Sünden der Leidenschaft
Adam hatte wahrlich keine Lust, Jungfrauen zu verführen. »Ihre Mama wäre sicher nicht einverstanden«, stellte er schnell fest.
»Aber Tantchen Molly findet Sie göttlich.«
Wahrscheinlich, dachte Adam zynisch, fand sie eher sein Vermögen, das zu einem nicht unerheblichen Teil in der Bank ihres Mannes lag, göttlich. »Ihre Tante und ich sind gute Freunde«, sagte er und drehte sie herum – weg von sich –, weil sie wieder ihren üppigen Busen an seine bestickte Weste gedrückt hatte.
»Könnten wir auch gute Freunde sein?« Sie schaute ihn offen an.
»Es tut mir leid, aber ich werde Helena morgen früh verlassen«, antwortete er und ging nicht weiter auf ihre Frage ein. »Ich hatte hier nur eine geschäftliche Angelegenheit zu erledigen.«
»Gehen Sie auf Ihre Ranch zurück?«
»Eventuell«, wich er aus.
»Onkel Harold hat mir versprochen, mich irgendwann in meinen Sommerferien zu Ihrem Haus mitzunehmen. Ich bin so gespannt darauf, es zu sehen. Tantchen sagt, es sei so elegant, daß selbst Könige dort leben könnten, obwohl es in den Bergen liegt. Sagen Sie Onkel Harold, wann Sie dort sind, damit wir zu Besuch kommen können. Es wäre so schön.«
Adam hatte den Spielsaal überstürzt verlassen, weil er auf jeden Fall in seinem Zimmer sein wollte, bevor Flora kam. Für ihn stand außer Frage, daß sie kam; nur wann, wußte er nicht. Wenn das Orchester nicht bald zu spielen und Henrietta nicht endlich zu plappern aufhörte, konnte er bei seiner schlechter werdenden Laune nicht mehr garantieren, daß er höflich blieb.
»Wenn ich Genaueres weiß«, versprach er ausweichend und blickte über ihren Kopf hinweg zum Orchester – sie mußten doch jetzt aufhören! –, »werde ich Ihrem Onkel Bescheid sagen.« In diesem Moment endete der Walzer mit einem Schlußakkord der Violinen, als hätten die Musiker sein inständiges Flehen gehört. Er beugte sich über Henriettas Hand.
»Oh, müssen Sie schon gehen?« jammerte sie und hielt seine Finger fest.
»Es tut mir leid, aber James wartet auf mich«, entgegnete er höflich und suchte in dem überfüllten Ballsaal nach seiner Gastgeberin. »Ah, da ist Molly ja. Erlauben Sie mir, Sie zu Ihrer Tante zu begleiten.«
Zwei Minuten später hatte er die italienische Villa der Fisks verlassen und stürzte die Eingangstreppe hinunter. Er fühlte sich wie ein Schüler, der endlich Schulschluß hatte. Als er das schmiedeeiserne Tor öffnete, seufzte er tief und murmelte: »Gott sei Dank – Ruhe.«
»Du hast beim Tanzen ziemlich gequält ausgesehen«, sagte James leise lachend. Er begleitete seinen Cousin die Straße hinunter.
»Ich war während dieses endlosen Tanzes verdammt nahe daran, jemanden zu schlagen. Willst du nicht noch bleiben?«
»Ich war nicht hier, um Gesellschaft zu haben.«
»Ich auch nicht. O Gott, unreife junge Damen langweilen mich entsetzlich.«
»Ich hatte wirklich den Eindruck, daß Molly euch miteinander verkuppeln wollte. Dabei sind Isoldes Spuren noch nicht einmal kalt.«
»Molly hat sich schon vor zwei Monaten für mich interessiert. Bevorstehende Scheidungen sind hier im Westen offenbar kein größeres Problem.«
»Wirst du dich von Isolde scheiden lassen?«
»Ich habe keine Pläne. Ich möchte sie lediglich nicht mehr sehen. Und ich bin definitiv nicht auf der Suche nach einer anderen Frau, gleichgültig, was Molly auch vorhat.«
»Willst du allein leben?«
»Bei jungen Damen mit Absichten wie Henrietta ist es eine gute Ausrede. Das junge Ding ist ganz schön aggressiv.«
»Wenn wir schon über aggressive Frauen sprechen: »Wie lautete deine Nebenwette mit Lady Flora?«
Adam wandte sich grinsend zu seinem Cousin. »Das hast du mißverstanden. ›Aggression‹ ist nicht das passende Wort im Zusammenhang mit Flora Bonham. Sie ist die reine Versuchung.«
»Da würde dir wohl jeder Mann aus dem Spielzimmer zustimmen – sie alle hätten gern eine Nebenwette mit ihr abgeschlossen.«
»Wer es versucht, bekommt es mit mir zu tun. Flora gehört mir.« Aus dem Mund eines Mannes, der Frauen bisher immer als vorübergehendes Vergnügen gesehen hatte, war das ein ungewöhnlicher Besitzanspruch.
»Wirklich?« James hob erstaunt die Augenbrauen. »Meinst du das ernst?«
»Für zwei Tage. Achtundvierzig Stunden lang gehört ihre Zeit ausschließlich mir, festgelegt per Nebenwette und durch meine Erhöhung ihres Gebotes.«
»Dann wirst du Helena morgen nicht verlassen?«
Adam warf ihm einen langen Blick zu und sagte mit einem kleinen
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