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Südbalkon

Südbalkon

Titel: Südbalkon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabella Straub
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bin ich nicht zufrieden. Trotzdem nicke ich und sage: »Aha.«
    »Ruth, der Herr Direktor möchte in Ruhe essen«, sagt meine Mutter.
    »Elfi, lass nur, deine Tochter hat Esprit«, sagt Herr Walter.
    Ich fühle mich geschmeichelt. Womöglich ist Herr Walter jetzt jedes Mal beim Essen dabei, wenn wir nach Unterbruchstetten fahren, eine angenehme Vorstellung. Vielleicht kann man nach dem Essen regelmäßig spazieren gehen, auf dem Fitnesspfad etwa, der quer durch den Wald führt.
    Endlich setzt sich meine Mutter zu uns, sie ist ein wenig rotim Gesicht von der Arbeit, der Küchendampf hat sich über ihre Frisur hergemacht.
    »Es schmeckt sensationell«, sagt Herr Walter und lächelt sie an. »Du bist eine Großmeisterin des Verwöhnens. Mach doch ein Gasthaus auf!«
    »Also, Walter, wirklich«, sagt sie, schüttelt den Kopf und lächelt, verschämt wie eine Sechzehnjährige.
    »Ja, sehr gut«, stimmt nun auch Raoul in den Lobgesang ein. Der Raum ist erfüllt von positiven Menschen und positiver Energie. Wie zufällig berühre ich Herrn Walters Hand. Er zuckt zurück und sagt: »Oh, Entschuldigung«, so als sei es seine Ungeschicklichkeit gewesen.
    Raoul sieht mich aufmerksam an.
    »Und was machen Sie in Ihrer Freizeit so?«, frage ich Herrn Walter, ohne mich irritieren zu lassen, und er antwortet: »So unheimlich viel Freizeit habe ich leider nicht. Zum Glück sind meine Kinder schon groß.«
    »Walter hat schon zwei Enkel!«, ruft meine Mutter. »Svenja und Ronja.«
    »Aha«, mache ich.
    Und dann geschieht es. Während sie frische Rindsschnitzel aufträgt. Herr Walter schlingt seinen rechten Arm um den Leib meiner Mutter und lässt ihn für einen Moment auf ihrer linken Pobacke ruhen. Mir fällt beinahe das Salatblatt aus dem Mund. Da läuft was. Ich kann’s nicht glauben. Raoul grinst.
    »Danke, sehr gut«, sage ich und schiebe den Teller weg. Schnell aufstehen, ins Bad.
    Ich höre meine Mutter hinter mir, sie keucht. »Ruth«, ruft sie. »Warte doch. Ich muss dir was erzählen.« Sie hält mich am Oberarm fest.
    »Was ist da los?«, frage ich. »Was soll das? Wer ist dieser Kerl da in der Küche?«
    »Nur ein Freund der Familie«, sagt sie. »Was hast du denn? Heinz spielt mit ihm Monopoly.« Sie hält mir ihre Stirn hin. »Schau doch bitte mal da drauf.« Ich sehe eine Mutterstirn. Fein ziselierte Fältchen.
    »Ja, und?«
    »Hier!« Sie deutet auf eine Falte zwischen den Augen. »Zornesfalte, siehst du nicht?«
    »Und?«
    »Der Doktor Wiesel bietet jetzt so eine Spritze an. Gegen diese Falte. Damit ist sie wie weggezaubert.«
    »Eine Spritze? Das ist nicht dein Ernst.«
    Sie sieht in den Spiegel und zieht ihre Stirnhaut straff.
    »Man wird nicht jünger«, sagt sie. »Du auch nicht.«
    Ich laufe aus dem Bad. »Raoul, wir gehen!«, rufe ich.
    »Aber ihr habt noch keinen Strudel gegessen«, sagt meine Mutter.
    »Wir haben einen Termin«, sage ich. »Jetzt sofort.«
    Raoul kommt den Flur in seinen Bären-Hausschuhen heraufgeschlichen.
    »Schade«, sagt meine Mutter.
    Motorengeräusch, Bremsen auf Kies, und dann steht schon mein Vater im Flur, verschwitzt und glücklich.
    Er hebt einen Teller mit einer altgriechischen Kampfszene über seinen Kopf. »Gewonnen, wir haben gewonnen! Vier Hotels auf der Kärntnerstraße.«
    »Toll«, sagt Raoul. »Gratuliere.«
    »Heinz, die beiden fahren schon wieder, was sagst du dazu.«
    »Wirklich?« Mein Vater hatte von seinem Sieg berichten wollen, er platzt förmlich.
    »Leider«, sage ich. »Wir müssen.«
    »Wohin eigentlich?«, fragt Raoul.
    Ich ziehe ihn am Ärmel zur Garderobe.
    »Wartet«, sagt mein Vater. »Nicht so schnell, Kinder. Wie hoch werden Mammutbäume. Na, was glaubt ihr?«
    »Hundert Meter«, sage ich, während ich in meine Schuhe schlüpfe.
    »Bravo. Dafür sollt ihr den haben.« Er hält mir den Wandteller entgegen.
    »Ganz toll, mit Neonfarbe bemalt, siehst du«, sagt er und fährt mit dem Zeigefinger über die Achilles-Figur. »Leuchtet im Dunkeln.«
    »Wie wunderbar«, sage ich und bin stolz darauf, wie leicht mir eine Lüge über die Lippen geht. »Den können wir unmöglich annehmen.«
    »Wollt ihr mich beleidigen?«, sagt mein Vater. Raoul nimmt den Teller aus seinen schwitzenden Händen in Empfang wie den Orden der Republik.
    Auf der Rückfahrt sprechen wir kein Wort.

7
    Ich bin in Samsons Fleischladen und rieche das nasse Fell der Eberwein-Töle. Der Hund verfolgt mich.
    »Ist ein Hund hier?«, frage ich Samson.
    »Wir haben heute frisches

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