Suenden der Vergangenheit
sterben würde, wenn Willow ihm nicht helfen konnte. Sie fühlte sich verloren. Es gab nichts, was sie im Moment für Pike tun konnte, aber sie konnte Giles finden und ihn nach Hause bringen.
Allerdings wusste sie nicht einmal, wo sie mit der Suche beginnen sollte.
Als der Einfluss der Glamourdämonin verschwunden war, erwachte Giles wie aus einem Traum. Sein Kopf schmerzte und sein Rücken tat höllisch weh, und er brauchte dringend eine Dusche. Seine Lage wurde auch nicht unbedingt durch die Tatsache verbessert, dass er den großen Konferenzraum mit sechs Leichen teilen musste. Der Gestank war grauenhaft, und er nahm an, dass er seine Kleidung verbrennen musste, wenn es ihm je gelingen sollte, aus dieser Gefangenschaft zu entkommen.
Und er würde entkommen. Giles erlaubte sich nicht, irgendeine andere Möglichkeit auch nur in Betracht zu ziehen.
Er wusste, dass dies der Schlüssel war. Obwohl er sich nur an wenig von dem erinnern konnte, was in den letzten paar Tagen geschehen war, würde Giles sein ganzes Leben lang nicht das Grauen von Karen Blaisdells entsetzlichem und abscheulichem Kuss vergessen. Er wusste, was mit ihm geschehen war.
Aber Giles wusste auch, dass Karen nicht hier war. Wer auch immer hinter ihm her war, er hatte Vampire und sogar einen Steindämonen losgeschickt, um ihn zu entführen, und es war nicht Karen gewesen - oder wie auch immer das Ding heißen mochte, das sich Karen nannte.
Es gab nur sehr wenig Licht in dem Konferenzraum, abgesehen von dem diffusen Schimmer, der durch die sechzig Zentimeter breiten, vom Boden bis zur Decke reichenden milchigen Glasbausteine auf beiden Seiten der Konferenzraumtüren fiel. Aber dieses Licht genügte, um Giles die toten Männer und Frauen um ihn herum erkennen zu lassen, und er wusste, dass die Lage ernst war.
Dann, bevor er sich weiter mit seiner Situation befassen konnte, hörte er Schritte auf dem Korridor. Da er nicht wollte, dass seine Entführer bemerkten, dass er wieder bei Sinnen war, legte sich Giles auf den Tisch des Konferenzraums und kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen in der Hoffnung, dass dies bei ihnen den Eindruck erwecken möge, er befände sich noch immer in jenem Dämmerzustand.
Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt, gedreht, und dann wurden die Türen aufgezogen. Giles sah Gunther und Jocelyn hereinkommen, die ihn sofort ansah und voller Abscheu fauchte.
»Wir sollten es hinter uns bringen und ihn einfach aussaugen«, sagte sie.
»Diese Art von Respektlosigkeit hat dich beim letzten Mal ein Auge gekostet«, erinnerte Gunther sie schroff.
Jocelyn wusste darauf nichts zu sagen, aber Giles sah, wie sie mit den Fingern über ihre zerfetzte linke Augenhöhle strich. Gunther trat an den Tisch und schlug Giles auf den Kopf.
»Wach auf, Wächter«, knurrte er. »Du hast Besuch. Der Meister will jetzt mit dir sprechen.«
Giles hatte trotz der Heftigkeit nicht auf den Schlag reagiert, und Gunthers Worte ignorierte er ebenso.
»Er ist noch immer ausgebrannt«, meinte Jocelyn abschätzig. »Rachel sollte diese Glamourdämonin dafür bestrafen, dass sie so viel von seiner Seele getrunken hat. Sie sollte ihn leiden lassen, nicht sein Gehirn in Brei verwandeln.«
Gunther beugte sich über ihn und starrte in Giles’ zusammengekniffene Augen, und für einen Moment fragte Giles sich, ob er Bescheid wusste. Aber dann zuckte der Vampir lediglich die Schultern und drehte sich zur Tür des Konferenzraums um.
»Alles bereit, Mister Giles«, sagte Gunther leicht nervös.
Giles erstarrte. Irgendwie hatte Gunther offenbar erkannt, dass er wieder bei Sinnen war, dass er nur vorgab, unter dem Einfluss der...
Der Gedanke brach abrupt ab und wurde durch tausend andere ersetzt. Durch Dinge aus der vergangenen Nacht, halb vergessene, schreckliche Vorstellungen, gegen die er sich so verzweifelt gewehrt hatte.
Ein Vampir betrat den Raum, groß und dünn, mit grauen Strähnen in den braunen Haaren. Giles kannte ihn. Um genau zu sein, der Vampir unterschied sich in nichts von dem Mann, der er vor vielen Jahren gewesen war, bevor er sich in einen Vampir verwandelt hatte. Es war mehr als nur eine Ähnlichkeit. Er war es. Es konnte nur er sein, so unmöglich dies auch schien.
Er wollte aufschreien, seine Wut und Trauer und Rachegelüste hinausbrüllen. Aber er wagte es nicht, denn der Vampir, der sein Leiden und seine Entführung zu verantworten hatte, würde dann wissen, dass er wach und bei klarem Verstand war. Und dann würde der
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