnen. Was für ein Zufall!
    »Fünf Kilometer in den Canyon hinein«, sagte Erin kühl.

    Ich legte einen Zwischenstopp am einzigen Coffeeshop der Stadt ein und bestellte den größten und stärksten Kaffee auf der Kreidetafel. Dann bat ich das Mädchen hinter der Theke, das Gebräu mit zwei Espressos aufzupeppen. Vermutlich fragte sich die Bedienung, ob ich einen Elefanten mit Kreislaufproblemen kurieren wollte.
    Wir folgten der kurvigen Straße durch einen immer dichter werdenden Wald in den Canyon hinein. Rechts und links gingen unbefestigte Stichstraßen ab. Der Wegweiser zu unserer Adresse zeigte nach rechts. Nach
einem halben Kilometer Fahrt durch dichte Vegetation erreichten wir ein Tor, hinter dem drei Häuser lagen. Das in der Mitte war das modernste. Es sah aus wie die Designerversion einer Blockhütte und hätte aus dem Architectural Digest stammen können.
    Die anderen Gebäude schienen leer zu stehen. Zumindest hörten wir nichts und konnten auch keine Bewegung entdecken, die darauf hingedeutet hätte, dass wir nicht allein in dieser Wildnis waren. Links von der Blockhütte reichte eine rechteckige Kiefernholzscheune zwanzig Meter tief in den Wald hinein. Vermutlich ein Lagerraum. Bei dem Gebäude rechts handelte es sich um ein dunkel gestrichenes Wohnhaus mit Garage. Die roten Vorhänge vor den Fenstern waren zugezogen, und es wirkte geradezu klinisch sauber.
    »Nicht gerade einladend«, meinte ich.
    »Wir nehmen das Haus in der Mitte«, sagte Erin.

    Als ich mich der Haustür näherte, fasste ich plötzlich wieder Mut. Nicht, dass ich neue Erkenntnisse gehabt hätte, aber das Schild an der Tür schien mir vertrauenerweckend.
    »Strawberry Labs«, stand in kleinen, schwarzen, mit der Hand geschriebenen Lettern auf einer Holztafel, die mit Draht an der Tür befestigt war.
    Eine Softwarefirma im Silicon Valley. Vielleicht war sie in finstere Machenschaften verstrickt, vielleicht auch nicht. Hier würden wir jedenfalls nur die Techniker finden. Techniker verdienten ein solches Misstrauen nicht. So dachte ich, als ich an die Tür der Firma klopfte, die nach dem verstorbenen Hund meiner verstorbenen Freundin benannt war.

    Keine Antwort. Ich klopfte erneut. Erin stieß die Tür auf. Wir standen in einem chaotischen Raum, der von einem runden Esstisch aus Eiche beherrscht wurde. Auf dem Tisch türmten sich Berge von Papier, die aussahen, als hätte jemand versucht, mit einem Laubsauger Ordnung zu schaffen.
    Rechts von der Eingangstür führte eine Treppe nach oben, eine andere nach unten – vermutlich zur Garage.
    »Hallo«, rief ich, während ich mich der Treppe zum ersten Stock näherte. »Ist hier jemand?«
    Keine Antwort. Ich sah mich nach Erin um, die vor der Treppe nach unten stand, und ging weiter. Die drei Türen im oberen Stock waren geschlossen. Mein Instinkt trieb mich zu der links vor mir. Oder war es der durchdringende Gestank?
    Die Tür ließ sich mühelos öffnen. Zuerst sah ich die Computer. Dann erst fielen mir die Plexiglaskäfige auf, von denen je vier aufeinandergestapelt waren. Es mussten mindestens zwölf sein, vielleicht sogar bis zu zwanzig. Jeder Käfig enthielt mindestens eine Ratte, manche fünf oder mehr.
    Es dauerte einen Augenblick, bis ich merkte, dass die Tiere tot waren. Sie sahen aus wie mitten in der Bewegung erstarrt. Als wäre ein Tierpräparator vorbeikommen und hätte sie bereits ausgestopft.
    Das konnte nur durch ein hoch wirksames Gift verursacht sein. Meine Theorie bestätigte sich, als ich auf einem Tisch rechts von mir eine Handvoll Arzneimittelgläschen mit Strychnin entdeckte. Alle waren geöffnet, eines war umgekippt.

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