Sünden der Vergangenheit - McKenna, S: Sünden der Vergangenheit
und Mindmeld hatte keine Ahnung, wer sie war. Doppelte Anonymität. Das klang im Moment mehr als verlockend.
Sie konnte die Last, die sie bedeutete, von den Schultern ihres leidgeprüften Schwagers nehmen und sich aus der Schusslinie all dieser vorwurfsvollen, wütenden Blicke und Schelten bringen. Und vielleicht würde sie sich sogar als ein bisschen nützlich erweisen.
Ihre Gedanken rasten vor Aufregung. Sie konnte sich mit diesem Typen treffen, sich in der Oase umsehen und die Lage peilen. Falls diese Leute nichts Gutes im Schilde führten, würde sie Miles eine SMS schicken, sich selbst die Daumen drücken und auf ihr Glück vertrauen, so wie jeder andere erwachsene Mensch, der ein Risiko einging. Ihr Vater hatte ständig sein Leben riskiert, um Verbrecher zu schnappen, bevor er sich am Ende mit diesem Teufel Lazar eingelassen hatte. Aber neben dem Bösen hatte er auch ein bisschen Gutes getan. Das machte das Böse zwar nicht weniger schlimm, aber vielleicht würde es am Ende doch das Zünglein an der Waage sein.
Auch sie wollte ihren schlimmen Handlungen gute entgegenstellen. Zumindest konnte sie es probieren. Ihre Familie würde sich Sorgen machen und stinkwütend reagieren, aber daran war sie gewöhnt.
Sollte das Schlimmste eintreten, würde die Welt sich trotzdem weiterdrehen. Ihre Mutter und Erin wären traurig, Miles wäre erleichtert. Die Rumors würden eine andere Saxofonistin finden. Das Leben würde weitergehen.
Aller Wahrscheinlichkeit nach waren Mindmeld und die Oase exakt das, was der Typ behauptete, und dann hätte sie eben Pech gehabt. Bei der Oase ging es ausschließlich darum, schlummerndes Gehirnpotenzial zu wecken, nicht? Gott wusste, dass ihres im Tiefschlaf lag. Wer weiß? Vielleicht würde sie dabei sogar etwas lernen. Es waren schon schrägere Dinge passiert.
Cindy streckte die Hände aus. Ihre Finger schwebten über der Tastatur. Sie zögerte.
Ich bin’s wieder. Habe mich entschieden. Würde mich gern mit dir treffen. Wann und wo?
21
»Bitte, fahr langsamer«, bat Liv ihn bereits zum vierten Mal.
Sean nahm den Fuß nicht vom Gas des Wagens, den Davy für ihn gemietet hatte. Er legte bewundernswerte Disziplin an den Tag, indem er immer knapp unter hundertfünfzig blieb.
»Wenn dir mein Fahrstil nicht gefällt, dein Problem«, raunzte er sie an. »Du hättest bei Tam bleiben sollen, wo du in Sicherheit gewesen wärst.«
»Ich wollte nicht einfach tatenlos herumsitzen«, erwiderte sie. »Bisher habe ich rein gar nichts dazu beigetragen, unser Problem zu lösen. Abgesehen davon, dir sexuell zu Diensten zu stehen.«
Er sah sie von der Seite an und bemerkte den schalkhaften Ausdruck in ihren Augen. »Nicht dass das eine lästige Pflicht wäre«, ergänzte sie. »Es ist toll. Trotzdem will ich nicht die ganze Ermittlung mit meinen Beinen in der Luft verbringen.«
Sean wollte etwas erwidern, aber sie schnitt ihm das Wort ab. »Ich weiß, du bist das superintelligente, kämpferische Genie, das eine Million Sprachen beherrscht, aber ich habe hin und wieder auch ein paar gute Einfälle.«
»Ich habe nie das Gegenteil behauptet.« Er verlangsamte das Tempo, als sie nach Garnett hineinfuhren. »Ich halte dich für brillant. Genau deshalb solltest du an Kevs Zeichnungen arbeiten. Ich habe sie vor fünfzehn Jahren angestarrt, bis mir der Schädel schwirrte. Ich habe keine Ideen mehr. Vielleicht würdest du etwas Neues entdecken.«
»Ich werde sie mir ansehen, solange du willst. Tatsächlich hätte ich die ganze Nacht mit ihnen verbracht, wenn du mich nicht immer wieder abgelenkt hättest.«
»Dich abgelenkt? Das ist ja ein ganz neuer Euphemismus. In Wahrheit hast du mich abgelenkt. Ich erinnere mich, wie ich flach und hilflos auf dem Rücken lag, während eine verschwitzte, dominante Amazone mich wie der Teufel ritt.«
»Du warst wohl kaum hilflos. Und das war erst, nachdem du mich vorher bereits eine Stunde lang abgelenkt hattest, Sean. Aber ich schlage vor, dass wir das nicht gerade jetzt diskutieren. Dies ist eine gefährliche Straße, außerdem sind wir fast da.«
»Wir könnten einen Abstecher in den Wald machen«, schlug er hoffnungsvoll vor. »Ich könnte dich an einem Baum ablenken. Oder wir könnten die Rückbank testen.«
»Ich möchte unbedingt mit diesem Trung sprechen, und du genauso«, sagte sie. »Also, konzentrier dich.«
Er wusste ihren Versuch, die Stimmung zu lockern, zu schätzen, trotzdem schien es ihm nach wie vor nicht richtig, mit Liv ohne den Schutz eines
Weitere Kostenlose Bücher