Suenden der Vergangenheit
sogar.
Ihre Schlüssel klirrten, als sie die Tür öffnete. Das Brummen des Audi-Motors erklang, als Alan davonfuhr. Joyce verriegelte die Tür hinter sich und ließ dann ihre Handtasche auf den Boden fallen. Es war dunkel im Haus, und sie griff nach dem Lichtschalter.
»Pssst«, zischte Buffy aus der Dunkelheit.
»Buffy?« Joyce runzelte die Stirn.
»In der Küche.«
Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah Joyce eine Gestalt auf dem Sofa liegen, und sie begriff, warum Buffy flüsterte. Sie hatten einen Gast.
»Wer ist das?«, wisperte Joyce, als sie Buffy in die Küche folgte.
»Pike.«
»Du machst Witze«, sagte Joyce.
Buffy antwortete nicht.
In der Küche zog Joyce einen der Stühle heran und setzte sich.
»Also«, sagte sie fröhlich. »So spät bist du noch auf? Hast du bis jetzt auf mich gewartet? Das ist mal ganz was Neues.«
Aber dann ließ sich Buffy auf den Stuhl gegenüber fallen, und Joyce sah die Ringe unter den Augen ihrer Tochter, den erschöpften Blick, den Zorn, und ihr verging jeglicher Humor.
»Schätzchen, was ist los?«, fragte Joyce besorgt.
»Wo bist du gewesen?«
Joyce brauchte einen Moment, um die widersprüchlichen Untertöne in ihrer Stimme zu unterscheiden. Zorn, sicher. Aber da war noch viel mehr. Furcht. Das war das Gefühl Nummer Eins. Echte, tiefe Furcht.
»Wir sind erst vor einer halben Stunde nach Hause gekommen«, erklärte Buffy. »Wir haben überall nach dir gesucht.«
Joyce schüttelte verständnislos den Kopf. »Ich hatte ein Rendezvous, Buffy. Warum hast du nach mir gesucht?«
Und Buffy erzählte es ihr. Von den Ereignissen der Nacht und dem Überfall auf Giles und ihrer Befürchtung, dass die Vampire womöglich hinter den Menschen her waren, die sie am meisten liebte. Es war früher schon einmal passiert. Und sie glaubte, dass es sich jederzeit wiederholen konnte, solange es noch Menschen gab, die sie liebte. Es war das, was sie am meisten fürchtete.
Als Buffy fertig war, gab Joyce einen tiefen Seufzer von sich.
»Nun, es tut mir Leid, dass du dir Sorgen gemacht hast, Schätzchen«, sagte Joyce. »Aber ich konnte schließlich nicht wissen, was passiert ist. Ich habe heute nichts Ungewöhnliches bemerkt. Es hat keine sonderbaren Vorfälle gegeben - es sei denn, dass du die Tatsache, dass Alan und ich einen wunderschönen Abend miteinander verbracht haben, für bizarr hältst, was vielleicht gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist.«
Joyce erwartete, damit ihrer Tochter ein Lächeln zu entlocken. Buffy lächelte nicht.
»Ich mag ihn nicht«, sagte Buffy rundheraus.
Nur mit großer Mühe gelang es Joyce, die Ruhe zu bewahren. Sie wollte schon explodieren und Buffy sagen, dass sie bloß paranoid und überängstlich war, dass sie Alan noch nicht einmal eine Chance gegeben hatte. Aber Buffy war achtzehn Jahre alt. Eine Erwachsene. Sie wusste das alles.
»Du hast ihn nur einmal gesehen«, sagte Joyce leichthin. Sie wollte ihre Tochter nicht unter Druck setzen. »Aber es wird noch andere Gelegenheiten geben, Buffy. Und wenn du ihn auch dann nicht magst, nun, dann werden wir damit leben müssen.«
Buffy öffnete den Mund, doch statt einer Antwort senkte sie den Blick und seufzte.
»Es tut mir Leid, Mom«, sagte sie. »Es war eine lange Nacht.«
Joyce nickte. »Es ist schon okay, Schätzchen. Vielleicht kannst du mir morgen früh erzählen, was Pike auf unserer Couch macht.«
Buffy lächelte.
»Und was diese Sache mit Mister Giles angeht«, fuhr Joyce fort, »nun, vielleicht hat es diesmal nichts mit dir zu tun.«
Die Granitkante des Bürgersteigs sprach flüsternd auf Grayhewn ein, der vor dem Haus am Revello Drive stand. Er spähte durch die Fenster, während nach und nach die Lichter ausgingen.
Er wartete.
Pike war im Haus. Dies wusste er mit Sicherheit. Aber er war jetzt nicht allein. Andere waren bei ihm, und wenigstens eine von ihnen war ein Wesen mit großer Macht. Die Jägerin. Der Stein hatte es ihm erzählt.
Grayhewn war noch nie einer Jägerin begegnet, aber er hatte viele Geschichten über sie gehört. Er fürchtete sie. Und Steindämonen fürchteten sich normalerweise vor nichts und niemandem. Der Berg in der Hölle, der ihn hervorgebracht hatte, wäre zutiefst enttäuscht gewesen. Trotz allem wusste Grayhewn, dass er seine Furcht bezwingen konnte. Seine Gefährtin war getötet worden, und dafür würde er Pike in Kalkstein verwandeln und ihn Stück für Stück verzehren. Wenn er es richtig machte und sich dabei
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