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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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Verbindung, bevor sie Gelegenheit hatte, mit der Zunge zu schnalzen. Er konnte sich gut vorstellen, wie sie vor ihrem Panoramafenster auf und ab lief – Ich frage mich, wo dein Daddy bleibt … Komisch, daß er nicht angerufen hat … bis Jessie ganz aus dem Häuschen war. Warum, zum Teufel, war er ausgerechnet hierhergezogen, nachdem Allison und Kyle
    umgebracht worden waren?
    Um sich zu bestrafen, weil er noch lebte.
    Megan blieb schweigend an der Wand stehen und beobachtete ihn durch gesenkte Wimpern. Der Anruf hätte privat bleiben 366
    sollen, aber sie konnte seinen Schmerz nicht einfach ignorieren.
    »Mein alter Herr hat zwei Schichten hintereinander gearbeitet, damit er keine Zeit mit mir verbringen mußte«, sagte sie. »Er hat kein einziges Mal gesagt, er möchte bei mir sein.«
    Mitch hob den Kopf und sah sie an. Mondlicht drang durch die Spitzenvorhänge herein und beleuchtete ihr Gesicht. Die Verletzlichkeit darin, die sie sonst so sorgsam mit Stolz kaschierte, war ihr intimstes Geschenk an ihn.
    »Jessie hat wirklich Glück mit dir.«
    Nogas Stimme ertönte aus dem Walkie-Talkie, und der
    Augenblick zerbarst wie Glas. »Chief! Er geht gerade zur Seitentür raus – zu Fuß in Ihre Richtung! Out.«
    Mitch packte das Funkgerät. »Roger, Noggie. Alle Einheiten –
    er bewegt sich zu Fuß auf das Haus zu. Haltet euch bereit.«
    Megan kauerte sich vors Fenster. Es war unmöglich, den Weg zu sehen, den Olie zwischen der Eishalle und seiner umgebauten Garage getrampelt hatte; aber er mußte sie seitlich umrunden, wenn er reinwollte. Sie starrte die Ecke des kleinen Häuschens an, bis ihre Augen brannten und ihre Lunge vom Atemanhalten schmerzte. Schließlich erschien Olie mit einem Rucksack, den er an einem Riemen in der Hand hielt. Er fummelte an seinem Schlüsselbund, ließ ihn fallen und bückte sich, um ihn aufzuheben. Als er sich aufrichtete, fuhr der TV-7-Fernsehwagen in der Straße vor.
    »Nein!« schrie Megan und sprang auf.
    »Scheiße!« Mitch warf seinen Stuhl um, als er das Walkie-Talkie packte und zur Treppe losrannte.
    Sie stürmte zur Haustür hinaus in die bitterkalte Nacht, einer hinter dem anderen. Mitch rannte voran, das Funkgerät vor dem Gesicht.
    »Sie haben uns die Tour vermasselt!« schrie er in das Gerät.
    »Und der Dreckskerl, der der Presse den Tip gegeben hat, sollte 367
    besser seine Pistole auffressen, bevor ich ihn in die Finger kriege!«

    Olie stand wie versteinert da, völlig verängstigt. Die Büchertasche fiel ihm aus der Hand und klatschte dumpf neben seinen Füßen auf. Die Seitentür des TV-7-Vans rollte auf wie der Bauch des trojanischen Pferdes, und der Reporterhaufen ergoß sich auf die Straße: ein Mann mit einer großen
    Videokamera auf einer langen Stange. Der Anführer war eine Frau, die er in den Nachrichten gesehen hatte und letzte Woche ein paarmal bei der Eishalle. Sie war wahrscheinlich schön, dachte er, aber wie sie so auf ihn zukam, sah sie aus wie einer seiner schlimmsten Alpträume.
    Sie haben dich gefunden, Leslie. Du hast gedacht, du kannst dich verstecken, aber sie haben dich gefunden. Du bist so dumm, Leslie.
    Kalter Schweiß floß wie Regen über seinen Körper. Die Frau hielt ihm ein Mikrofon unter die Nase. Das Licht auf der Stange blendete ihn. Fragen prasselten wie ein Kugelhagel auf ihn herab.
    »Mr. Swain, haben Sie etwas zu der Entführung von Josh Kirkwood zu sagen? Ist es wahr, daß Sie in Washington wegen Kindsmißbrauch verurteilt wurden? Helfen Sie der Polizei bei dieser Ermittlung? Wußte der hiesige Polizeichef von Ihren Vorstrafen für Verbrechen an Kindern?«
    Sie wissen es. Sie wissen es. Sie wissen es. Die Stimme dröhnte in seinem Kopf, lauter und lauter. Bis sie schrie. Bis er dachte, sein Schädel würde platzen und sein Gehirn heraussprudeln.
    Mitch Holt kam angerannt und rammte den Kameramann von hinten, daß er zu Boden ging. Die Videokamera knallte gegen die Hauswand und fiel in eine Schneewehe.
    Olies Blase versagte, und warmer Urin strömte in seine Hose, gefror praktisch sofort am Stoff. Er drehte sich um und rannte 368
    los, rannte ins Nichts, rannte, weil irgendein Instinkt ihm das befahl. Seine Füße stampften durch den Schnee des leeren Grundstücks. Unter den Schneewehen zerrte Unkraut an seinen Stiefeln wie Finger aus der Hölle. Die kalte Luft schnitt in seine Lungen, jeder Atemzug schmerzte wie tausend Messer. Er schlug mit den Armen um sich wie ein untergehender
    Schwimmer. Die Welt schwankte um ihn herum,

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